Rx-Arzneimittel über das Internet

Chinesische E-Commerce-Giganten umgehen Versandhandelsverbot

Stuttgart - 26.10.2018, 09:00 Uhr

In China ist der Versand von Rx-Arzneimitteln durch Online-Anbieter wie Alibaba verboten, eigentlich. (c / Foto: picture alliance)

In China ist der Versand von Rx-Arzneimitteln durch Online-Anbieter wie Alibaba verboten, eigentlich. (c / Foto: picture alliance)


Die chinesischen E-Commerce-Riesen Alibaba and JD.com vertreiben über den Online-Handel tausende von rezeptpflichtigen Arzneimitteln von Drittanbietern, hauptsächlich Apotheken. Das ist eigentlich verboten, aber sie bewegen sich in einer rechtlichen Grauzone. Insgesamt erlebt der Verkauf von Arzneimitteln über das Internet in China einen rasanten Aufschwung.

Auf den Webseiten der chinesischen Online-Riesen Alibaba und JD.com sollen Dutzende von Angeboten von Drittanbietern – hauptsächlich Apotheken – für Medikamente wie Pfizers Antidepressivum Zoloft® und sein entzündungshemmendes Medikament Celebrex® verfügbar sein. Dies berichtet Pharma Boardroom unter Berufung auf einen Bericht in der Financial Times.

Rechtliche Grauzone beim Online-Handel mit Arzneimitteln

Da die Medikamente erst bei Lieferung bezahlt werden, könnten Alibaba und JD.com die Transaktionen als „offline“ klassifizieren. Beide Seiten hosteten jedoch die Listen, nähmen Marketing-Gebühren von den Geschäften und lieferten in einigen Fällen Bestellungen über Kurierunternehmen aus, an denen sie selbst Anteile hätten. Außerdem verlangten einige Anbieter keinen Nachweis dafür, dass die Käufer ein Rezept für das bestellte Rx-Arzneimittel haben. Mark Zhang von der in Hongkong ansässigen Anwaltskanzlei King & Wood Mallesons sagte gegenüber der Financial Times: „Es gibt Vorschriften, die den Online-Verkauf von verschreibungspflichtigen Medikamenten ausdrücklich verbieten", räumte jedoch ein: „Es bleibt viel Raum für Diskussionen darüber, ob diese Aktionen illegal sind. Dies ist eine Grauzone.“

Es sei nicht das erste Mal, dass der Verkauf von verschreibungspflichtigen Medikamenten Alibaba Probleme verursacht hat, schreibt Pharma Boardroom weiter. Bereits im Jahr 2016 sei das Unternehmen von Jack Ma durch eine „Notfall-Richtlinie“ einer lokalen Regulierungsbehörde dazu aufgefordert worden, Anbietern auf seiner E-Commerce-Plattform Tmall den Verkauf von Medikamenten zu untersagen. „Wir werden gegen diejenigen vorgehen, die gegen unsere Richtlinien zur Produktlistung verstoßen“, soll Alibabas Tmall nun als Reaktion auf diesen jüngsten Bericht bekräftigt haben.

Aufschwung beim Online-Handel

Wie das chinesische Marktforschungsunternehmen Daxue Consulting berichtet, hat der chinesische Online-Apothekenmarkt in den letzten sechs Jahren tüchtig zugelegt. Eine Studie von Sinohealth CMH habe für das Jahr 2016 einen Umsatz von fast 28 Milliarden Chinesischen Yuan (Rund 3,5 Milliarden Euro) ermittelt, bei einer jährlichen Steigerungsrate von 93 Prozent seit 2015. Der Umsatz soll 17mal so hoch sein wie im Jahr 2012. Mit seiner schnell wachsenden Größe sei Chinas E-Apothekenmarkt bereits einer der weltweit wichtigsten Gesundheitssektoren, hebt Daxue Consulting hervor.

Illegale Praktiken als großes Problem

Der Aufschwung der Online-Apotheken hat aber auch Schattenseiten, nämlich den illegalen Vertrieb, der mittlerweile einen kritischen Punkt erreicht haben soll. Lediglich 3 Prozent der Apotheken-Websites entsprächen den örtlichen Gesetzen und Vorschriften, stellt Daxue Consulting unter Berufung auf Legi Script fest.

Dies bedeute im Umkehrschluss, dass 97 Prozent in irgendeiner Weise illegal seien und höchstwahrscheinlich mit gefährlichen Praktiken betrieben würden, meist nicht von qualifizierten Apotheken oder von Apothekern verwaltet. Sie gäben die Rx-Arzneimittel ohne Rezept ab und verkauften auch nicht zugelassene oder gefälschte Arzneimittel. Zur Bekämpfung der Verbreitung solcher Firmen würden immer wieder nicht-konforme Websites geschlossen.

Verkaufsplattformen sollen zurückgedrängt werden

Andererseits wolle die chinesische Regierung den Online-Handel mit Arzneimitteln aber durchaus fördern. Dabei hält das Consulting-Unternehmen auch eine Legalisierung des Verkaufs rezeptpflichtiger Medikamente über diesen Vertriebsweg in den nächsten Jahren für realistisch. So habe die Regierung im Januar 2017 ein Paket von Dokumenten vorlegt, mit dem ein umfassender Rahmen für den wachsenden Online-Apothekensektor geschaffen werden soll. Dabei habe man allerdings in erster Linie die Online-Apotheken selbst im Blick, denn diese verfügten über die notwendige Expertise und könnten deshalb ein entsprechendes Sicherheitsniveau gewährleisten. Der Handlungsspielraum für Plattformen wie Tmall soll nach dem Willen des Gesetzgebers weiter eingeschränkt werden. Derzeit werden knapp 60 Prozent des Online-Medikamentenumsatzes über solche Plattformen abgewickelt.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Politik lernt leider nichts dazu

von Ratatosk am 26.10.2018 um 18:56 Uhr

Das wird die nächste von der Politik bewußt herbeigeführte Katastrophe.
Kontrolle über Länder im Internet ist völlig illusorisch. Wer wie Spahn gegen RX nicht wie im Koalitionsvertrag verbindlich verarbredet, kann sich wie Ulla später die Toten und Versehren in den Colt schnitzen. Dann jault die Politik wie immer, aber das kennt man ja. Leider werden Konzerninteressen über Sicherheit der Bürger+innen+d gesetzt.

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