Interview mit der Schweizer Apothekerin Pharmama

Impfen in der Apotheke: Erfahrungen aus der Schweiz

Stuttgart - 13.11.2018, 07:00 Uhr

In der Schweiz dürfen ausgebildete Apotheker seit 2015 impfen. (c / Foto: Pharmama)

In der Schweiz dürfen ausgebildete Apotheker seit 2015 impfen. (c / Foto: Pharmama)


Übernimmt die Kasse die Kosten und wie hoch ist das Honorar?

DAZ.online: Gibt es sonst noch Voraussetzungen?

Pharmama: Zusätzlich bestehen dann von den Gesundheitsdiensten der Kantone aufgestellte Vorschriften bezüglich Räumlichkeiten und Ausrüstung. Es braucht einen Beratungsraum mit Stuhl oder Liege, um Patienten gegebenenfalls hinlegen zu können, Adrenalinpens und Beatmungsmasken. Manche Kantone verlangen außerdem noch eine Sauerstoffflasche.

DAZ.online: Wie nehmen die Apothekerkollegen das an? Haben die eher Bedenken oder finden die es gut?

Pharmama: Ich habe meine Ausbildung schon früh gestartet (2015), aber nicht so früh, wie die richtigen Pioniere, die den Abschluss schon 2013 gemacht haben. Zu einem Zeitpunkt, zu dem wir noch gar nicht impfen durften. Anfang dieses Jahres hat der 1.000. Apotheker die Ausbildung „Impfen und Blutentnahme FPH“ abgeschlossen – und es werden stetig mehr. In Zukunft wird das Impfen in die Ausbildung der Studenten aufgenommen und kommt ins nationale Medizinalgesetz. Kritik habe ich bisher von der Schweizer Apothekerschaft wenig gehört. Natürlich wollen es nicht alle machen, da es doch mehr direkten Körperkontakt bedeutet, als wir als Apotheker gewohnt sind. Und impfen heißt, eine Nadel in jemanden zu stecken – das bedeutete auch für mich anfangs eine ziemliche Überwindung.


Anfang dieses Jahr hat der 1.000. Apotheker die Ausbildung ‚Impfen und Blutentnahme FPH‘ abgeschlossen – und es werden stetig mehr.“

Pharmama, Bloggerin und impfende Apothekerin aus der Schweiz


DAZ.online: Werden Termine vergeben oder kommen die Patienten einfach so?

Pharmama: Die Idee ist, dass man ohne Terminvergabe in die Apotheke kommen und gleich geimpft werden kann. Bei uns ist es momentan so, dass meine anderen Apothekerinnen die Ausbildung noch machen. Also müssen die Leute kommen, wenn ich arbeite. Wirklich einen Termin braucht es dann aber nicht.

DAZ.online: Wie viele kommen zu den Hochzeiten so am Tag?

Pharmama: Der nationale Grippeimpftag ist diese Woche am Freitag, den 9. November (Anm. der Redaktion: Das Interview wurde vorher geführt). Da das mein erster ist, kann ich es noch nicht sagen, aber es wird unsere bisher etwa sechs Impfungen pro Tag in der Grippeimpfzeit sicher schlagen.

DAZ.online: Die Impfung kann mit den Kassen abgerechnet werden?

Pharmama: Nein. Die Dienstleistung wird zurzeit von der obligatorischen Grundversicherung nicht bezahlt. Allenfalls ist eine (teilweise) Kostenübernahme durch eine Zusatzversicherung möglich. Nur eine Krankenkasse bezahlt die Grippeimpfung ohne Rezept der Apotheke direkt. Der Grund liegt auch noch in der Gesetzgebung. Im Krankenversicherungsgesetz steht nämlich drin, dass die obligatorische Krankenversicherung ausschließlich die Kosten übernimmt, für Behandlungen die „von einem Arzt durchgeführt oder angeordnet sind“. Das bedeutet, den Apothekern wird das vorläufig nicht vergütet.


Da die Krankenkasse die Impfung in der Apotheke im Normalfall nicht übernimmt, ist die Preisgestaltung frei.“

Pharmama, Bloggerin und impfende Apothekerin aus der Schweiz


DAZ.online: Wie hoch ist das Honorar und wie groß der Zeitaufwand?

Pharmama: Beispiel Grippeimpfung: Da die Krankenkasse das im Normalfall nicht übernimmt, ist die Preisgestaltung frei. Der Grippeimpfstoff kostet 19 Franken (plus Pauschale), dazu verlangen wir für die Dienstleistung Impfen 16 Franken. Also 39 Franken. Der Zeitaufwand ist unterschiedlich, etwa zehn Minuten zum Ausfüllen des Fragebogens und Abklären, ob es Kontraindikationen gibt. Das Impfen selbst dauert etwa fünf Minuten.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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