Michael Hennrich (CDU) beim BPI

„Mit Spahn als Minister ist das Rx-Versandverbot nicht realistisch“

Berlin - 09.11.2018, 09:00 Uhr

CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich sprach auf dem gestrigen Unternehmertag des BPI nicht nur über Industriethemen, sondern streifte auch den Versandhandelskonflikt. (r / Foto: BPI/C.Kruppa)

CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich sprach auf dem gestrigen Unternehmertag des BPI nicht nur über Industriethemen, sondern streifte auch den Versandhandelskonflikt. (r / Foto: BPI/C.Kruppa)


Zum nächsten Pharmadialog gehören auch Bundestagsabgeordnete der Großen Koalition wie etwa CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich. Beim Dialog soll es auch um mögliche Konsequenzen aus den Skandalen um Valsartan, Lunapharm und Bottrop gehen, erklärte der Gesundheitspolitiker am gestrigen Donnerstag auf dem Unternehmertag des BPI. Außerdem streifte Hennrich das Rx-Versandverbot, das seiner Meinung nach juristisch möglich, politisch jedoch unerwünscht ist.  

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und sein Arzneimittel-Abteilungsleiter Thomas Müller haben bereits angekündigt, dass sich das Bundesgesundheitsministerium in den kommenden Monaten auch dem Arzneimittel- und Apothekenmarkt widmen will. Wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, soll dazu auch wieder ein Pharmadialog stattfinden.

Aber was genau steckt im kommenden Arzneimittelpaket der Bundesregierung? Im Pharmadialog, der am 16. November startet, suchen Industrie und Regierung den Schulterschluss. Diesem Gremium gehören seit dieser Legislaturperiode auch die Bundestagsabgeordneten Michael Hennrich (CDU), Stephan Pilsinger (CSU) sowie Sabine Dittmar und Martina Stamm-Fibich (beide SPD) an. Auch zwei Vertreter aus den Bundesländern sind neu dabei.

Hennrich ist in seiner Fraktion nicht nur Berichterstatter für den Pharmadialog sondern auch für Arzneimittelthemen. Am gestrigen Donnerstag auf dem Unternehmertag des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) stellte der Gesundheitspolitiker die Eckpunkte seiner Arzneimittelpolitik für die nächsten Monate vor.

Importquote und Rabattverträge bleiben

Eigentlich sollte es für die Pharmaindustrie eine „ruhige“ Legislaturperiode sein, denn im Koalitionsvertrag waren nur wenige Arzneimittelthemen verankert, so Hennrich. Doch „Altlasten“ aus der vergangenen Wahlperiode wie das Arztinformationssystem, die Impfstoff- und Zytostikaversorgung und europarelevante Themen wie beispielsweise die HTA-Nutzenbewertung verlängern stetig die Aufgabenliste der Parlamentarier. Wichtig aus seiner Sicht sei es auch, über die Konsequenzen aus jüngsten Pharmaskandalen um Valsartan, Lunapharm und der Bottroper Zyto-Apotheke zu diskutieren.

Wer nun hoffte, dass sich an dem Rabattsystem und der Importquote etwas ändere, dem nahm Hennrich den Wind aus den Segeln. Er sei es leid, seit Jahren immer wieder die gleichen Debatten zu führen, die nichts bringen würden. Als Konsequenz der Vorkommnisse in Brandenburg und bei Zhejiang Huahai plane Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bekanntlich, die Arzneimittelaufsicht zu zentralisieren. „Ich wünsche dabei viel Erfolg, dies mit den Ländern zu diskutieren“, so Hennrich. Allerdings habe Brandenburgs Gesundheitsministerin Karawanski (Linke) ihre Bereitschaft für eine engere Zusammenarbeit mit dem Bund bereits signalisiert.

Sollen Kassen für Valsartan-Komplikationen haften?

Was Valsartan betrifft, so erwägt Hennrich zwar nicht, die Rabattverträge in Frage zu stellen, diese jedoch möglicherweise in Haftungsfragen mit einzubeziehen: Angenommen, die Wirkstoffverunreinigungen seien auf den Preisdruck durch die Rabattverträge zurückzuführen. Und Patienten seien durch verunreinigtes Valsartan nachweislich geschädigt. Dann solle geprüft werden, ob die Kassen zur Verantwortung gezogen werden könnten. Wie genau der Zusammenhang zwischen der Patientenschädigung und der Ausgestaltung des Rabattvertrags hergestellt werden soll, ist derzeit noch unklar.

Außerdem soll aus Sicht von Hennrich geprüft werden, inwieweit strengere Qualitätsanforderungen an die Firmen in den Ausschreibungen aufgenommen werden können, um die Versorgungsicherheit zu verbessern.

„Rx-Versandverbot juristisch machbar“

Auch wenn das Thema die Pharmaindustrie nur sekundär beschäftige, war es Hennrich ein Anliegen, am gestrigen Donnerstag seine Sicht auf den Versandhandel darzulegen. Zur Erinnerung: Hennrich war einer der ersten CDU-Politiker, der nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung das Rx-Versandverbot forderte. In einem DAZ.online-Interview schwenkte er vor einigen Monaten jedoch um und forderte neu zu denken und Vertragslösungen zwischen Kassen und Versendern.

Gestern sagte Hennrich dazu: Das Rx-Versandverbot sei unter Spahn als Minister nicht realistisch. Allerdings widerspreche er der Argumentation, dass verfassungsrechtliche oder europarechtliche Gründe dagegen sprächen. Dies treffe aus seiner Sicht nicht zu. Juristisch sei das Rx-Versandverbot möglich. Es sei eine rein politische Frage. Und die Mehrheit der Bevölkerung wolle das Verbot nicht, so Hennrich.

Persönlich sei ihm die Apotheke nach wie vor wichtig: „Eigentlich will ich nicht in einem Land leben, wo Call-Center und Logistikzentren den Markt beherrschen.“ Doch die Wettbewerbsverzerrung sei ungerecht. Derzeit arbeite die Regierung daran, wie man den Zustand vor dem EuGH-Urteil 2016 annähernd wiederherstellen könne. 

Globuli und Biosimilars

Auf die Rolle der Apotheker nahm Hennrich noch bei zwei weiteren Punkten Bezug. Zum einen bei der Homöopathie. Homöopathika sollen apothekenpflichtig bleiben, da es um medizinische Fragen gehe. Bei der Erstattungsfähigkeit sieht Hennrich Raum für Änderung: So sollen aus seiner Sicht die Satzungsleistungen der Kassen künftig auf zugelassene Arzneimittel beschränkt sein. Da die meisten Homöopathika registriert und nicht zugelassen sind, würden die meisten aus der Erstattungsfähigkeit herausfallen.  

Auch beim Thema Biosimilars ging es um die Funktion der Apotheke. Im Biosimilar Markt herrsche derzeit „Goldgräberstimmung“. Die Kassen wünschen sich, das Sparpotenzial so weit wie möglich auszuloten und die Substitution von Biosimilars in der Apotheke zu ermöglichen. Doch hierfür sei es aus Sicht von Hennrich noch zu früh.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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12 Kommentare

Quelle der Umfrage

von Marius Wolz am 12.11.2018 um 18:18 Uhr

Wo ist denn die Quelle die besagt, dass die Mehrheit dagegen ist? Meines Erachtens wissen die allermeisten gar nicht, was die Konsequenzen für einen Zuwachts des Versands sind. Die Politik klärt ja null auf! Das wäre mal angebracht...

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Herr Spahn

von Sven Larisch am 10.11.2018 um 8:49 Uhr

Und wie gewusst schläft sich Herr Spahn ja gerade mit dem gesundheitsministerposten noch auf den Vorsitzenden Posten der CDU. Ob wirklich die Mehrheit der Bevölkerung kein Rx Verbot will - CDU schau dir deine Wahlniederlagen an! Weiß die Bevölkerung vom RX Versandverbot? Eher nein.
Ich höre immer nur , das meine Kunden sichere Arzneimittel wollen.
Ach ja - was erhebt diese Leute eigentlich zu "Gesundheitsexperten" ? Ist das eine anerkannte Berufsbezeichnung oder sind es nur Lobbiisten, die für Geld alles Sage?

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Vertragstreue

von ratatosk am 09.11.2018 um 19:19 Uhr

Es stellt sich klar heraus, daß es völlig unsinnig ist, noch Parteiprogramme oder Koalitionverträge zu erarbeiten, oder für die Bürger diese irgendwie zu lesen oder auch nur zur Kenntnis zu nehmen, da die privat geprägten Verstellungen unser gewählten Vertreter/innen, sowieso die einzige Richtlinie sind, die zählt. Man kann nur noch wie in den USA Geld nehmen und sich die Stimmen kaufen, natürlich nicht mit dem Köfferchen unterm Tisch, sondern wie die anderen auch mit Gutachten, Anschlußverwendung etc. , sowie mit professionellen sozial media Kampagnen für und gegen Themen und Politiker, das ist die neue Welt des Abschaums, in den diese Art von Politikern auch Europa schon geführt haben. Klingt schrecklich ?! - ist es ja auch, weder Fakten noch Anstand oder Vertragstreue zählen bei diesen Leuten noch.

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POLITIK

von Dr.Diefenbach am 09.11.2018 um 18:40 Uhr

Ist die Politik hierzulande eigentlich so viel anders als das was ein Herr Trump in USA veranstaltet?Wem kann man noch glauben,wird nur noch herumtaktiert statt ehrlich gehandelt?Der Eindruck dass ganz wenige auf Kosten fast aller anderen ihre Denke durchboxen(!) verfestigt sich immer mehr.Gibt es ein "System-Trump-Europe"?Dann bricht die Gesellschaft hier auch auseinander,wir sind ja auf gutem Wege dorthin.Und finanzieren die Altersbezüge diverser Leute,die besser gebückt als aufrecht durchs Land marschieren sollten

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AW: POLITIK

von Conny am 09.11.2018 um 20:26 Uhr

Tja, ich hatte mal geschrieben, da lob ich mir Trump, der hält seine Wahlversprechen . Und jetzt raten Sie mal , wer ganz empört geantwortet hat?

Wer hat uns verraten?

von Dr Schweikert-Wehner am 09.11.2018 um 15:19 Uhr

Christdemokrat ! Das wird nicht gut enden. Aber außer der Linken sind jetzt alle plötzlich gegen das RXVV.

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Wenigstens ehrlich . . .

von Uwe Hansmann am 09.11.2018 um 13:27 Uhr

ist der MdB Hennrich.

Ich würde mir allerdings wünsche, daß er seine Überzeugungen vehement in die Diskussion einbringt!

Es kann doch nicht sein, Herr Hennrich, daß persönliche Beziehungen von Ministern, zu im Verfahren beteiligten playern , dazu führen, das notwendige Gesetzesentscheidungen nicht oder nur unzureichend angegangen werden.

Ich appelliere hier an Ihre Pflicht als gewählter Abgeordneter,
nach Ihrem Gewissen zu entscheiden!

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Spahn

von Conny am 09.11.2018 um 13:05 Uhr

Frank ebert hatte immer Recht wenn er über den Unsympath Spahn sprach. Max Müller von Doc Morris ist sein Kumpel, nur Naivlinge —davon gibt es leider sehr viele, siehe Klatschen beim Apothekertag— und die ABDA mit ihrem unsäglichen Schweigen haben es nicht wahr haben wollen.

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AW: Conny ebert

von Conny und Frank am 10.11.2018 um 5:26 Uhr

Vermute ich richtig, dass Conny Frank ebert IST?

Endlich Klartext !

von gabriela aures am 09.11.2018 um 12:07 Uhr

„Juristisch sei das Rx-Versandverbot möglich. Es sei eine rein politische Frage.“

Da will sich niemand seine beruflichen und wirtschaftlichen Aufstiegschancen verbauen, deswegen wird auch ein VERTRAG aus reinem Egoismus nicht umgesetzt.
Dafür ist nicht nur JS verantwortlich, sondern auch alle jene PolitikerInnen der Regierungskoalition, die sich dankbar hinter der Verzögerungstaktig des Ministers verstecken !

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Bitte um Quellenangabe seitens Herrn Hennrich

von Anita Peter am 09.11.2018 um 10:11 Uhr

"Und die Mehrheit der Bevölkerung wolle das Verbot nicht, so Hennrich"

Quelle?

Warum machen die Politiker dann sonst so viele Dinge, die die Bevölkerung nicht will?

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AW: Bitte um Quellenangabe seitens Herrn

von Karl Friedrich Müller am 09.11.2018 um 11:41 Uhr

Es gibt keine Quellen. Das sind die üblichen platten Lügen der Politiker, wenn sie ihre Dinge durchsetzen wollen und keinen Widerspruch dulden. Totschlagargument, auch wenn es sichtbar falsch ist

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