Vollautomatisierte Medizinalhanf-Produktion

Cannabishersteller: „Der Mensch ist die größte Kontaminationsquelle“

Berlin - 31.10.2018, 17:45 Uhr

Vom Steckling an wird hier Cannabis unter reinraumartigen Bedingungen aufgezogen. (c / Foto: Wayland)

Vom Steckling an wird hier Cannabis unter reinraumartigen Bedingungen aufgezogen. (c / Foto: Wayland)


Maschinen arbeiten präziser als Menschen und kosten weniger Geld. Deshalb lässt der kanadische Cannabisproduzent Wayland die Anbauarbeiten überwiegend durch Roboter erledigen. DAZ.online hat sich die Produktionsanlage im kanadischen Langton angeschaut – zumindest die Bereiche, in denen sich Personen aufhalten dürfen.

Wer beim Cannabisanbau an große Felder unter freiem Himmel denkt, wäre von der vollautomatisierten Anlage der Firma Wayland in Kanada überrascht. DAZ.online hat diese Anbaustätte im kanadischen Langton, Provinz Ontario, in der vergangenen Woche besucht. Zu sehen gab es vor allem viele frisch gezimmerte und leere Hallen. Denn das 2013 gegründete Unternehmen baut derzeit seine Anbaufläche von aktuell 217.000 Quadratmeter um weitere 635.000 Quadratmeter aus. Dadurch sollen die Produktionskapazitäten von 36 Tonnen auf 105 Tonnen pro Jahr gesteigert werden, hieß es in Langton.

Aufzucht wie im Reinraum

In der kanadischen Betriebsstätte arbeiten nur 26 Personen. Wie kann dieses kleine Team Cannabismengen dieser Größenordnung produzieren? Indem Maschinen den größten Teil der Arbeit erledigen, erklärt Jeff Ayotte, Vice President Infrastructure bei Wayland. Durch die maschinelle Steuerung des Anbaus spare die Firma ein hohes Maß an Kosten. Zur Freude der Investoren, wogegen sich die Menschen in der Umgebung vermutlich mehr Arbeitsplätze erhofft haben.

Durch die Vollautomatisierung seien zudem die Anbaubedingungen einfacher zu reproduzieren und das Einschleppen fremder Keime und sonstiger Verunreinigungen werde auf ein Minimum reduziert. „Der Mensch ist die größte Kontaminationsquelle“, erklärte Ayotte. Die Cannabispflanzen werden über ihren gesamten Wachstumszyklus, der etwa 20 Wochen bis zur Ernte dauert, in abgeschlossenen Räumen aufgezüchtet. In den Anbauhallen herrscht ähnlich wie bei Reinräumen ein leichter Überdruck, der das Eindringen von Partikeln von außen verhindert. Maschinen bewerkstelligen die Bewässerung und Nährstoffzufuhr und steuern die Klimatisierung und Beleuchtung. Menschen halten sich in den Aufzuchthallen normalerweise nicht auf.

Blüten, Kapseln, Hanfzigaretten

Die Produktionshallen seien dafür konzipiert, dass darin an jedem Standort auf der Welt, Cannabis in der gleichen Qualität angebaut werden könne, hieß es in Kanada. Das Unternehmen baut in Langton Cannabis sowohl zum Freizeitkonsum als auch für den medizinischen Gebrauch an und legt nach eigenen Angaben dabei die gleichen Qualitätsanforderungen an. Ein GMP-Zertifikat liegt vor.

Neben Cannabisblüten stellt das Unternehmen auch Cannabis-Öl-Kapseln her. Für deren Entwicklung hat das Unternehmen die so genannte VesisorbTM Technologie einlizensiert, mit deren Hilfe die Resorption der Cannabinoide gesteigert werden soll. Über das Tochterunternehmen Mariplant vertreibt Wayland THC-freie CBD-Ölkapseln als Nahrungsergänzungsmittel. Eine neue Entwicklung für den Freizeitmarkt sind Hanfzigaretten, die demnächst in Ländern, in denen die Freizeitanwednung legal ist, verkauft werden können. 

Deutsche Cannabispatienten im Fokus

Für Medizinalhanf ist Deutschland ein attraktiver Markt. Das Unternehmen schätzt die aktuelle Zahl der Cannabispatienten auf 16.000. Vor wenigen Tagen hat das Unternehmen angekündigt, über die Kölner Importfirma Cannamedical innerhalb von drei Jahren 9.000 Kilogramm Medizinalhanf nach Deutschland zu importieren. Eine respektable Menge, die – bei regelmäßiger Belieferung – einen sehr großen Teil des Importbedarfs abdecken könnte. So wurden nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums im ersten Jahr 1.620 Kilogramm importiert, was hochgerechnet auf ein ganzes Jahr einen Bedarf von 3.280 Kilogramm Blüten pro Jahr bedeuten würde.

Für Apotheker und Patienten wäre es ein großer Fortschritt, wenn dieser Deal zustande käme, denn beide Seiten leiden seitdem es Cannabis auf Rezept gibt unter Lieferengpässen. In Kanada ist man zuversichtlich und erwartet die erste Lieferung bereits diesen Dezember. Ein sportliches Timing, denn Cannamedical wartet derzeit noch darauf, die Importgenehmigung zu bekommen, damit Wayland die darauf basierende Exportgenehmigung beantragen kann.

Um den deutschen Markt bemüht sich Wayland auch direkt vor Ort. So betreibt das Unternehmen auch eine Produktionsstätte im sächsischen Ebersbach, wo derzeit Nutzhanf mit einer vergleichbaren Technologie wie in Langton angebaut wird. Das Unternehmen hat sich gemeinsam mit einem Partnerunternehmen auch auf die Ausschreibung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) beworben. Die Frist für die Abgabe der Unterlagen hat sich übrigens erneut – inzwischen auf den 20. November – verschoben.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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