Brandenburg

Apothekerkammer: Finanzminister blockiert neuen Pharmazie-Studiengang

Berlin - 23.11.2018, 07:00 Uhr

Laut Brandenburgs Kammerpräsident Jens Dobbert soll Finanzminister Christian Görke (Linke, hier im Bild) die Kosten für einen neuen Pharmazie-Studiengang aus dem Doppelhaushalt gestrichen haben. (b / Foto: Imago)

Laut Brandenburgs Kammerpräsident Jens Dobbert soll Finanzminister Christian Görke (Linke, hier im Bild) die Kosten für einen neuen Pharmazie-Studiengang aus dem Doppelhaushalt gestrichen haben. (b / Foto: Imago)


Wann wird es endlich einen Pharmazie-Studiengang in Brandenburg geben? Die Apothekerkammer fordert dies seit Jahren und ist schon weit gekommen: Es gibt halbwegs verbindliche Zusagen aus der Politik, im Gespräch ist der Standort Cottbus. Kammerpräsident Jens Dobbert erklärte nun, dass der neue Standort eigentlich schon im Landeshaushalt eingepreist war – im letzten Moment aber vom Finanzminister wieder gestrichen wurde. Dobbert hingegen kann sich auch vorstellen, bei der PTA-Ausbildung in Brandenburg ganz neue Wege zu gehen.

Eines der politischen Hauptanliegen der Apothekerkammer Brandenburg ist seit Jahren, dass es im Land endlich einen Pharmaziestudiengang geben soll. Bislang ist dies nicht der Fall: Schülerinnen und Schüler, die sich für die Pharmazie interessieren, müssen abwandern. Die Sorge der Kammer: Viele der jungen Approbierten kommen nach dem Studium nicht zurück, um in Brandenburg zu arbeiten und so die Arzneimittelversorgung zu sichern. Gäbe es einen eigenen Studiengang im Land, erhofft man sich einen „Klebeeffekt“: Abiturienten bleiben in der Region, um Pharmazie zu studieren, anstatt in andere Bundesländer abzuwandern.

2014 verfasste die Kammer eine Resolution, sich für einen eigenen Studiengang einzusetzen – und ist mit dieser Forderung auch schon beachtlich weit gekommen. Unzählige Gespräche beim zuständigen Wissenschaftsministerium, im Gesundheitsministerium und sogar beim Ministerpräsidenten wurden geführt. Im vergangenen Jahr sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) zu, dass man sich deswegen zusammensetzen wolle. Nach Informationen von DAZ.online ist das auch passiert, sogar zwei Mal schon in diesem Jahr. Erst im August soll Woidke der Kammer zugesichert haben, dass man einen Studiengang einrichten wolle, dass dies aber noch etwas Zeit brauche. Man wolle das Vorgehen dazu genauer „prüfen“, soll Woidke der Kammer mitgeteilt haben.

Vor wenigen Wochen schlug dann auf einmal die Meldung ein, dass die Brandenburgische Technische Uni Cottbus (BTU) neuer Pharmazie-Standort werden solle – mehrere Regionalmedien berichteten das. Das überraschte selbst die Kammer, Präsident Dobbert ließ sich daher erneut einenTermin im zuständigen Wissenschaftsministerium geben. Am gestrigen Mittwoch hatte Dobbert seinen Delegierten bei der Kammerversammlung dann Erfreuliches zu berichten: „Aus dem Termin kann ich Ihnen berichten, dass die Ministerin bereit ist, einen Studiengang Pharmazie an der BTU Cottbus/Senftenberg zu etablieren.“

Dobbert: Kostenpunkt wurde am letzten Tag gestrichen

Laut Dobbert soll es dafür sogar schon eine Kostenposition im Doppelhaushalt für die Jahre 2019 und 2020 gegeben haben, der derzeit im Postdamer Landtag besprochen wird. Bis zum letzten Tag vor der Abstimmung habe es im Entwurf einen Eintrag dazu gegeben, berichtete Dobbert aus seinem Gespräch mit Wissenschaftsministerin Martina Münch (SPD). Allerdings soll in letzter Minute wohl Finanzminister Christian Görke (Linke) interveniert haben. Dobbert weiter: „Ministerin Münch hat uns glaubhaft vermittelt, dass die Gelder für ein Pharmaziestudium im Haushaltsentwurf eingestellt waren. In der letzten Abstimmungssitzung soll dann der Finanzminister die Kosten aus dem Entwurf gestrichen haben“, erklärt der Kammerpräsident.

Warum Cottbus? Warum die Lausitz?

DAZ.online hat beim Wissenschaftsministerium in Postdam nachgefragt – ohne Ergebnis: Man könne sich derzeit dazu nicht äußern, so eine Sprecherin. Dobbert hat kein Verständnis für das Vorgehen des Ministers. Er berichtet, dass Görke während des Wahlkampfes in einigen Apotheken als „Praktikant“ unterwegs gewesen sei. „Drei Tage vor der Landtagswahl habe ich von Herrn Görke einen Brief erhalten, in dem er mir mitteilte, wie wichtig wir Apothekerinnen und Apotheker sind und er sich, wenn er wieder in politische Verantwortung kommen würde, für einen Studiengang Pharmazie in Brandenburg einsetzten werde.“ Die nächste Hoffnung der Apotheker ist nun der nächste Koalitionsvertrag. Schaffen es die Pharmazeuten, dass ihr Wunsch dort platziert wird, könnte es den neuen Pharmazie-Standort laut Dobbert in den Jahren 2021/2022 geben.

Dass Cottbus ein guter Standort für den neuen Studiengang wäre, davon ist die Kammer überzeugt. Dobbert erinnerte an den geplanten Kohleausstieg, der viele Menschen in der Region betreffen würde. „Sie wissen, dass das Kohlerevier Lausitz wie auch andere Reviere vor dem Kohleausstieg stehen. Ein Termin dieses Ausstiegs ist noch nicht festgeschrieben, aber wir wissen alle, dass dieser Tag kommen wird. Unsere Gedankengänge gehen in die Richtung, die Lausitz zu einem Wissenschaftsstandort auszubauen und dabei könnte ein pharmazeutisches Institut eine wichtige Rolle spielen.“ An der BTU selbst sei man mit diesem Plan auf offene Ohren gestoßen.

Brandenburg als Modellregion für die duale PTA-Ausbildung?

Aber die Kammer kann sich noch mehr für den Standort Cottbus vorstellen. Dobbert sprach am Mittwoch davon, in der Lausitz „einen zweiten Standort für eine PTA-Ausbildung im Zuge einer dualen Ausbildung“ zu schaffen. Dabei soll es sich allerdings nicht um ein duales Studium handeln. Dobbert erklärte dazu: „Sie wissen, dass auf der Bundesebene gerade über die Novellierung der PTA-Ausbildung gesprochen wird. Wir sind der Meinung: Warum sollte man diese Ausbildung nicht in eine duale Ausbildung umwandeln? Wir in Brandenburg könnten uns sogar vorstellen, eine Modellregion für eine duale PTA-Ausbildung zu werden.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Ihr Artikel

von Ministerium der Finanzen Brandenburg am 26.11.2018 um 18:09 Uhr

Die Entscheidung, die zusätzlichen Mittel für einen Pharmaziestudiengang nicht aufzunehmen war das Ergebnis einer regierungsinternen Abstimmung und steht damit im Einklang mit früheren Entscheidungen der Landesregierung, die Einrichtung eines Pharmaziestudienganges nicht vor 2025 vorzusehen.
Insofern entspricht Ihre Berichterstattung nicht den Tatsachen. Sehr gerne bieten wir dem Kammerpräsidenten ein persönliches Gespräch beim Minister der Finanzen an, um die tatsächlichen Hintergründe aufzuhellen.

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PTA Ausbildung

von Andreas May am 23.11.2018 um 11:26 Uhr

Mit seinem Vorschlag, die PTA-Ausbildung in eine duale Ausbildung umzuwandeln, kommt Kammerpräsident Jens Dobbert zum Glück zu spät, um noch in die politische Umsetzung der PTA-Novellierung einzugreifen.
Wenn er sich zum einen mit den Interessen und Wünschen der PTA selbst auseinandergesetzt hätte und zum anderen mit den Realitäten des PTA-Praktikums, wäre er auch gar nicht erst auf diese abwegige Idee gekommen. Eine ADEXA-Umfrage vom Herbst 2017 hat gezeigt: Von 739 befragten PTA und PTA-PraktikantInnen haben nur 39 % die Frage bejaht, ob sie in ihrem Praktikum gut ausgebildet wurden. 52 % haben das für bestimmte Bereiche verneint und immerhin weitere 9 % für das gesamte PTA-Praktikum.
Die PTA-Ausbildung muss eine Fachschulausbildung mit praktischem Anteil bleiben. Nur so kann flächendeckend eine qualitativ hochwertige Ausbildung sichergestellt werden, die die aktuellen und künftigen Anforderungen am Arbeitsplatz Apotheke erfüllt.

Andreas May
ADEXA-Die Apothekengewerkschaft

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