Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern

Plan B: ABDA im Kreuzverhör

Binz - 12.11.2018, 10:15 Uhr

Teilnehmer
der Podiumsdiskussion beim Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern, von links:
Kai-Peter Siemsen, Dr. Thomas Müller-Bohn, Dr. Christoph Schümann, Nicola
Norda, Friedemann Schmidt, Jörg Hähnlein. (Foto: tmb)

Teilnehmer der Podiumsdiskussion beim Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern, von links: Kai-Peter Siemsen, Dr. Thomas Müller-Bohn, Dr. Christoph Schümann, Nicola Norda, Friedemann Schmidt, Jörg Hähnlein. (Foto: tmb)


ABDA-Präsident Friedemann Schmidt zeigte sich in einer Diskussion beim Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern offen für „Pläne B“ zum Rx-Versandverbot. Zugleich musste er sich vielfältiger Kritik an der ABDA stellen. Insbesondere ging es dabei um den Umgang mit dem 2HM-Gutachten und das angebliche „Stillhalteabkommen“ mit Minister Spahn.

Das Thema des Apothekertages Mecklenburg-Vorpommern am 10. November in Binz war die Frage „Was erwarten wir von der Selbstverwaltung?“ In einer Diskussionsrunde warb ABDA-Präsident Friedemann Schmidt dafür, sich durch das Rx-Versandverbot nicht bei anderen berufspolitischen Forderungen blockieren zu lassen. Damit eröffnete er die Debatte über die alternativen „Pläne B“. Schmidt äußerte sich dabei nicht dazu, ob solche „Pläne B“ bei der jüngsten Sitzung des ABDA-Gesamtvorstandes besprochen worden seien. Doch zeigte sich Schmidt in Binz offen für ganz unterschiedliche Varianten. Dies legt nahe, dass bei der ABDA kein Beschluss besteht, einen bestimmten „Plan B“ zu verfolgen. Offenbar gibt es zwei Jahre nach dem EuGH-Urteil weder eine ausgereifte Alternative bei der ABDA noch einen solchen Vorschlag des Ministeriums. Doch immerhin verriet Schmidt eine Idee aus Gesprächen mit den Ministern Gröhe und Spahn.

Fondsidee erfordert großen Mut

Als einen möglichen „Plan B“, der ein Rx-Versandverbot ergänzen oder vielleicht ersetzen könne, erinnerte DAZ-Wirtschaftsexperte Dr. Thomas Müller-Bohn an seinen Vorschlag für einen fondsfinanzierten Festzuschlag, der einen Sockelbetrag enthält und zudem von der Versorgungsform abhängen kann. Dazu erklärte Schmidt, dies sei ein Systemwandel. Eine solche Honorierung erfordere eine komplette Änderung des Rechtsrahmens und sei daher ein sehr weitreichender Vorschlag. Dennoch sei es ein gangbarer Weg, den er nicht ablehne. Es sei jedoch wichtig, dabei keine Fehlanreize zu setzen und durch die damit verbundene Umverteilung keine Ängste bei den Apothekern zu erzeugen. „Die übergroße Mehrheit muss Mut dazu haben“, forderte Schmidt als Voraussetzung.

Notdienstfonds seit zwei Jahren diskutiert

In der weiteren Diskussion ging es um einen anderen „Plan B“, den Nacht- und Notdienstfonds aufzustocken, um die Vor-Ort-Apotheken zu stärken. Schmidt bestätigte, dass dies auch schon von den Ministern Gröhe und Spahn angesprochen worden sei. Das werde seit zwei Jahren diskutiert, aber es gebe dazu noch keine Festlegung. „Das hat eine klare Anreizwirkung“, erklärte Schmidt dazu und fragte zugleich, wie weit das gehen könne, ohne Fehlanreize zu setzen. Denn „es hat keinen Sinn, Standorte über den Nachtdienst lebensfähig zu machen“, mahnte Schmidt.

2HM-Gutachten soll kein Thema mehr werden

Bei der Diskussion in Binz wurde zudem auf die berufspolitische Debatte des ganzen Jahres zurückgeblickt. Moderator Dr. Christoph Schümann, Vizepräsident der Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern, fragte nach dem Umgang mit dem 2HM-Gutachten. Müller-Bohn erklärte dazu, man könnte die Kritik an dem Gutachten auf einen Punkt zuspitzen. Die Verrechnung der allermeisten Kosten sei aus betriebswirtschaftlicher Sicht unangebracht und missachte zugleich den Versorgungsauftrag der Apotheken. Dies hätte eine wirksame und einfache Auseinandersetzung ermöglicht. Ihm sei unklar, warum die ABDA dies nicht gemacht habe. Schmidt entgegnete, die Fehler des Gutachtens seien durchaus in den Gremien kommuniziert worden und sie seien auch in der Politik bekannt. Schmidt wertete es weiterhin als Erfolg, dass die Publikumsmedien kaum über das Gutachten berichtet hätten. Auch für den Effekt gegenüber der Politik gab er sich optimistisch und äußerte die Prognose: „Wir werden mit diesem Text nicht mehr behelligt.“

Kein „Stillhalteabkommen“

Außerdem wurde Schmidt mit dem Vorwurf konfrontiert, es habe ein „Stillhalteabkommen“ zwischen der ABDA-Spitze und Minister Spahn gegeben. Dazu entgegnete Schmidt, dies sei ein „Kampfbegriff“. Es habe so etwas nie gegeben. Vielmehr habe der Minister im Frühjahr seine Agenda präsentiert, bei der die ambulante Versorgung erst an dritter Stelle gestanden habe. Darum habe der Apothekertag der Beginn der Debatte sein sollen. Dazu entgegnete Nicola Norda, Vorstandsmitglied der Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern, so sei das nicht an die Mitgliedsorganisationen weitergegeben worden. Sie habe beim Apothekertag Lösungsvorschläge erwartet. Kai-Peter Siemsen, Präsident der Apothekerkammer Hamburg, bestätigte dies und ergänzte, Minister Spahn habe durch einen eigenen Post bei Facebook selbst diese Erwartung ausgelöst.

Wie viel Geld für die ABDA?

Auch im weiteren Verlauf der Diskussion ging es um die Beziehung zwischen der ABDA und ihren Mitgliedsorganisationen. Norda betonte, dass die Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern dem ABDA-Haushalt nicht zugestimmt habe. Sie beklagte, die ABDA stelle immer mehr Personal ein. Auch sie könnte in ihrer Apotheke noch mehr Mitarbeiter beschäftigen, müsse sich aber an ein Budget halten. Siemsen regte an, mit geringen Mitteln konstruktiv umzugehen. Schmidt gestand zu, dass die ABDA-Beiträge jeweils der größte Ausgabenposten für die Mitgliedsorganisationen sind. Doch die Aufgaben der ABDA würden immer weiter wachsen. Als Beispiel verwies Schmidt auf das Daten-Panel. Dies sei teuer, weil die ABDA sich für die „Nummer eins“ unter den Anbietern entschieden habe, um die Politik überzeugen zu können. Mit dem Budget für Öffentlichkeitsarbeit „sind wir faktisch nicht in der Lage, die mediale Präsenz zu erreichen, die Sie sich wünschen würden“, entgegnete Schmidt auf Forderungen nach mehr Aufmerksamkeit für die Anliegen der Apotheker. Norda appellierte dazu an die Apotheker, alle seien gefordert, ihre Schaufenster dafür zu nutzen.



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2 Kommentare

Irre

von Reinhard Rodiger am 12.11.2018 um 23:16 Uhr

Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen: weil der Minister andere Pläne hat wird die interne Debatte unterbunden. Aber genau die ist nötiger denn je.Und nichts kommt.Deutlicher kann Missachtung nicht sein.Die Botschaft ist eindeutig: die Mehrheit bleibt aussen vor.Da entscheiden wenige über Leben und Tod ohne wirklich einzubeziehen.
Nur, wenn das mit dem Tod nicht glatt genug geht, wird wieder gefragt.Nichtfragen, Nichteinbeziehen, Informationsabstinenz
sind klare Signale an die Politik .Sie muss nur der Spur folgen.

Irre.

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The Winner Takes It All ...

von Christian Timme am 12.11.2018 um 15:45 Uhr

ABBA singt ... ABDA macht.

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