Pharmazeutische Wissenschaften versus Staatsexamen Pharmazie

Staatsexamen und Masterabschluss sind nicht vergleichbar

Berlin - 07.11.2018, 09:00 Uhr

Erst den Bachelor, dann noch ein Staatsexamen in Pharmazie? Das kann in manchen Bundesländern teuer werden. (c / Foto: Moritz Wussow / stock.adobe.com)

Erst den Bachelor, dann noch ein Staatsexamen in Pharmazie? Das kann in manchen Bundesländern teuer werden. (c / Foto: Moritz Wussow / stock.adobe.com)


Wer den Studiengang „Pharmazeutische Wissenschaften“ mit einem Bachelor of Science abgeschlossen hat und anschließend das Hauptstudium „Staatsexamen Pharmazie“ beginnen will, muss jedenfalls in Baden-Württemberg damit rechnen, zu Zweitstudiengebühren herangezogen zu werden. Und das schlägt mit immerhin 650 Euro pro Semester zu Buche.

Das Verwaltungsgericht Freiburg hat sich mit dem Verhältnis der Studiengänge „Pharmazeutische Wissenschaften“ – der mit einem Bachelor abgeschlossen wird – und „Staatsexamen Pharmazie“ befasst. Ist es ein Zweitstudium, wenn jemand, der den Bachelor of Science bereits in der Tasche hat, noch das Hauptstudium „Staatsexamen Pharmazie“ aufsattelt? Oder handelt es sich in diesem Fall lediglich um eine Fortsetzung des schon abgeschlossenen Studiums – so als würde ein Masterstudium angeschlossen? Immerhin hatte die Hochschule im konkreten Fall den Einstieg ins fünfte Semester des Staatsexamen-Studiengangs ermöglicht, das Bachelor-Studium also wie ein absolviertes Grundstudium gewertet.

Für Studierende in dieser Situation sind dies gewichtige Fragen. Denn ist es ein „echtes“ Zweitstudium, fallen jedenfalls nach baden-württembergischem Recht Gebühren an. Eine entsprechende Zweitstudiengebührenpflicht gibt es auch in einigen anderen Bundesländern, etwa Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen.

Baden-württembergisches Recht

Im vorliegenden Fall hatte die Uni keinen Zweifel, dass es sich um ein solches Zweitstudium handelt: Sie schickte dem für das Wintersemester 2017/18 frisch Immatrikulierten einen Gebührenbescheid: 650 Euro pro Semester sollte er für sein Zweitstudium bezahlen. Die Rechtsgrundlage findet sich im Landeshochschulgebührengesetz (§ 8 LHGebG) von Baden-Württemberg. Danach erheben die Hochschulen von Studierenden, „die ein zweites oder weiteres Studium in einem grundständigen Studiengang (Bachelorstudiengang oder Studiengang nach § 34 Absatz 1 LHG) oder in einem zweiten oder weiteren konsekutiven Masterstudiengang nach einem in der Bundesrepublik Deutschland erworbenen Hochschulabschluss oder gleichwertigen Abschluss aufnehmen (Zweitstudium), Gebühren in Höhe von 650 Euro pro Semester (Zweitstudiengebühr)“.

Hauptstudium eine Art Aufbaustudium?

Das wollte der angehende Pharmazeut allerdings nicht akzeptieren. Er vertrat die Auffassung, aufgrund der Anerkennung des Bachelorabschlusses als erstes Staatsexamen handle es sich nicht um den Beginn eines neuen Studienganges, sondern um die Fortsetzung seines Studiums „Pharmazeutische Wissenschaften“. Zwar seien sowohl der Staatsexamensstudiengang „Pharmazie“ als auch der Bachelorstudiengang „Pharmazeutische Wissenschaften“ grundständige Studiengänge, jedoch habe er ersteren nicht von vorne begonnen. Das Hauptstudium sei mithin ähnlich wie der gebührenfreie konsekutive Masterstudiengang ein Aufbaustudium und kein weiteres Studium.

Die Uni sah dies anders: Dass der Kläger in das fünfte Fachsemester des Staatsexamensstudiengangs eingestuft worden sei, ändere nichts an der Beurteilung, dass es sich hier um ein Zweitstudium handele, erwiderte sie im Klageverfahren. Der Studiengang „Staatsexamen Pharmazie“ sei ein vom Bachelorstudiengang „Pharmazeutische Wissenschaften“ abweichendes und damit ein weiteres grundständiges Studium.

Ungleiches kann ungleich behandelt werden

Das Verwaltungsgericht Freiburg befand nun im Sinne der Uni, dass der Gebührenbescheid zu Recht ergangen ist. In seinen Entscheidungsgründen stellt das Gericht zunächst klar, dass die Erhebung von Gebühren für ein zweites Studium im Grundsatz verfassungsgemäß ist. Dann führt es aus, warum der Kläger verpflichtet ist, diese Zweitstudiengebühr zu entrichten.

Entscheidend ist dabei für das Gericht, dass das Hauptstudium „Staatsexamen Pharmazie“ ein zweites Studium in einem grundständigen Studiengang ist und nicht lediglich eine Fortsetzung des Bachelorstudiengangs „Pharmazeutische Wissenschaften“. Es handele sich hier um zwei grundständige Studiengänge, für die unterschiedliche Studien- und Prüfungsordnungen gelten und die auf unterschiedliche Abschlüsse gerichtet sind. Das Studium „Staatsexamen Pharmazie“ sei einem konsekutiven Masterstudiengang nicht gleichzustellen.

Begrenzte Ausbildungsressourcen

Dem Gesetzgeber sei es bei seiner Regelung zur Zweitstudiengebühr darauf angekommen, grundsätzlich alle Studierenden zu erfassen, die bereits über einen akademischen Abschluss verfügen. Und eben dies sei beim Kläger der Fall. „Er hatte mit seinem Erststudium bereits Anteil an den nur begrenzt vorhandenen Ausbildungsressourcen und an der Verteilung der Berufschancen. Die Aufgabe der Hochschulen, auf bestimmte berufliche Tätigkeiten vorzubereiten, wurde für ihn bereits durch das bis zum Abschluss kostenfreie Erststudium erfüllt“, heißt es im Urteil.

Zwar gesteht das Gericht dem Kläger zu, dass er die Ressourcen der Hochschule durch den Wechsel in den Staatsexamensstudiengang nicht umfänglicher beansprucht, als hätte er einen konsekutiven Masterstudiengang aufgenommen. Dennoch sei eine unterschiedliche Behandlung auch unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 Abs. 1 GG) gerechtfertigt, da sich das Hauptstudium im Studiengang „Staatsexamen Pharmazie“ von dem Masterstudiengang unterscheide.

Während der konsekutive Masterstudiengang auf dem jeweiligen Bachelorabschluss aufbaue und ohne Bachelorabschluss gar nicht möglich sei, bestehe zwischen Bachelorstudiengang und Hauptstudium im Staatsexamensstudiengang kein solcher Zusammenhang. Das Hauptstudium basiere auf den ersten vier Semestern des Staatsexamensstudiengangs und setze den Bachelor nicht voraus. Anders als Bachelor und Master, für die verschiedene Prüfungsordnungen bestünden, sei das Hauptstudium im Studiengang „Staatsexamen Pharmazie“ nicht vom Grundstudium zu trennen, denn beide seien Bestandteile ein und desselben Studiengangs, für den eine einheitliche Studienordnung gelte. Zwar seien sich das Hauptstudium im Studiengang „Staatsexamen Pharmazie“ und im Masterstudiengang inhaltlich ähnlich. Gleichwohl gebe es Unterschiede: Der Masterstudiengang biete größere Freiräume zur individuellen Schwerpunktsetzung, während das Hauptstudium im Staatsexamensstudiengang primär auf den zweiten Abschnitt der pharmazeutischen Prüfung vorbereite.

Das Verwaltungsgericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Urteils die Berufung zugelassen.

Verwaltungsgericht Freiburg, Urteil vom 18.7.2018, 1 K 9010/17



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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