Gesetzentwurf

Cannabistherapie: Grüne wollen Genehmigungsvorbehalt abschaffen

Berlin - 22.11.2018, 11:30 Uhr

Wer Cannabis als
Medizin braucht, muss es auch bekommen können, findet die Grünen-Bundestagsabgeordnete Dr. Kirsten-Kappert-Gonther und fordert die Streichung des Genehmigungsvorbehaltes der Kassen. (Foto: Büro Kirsten-Kappert-Gonther)

Wer Cannabis als Medizin braucht, muss es auch bekommen können, findet die Grünen-Bundestagsabgeordnete Dr. Kirsten-Kappert-Gonther und fordert die Streichung des Genehmigungsvorbehaltes der Kassen. (Foto: Büro Kirsten-Kappert-Gonther)


Grüne: Grundproblem im GSAV-Entwurf ungelöst

Bislang sind die Genehmigungen spezifisch für eine bestimmte Dosierung, Blütensorte beziehungsweise Extrakt. Insbesondere zu Behandlungsbeginn kann es notwendig sein, bei der Sorte und Dosierung zu variieren. Ob bei jedem Sortenwechsel eine neue Genehmigung erforderlich ist, handhaben die Krankenkassen unterschiedlich. Im ungünstigen Fällen kommt es für den Patienten in der Titrationsphase zu mehrwöchigen Therapiepausen, in denen er seine Symptome weiter erdulden muss.

Dieses Problem hat das Bundesgesundheitsministeriums (BMG) aufgegriffen. In dem Gesetzesentwurf für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) ist vorgesehen, dass bei einer Änderung der Dosierung oder dem Wechsel zwischen Cannabisblütensorten oder Extrakttypen keine erneute Genehmigung erforderlich sein soll. Für die Grünen-Gesundheitspolitikerin gehen die vorgeschlagenen Änderungen im GSAV zwar in die richtige Richtung, jedoch nicht weit genug: „Das Mindeste, was die Bundesregierung tun muss, ist, die Anpassung der ärztlichen Verordnung unkompliziert zu ermöglichen. Aber auch dann bleibt das Problem bestehen, dass die Krankenkassen Anträge aufgrund der Indikation ablehnen, obwohl sie dafür keinen gesetzlichen Auftrag haben."

Mehrkosten durch steigende Verordnungen

Sollte der Genehmigungsvorbehalt entfallen, könnten die GKV-Ausgaben zunächst steigen. Da die Kassen derzeit ein Drittel der Anträge ablehnen, würden ohne Genehmigungsvorbehalt vermutlich mehr Cannabisarzneien verordnet. Die damit verbundenen Mehrkosten werden im Gesetzentwurf auf 2 Millionen Euro monatlich geschätzt, basierend auf aktuellen GKV-Verordnungszahlen, die die Ausgaben für Cannabisarzneimittel im Juni 2018 auf 6 Millionen Euro beziffern. 

Aus Sicht der Grünen werden diese Mehrkosten zum Teil ausgeglichen. Denn medizinisches Cannabis könne dazu beitragen, die Zahl der anderen Arzneimittel und der damit verbundenen Kosten zu senken. Einige Schmerzpatienten bräuchten etwa weniger Opioide oder könnten ganz auf diese starken Analgetika verzichten.

Außerdem gebe es Verbesserungspotenzial in der bisherigen Kostenstruktur. Ein Ansatzpunkt ist für die Grünen der Apothekenzuschlag bei der Abgabe von Cannabisrezepturen, über den der Deutsche Apothekerverband und GKV-Spitzenverband seit länger als einem Jahr ergebnislos verhandeln.

Diesen Aspekt hat auch das BMG im GSAV-Entwurf aufgegriffen und die Parteien – erneut – zu Verhandlungen aufgefordert. Dadurch erhofft sich die Bundesregierung eine Einsparung von 25 Millionen Euro im Jahr.

Zukunftsmusik: Deutscher Anbau

Weitere Einsparungen vermuten die Grünen, wenn durch den deutschen Anbau weniger importiert werden muss. Ob und wieviel dadurch eingespart werden kann, war auch Gegenstand einer kleinen Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion im August. Diese Teilfrage ließ die Bundesregierung allerdings unbeantwortet.

Bislang ist der Weg zur deutschen legalen Cannabisernte allerdings mit Verzögerungen gepflastert. Und ob der Anbau in der Bundesrepublik tatsächlich, wie vom BfArM geplant 2020 startet, bleibt abzuwarten. Erst in der vergangenen Woche wurde erneut die Bewerbungsfrist für Bieter bei dem, inzwischen zweiten, Ausschreibungsverfahren, verlängert.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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