Frage der Linksfraktion

Wann dürfen Versandapotheken Kundendaten fürs „Remarketing“ verwenden?

Berlin - 06.11.2018, 12:45 Uhr

Wenn man bei Versandapotheken bestellt, bekommt man im Laufe des Bestellprozesses häufig noch andere Angebote des jeweiligen Versenders. Ob und unter welchen Bedingungen das erlaubt ist, wollte die Linksfraktion vom Bundesgesundheitsministerium wissen. (Foto: Imago)

Wenn man bei Versandapotheken bestellt, bekommt man im Laufe des Bestellprozesses häufig noch andere Angebote des jeweiligen Versenders. Ob und unter welchen Bedingungen das erlaubt ist, wollte die Linksfraktion vom Bundesgesundheitsministerium wissen. (Foto: Imago)


Wer kennt es nicht: Kauft man im Internet beispielsweise einen Drucker, werden bei den darauf folgenden Klicks gleich die passenden Tintenpatronen und das nötige Papier angeboten. Aber ist das auch bei Arzneimitteln aus Versandapotheken zulässig? Und wenn ja, unter welchen Bedingungen? Die Linksfraktion hat sich bei der Bundesregierung danach erkundigt, inwiefern sich die Versender an den nötigen Datenschutz halten. Das Bundesgesundheitsministerium erklärt, dass eine Einwilligung des Kunden unerlässlich ist.

Die Linken-Gesundheitsexpertin und Apothekerin Sylvia Gabelmann ist eine bekennende Gegnerin des Versandhandels. So wie ihre Partei fordert auch Gabelmann ein striktes Verbot des Rx-Versandhandels und weist auf die Gefahren des Internethandels mit Arzneimitteln hin. In einer Schriftlichen Frage an die Bundesregierung beschäftigt sich die einzige Apothekerin im Bundestag nun mit der Umsetzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen im Arzneimittel-Versandhandel.  Konkret geht es der Linken-Politikerin um das „Remarketing“.

Zur Erklärung: Von „Remarketing“ spricht man, wenn das Nutzungsverhalten der Kunden in irgendeiner Weise gespeichert wird, um demselben Kunden dazu passende Angebote zu machen. Ein Beispiel dafür sind die sogenannten „Custom Audiences“, die zum Beispiel auf Facebook zum Einsatz kommen. Dabei werden Personen, die bereits mit dem jeweiligen Unternehmen in Kontakt stehen zu einer Zielgruppe hinzugefügt, die dann über das soziale Netzwerk regelmäßig mit Werbung zu dem spezifischen Thema konfrontiert werden. Auch andere soziale Netzwerke haben solche Remarketing-Funktionen.

BMG: Datenerhebung zu Gesundheitszwecken zulässig

Die Linksfraktion will nun wissen, inwiefern bei der Internetbestellung von Arzneimitteln, „etwa beim Einlösen von Rezepten“ Gesundheitsdaten verwendet werden. Außerdem fragt Gabelmann danach, ob die Remarketing-Funktionen bei den Versendern nicht grundsätzlich gegen den Sozialdatenschutz oder andere datenschutzrechtliche Regelungen verstoßen.

Stellvertretend für die Regierung antwortet der parlamentarische Staatssekretär Thomas Gebhart (CDU) auf die Fragen. Der Staatssekretär weist daraufhin, dass alle Apotheken regelmäßig personenbezogene Daten erheben. „Dabei handelt es sich insbesondere um Angaben zu den abzugebenden Arzneimitteln aus den Verordnungen sowie um zusätzliche Informationen, die die Apotheken ggfs. bei der Beratung erheben.“ Gebhart erinnert daran, dass diese Datenerhebung zu Zwecken der Gesundheitsversorgung zulässig ist (Art. 9 Abs. 2 h) DSGVO).

BMG: Manche Daten dürfen erhoben werden

Die Datenerhebung zu Remarketing-Zwecken ist laut Gebhart nicht per se zulässig, sondern nur dann, wenn eine Zustimmung des Kunden vorliegt. Zudem gebe es in der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) einige Ausnahmetatbestände, die allerdings „eng gefasst“ seien und somit „im Regelfall nicht der Fall“ sind. Die Datenverarbeitung zu Werbezwecken sei daher „regelmäßig“ nur nach einer ausdrücklichen Einwilligung zulässig, resümiert Gebhart.

Anders sieht es laut Gebhart mit weniger schutzbedürftigen Daten aus, die nicht personenbezogen oder gesundheitsrelevant sind. Diese dürften auch im Versandhandel verarbeitet werden, allerdings nur, wenn die Verarbeitung „in Wahrnehmung berechtigter Interessen“ erfolgt. Dazu erklärt der BMG-Staatssekretär: „Gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f DSGVO ist eine Verarbeitung zulässig, die zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen, Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.“ Aber in solchen Fällen könnten die Kunden der Datennutzung trotzdem widersprechen.

Der BMG-Staatssekretär geht mit seinen Antworten also nur bedingt auf die Fragen der Linken ein. Denn ob der Bundesregierung Kenntnisse dazu vorliegen, ob und inwiefern die Versender personenbezogene Daten zu Remarketing-Zwecken nutzen, wird nicht weiter thematisiert.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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