Abbvie liefert neue Daten zu Humira

Adalimumab in Schwangerschaft und Stillzeit?

Stuttgart - 26.10.2018, 14:00 Uhr

Adalimumab darf in der Stillzeit angewendet werden. Wie sieht es für die Schwangerschaft aus? (s / Foto: picture alliance /  stock.adobe.com/Igo Borodin; Bearbeitung DAZ.online)

Adalimumab darf in der Stillzeit angewendet werden. Wie sieht es für die Schwangerschaft aus? (s / Foto: picture alliance /  stock.adobe.com/Igo Borodin; Bearbeitung DAZ.online)


Fast zeitgleich mit dem Startschuss zahlreicher Adalimumab-Biosimilars am 17. Oktober 2018 wartet auch Originalhersteller Abbvie bei Humira® mit Neuem auf – mit nichts Geringerem als Daten zur Anwendung des TNFα-Antikörpers in Schwangerschaft und Stillzeit. Vor allem für die Stillzeit gibt es Entwarnung.

Daten zur Anwendung von Arzneimitteln in der Schwangerschaft oder Stillzeit sind stets willkommen, insbesondere jedoch bei relativ „neuen“ Arzneimitteln wie Biologicals. Dem ist Abbvie bei seinem Blockbuster Adalimumab (Humira®) nachgekommen. Pharmakovigilanz-Daten, veröffentlichte Fachliteratur und das Ergebnis einer prospektiven Kohortenstudie liefern die Basis, dass Abbvie die Fachinformation zu Humira® unter „4.6 Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit“ ergänzen kann. Diese neuen Daten hat bislang jedoch ausschließlich Abbvie bei Humira® umgesetzt. Die seit des EU-Patentablaufs von Humira® im Markt befindlichen Biosimilars (Amgevita®, Hyrimoz®, Imraldi®) informieren noch mit der Vorgänger-Version der Humira®-Fachinformation über die Anwendung von Adalimumab in Schwangerschaft und Stillzeit.

Entwarnung gibt es vor allem für stillende Adalimumab-Patientinnen. Was gilt nun für die Anwendung von Adalimumab in der Schwangerschaft?

Humira in der Schwangerschaft?

Noch immer gilt, dass Frauen im gebärfähigen Alter unter Humira® eine effektive Empfängnisverhütung praktizieren und diese auch bis fünf Monate nach der letzten Applikation von Humira® beibehalten sollen. Jedoch deute die Auswertung von etwa 2.100 prospektiv erfassten Schwangerschaften mit einer Exposition gegenüber Adalimumab, „nicht auf eine erhöhte Rate von Missbildungen bei Neugeborenen hin“, informieren die neuen Texte zu Humira®, die von der EMA freigegeben wurden. Ein Großteil der beobachteten Schwangeren (> 1.500) war im ersten Trimenon exponiert.

Gegenübergestellt wurden die Schwangerschaften von 257 Frauen mit rheumatoider Arthritis (RA) oder Morbus Crohn (MC) unter Adalimumab-Therapie und 120 Frauen mit rheumatoider Arthritis oder Morbus Crohn ohne Adalimumab. Der primäre Endpunkt war die Prävalenz schwerwiegender Geburtsfehler. Durch die relativ geringe Anzahl Probandinnen und das nicht-randomisierte Design lassen sich jedoch methodologische Fehler nicht ausschließen.

Der Anteil an Schwangerschaften mit mindestens einem lebend geborenen Kind, das einen schwerwiegenden Geburtsfehler hatte, betrug

  • 6/69 (8,7 Prozent) bei mit Adalimumab behandelten Patientinnen mit RA,
  • 5/74 (6,8 Prozent) bei unbehandelten Frauen mit RA,
  • 16/152 (10,5 Prozent) bei mit Adalimumab behandelten Patientinnen mit MC und
  • 3/32 (9,4 Prozent) bei unbehandelten Frauen mit MC.

Die bereinigte Odds-Ratio (die Unterschiede bei Baseline miteinbezieht) betrug für RA und MC laut Fachinformation zusammen insgesamt 1,10.

Humira kann in der Stillzeit angewendet werden

Adaliumumab geht nach aktuellem Stand der Wissenschaft in geringen Teilen in die Muttermilch über, die Fachinformation nennt 0,1 bis 1 Prozent der maternalen Serumspiegel. Dennoch werden keine Auswirkungen auf den Säugling erwartet, da bei oraler Anwendung Proteine wie IgG eine intestinale Proteolyse durchlaufen und somit schlecht bioverfügbar sind. „Folglich kann Humira® während der Stillzeit angewendet werden“, schreibt die Fachinformation zu Humira® jetzt.

In diesem Punkt hat sich die Risikoeinschätzung für Adalimumab deutlich geändert. Vor Aktualisierung der Fachinformation aufgrund neuer Erkenntnisse durften Frauen fünf Monate lang nach der letzten Gabe von Humira® nicht stillen.

Wirkt sich Adalimumab auf die Fertilität aus?

In Bezug auf die Fruchtbarkeit hat sich bei Adalimumab nichts geändert. Wie auch in früheren Versionen der Fachinformation zu Humira®, steht hier: „Präklinische Daten zu Auswirkungen von Adalimumab auf die Fertilität liegen nicht vor.“

Biosimilars drängen in den Markt

Adalimumab ist das umsatzstärkste Arzneimittel – erst jüngst, am 17. Oktober 2018, lief das Patent für Humira ab, zumindest in der EU. In den USA wird das erst 2023 der Fall sein. Dass zahlreiche Biosimilar-Hersteller in den Markt drängen wundert nicht. Fünf Firmen haben nach Informationen der europäischen Arzneimittebehörde EMA bereits Zulassungen für Adalimumab-Präparate erhalten.Die Unternehmen Sandoz und Amgen planen, mehrere untereinander identische Adalimumab-Biopharmazeutika auf den Markt zu bringen, die sich in ihren Anwendungsgebieten unterscheiden. Weitere Pharmaunternehmen, darunter Fresenius Kabi und Pfizer, wollen ebenfalls ihren Hut in den Ring werfen. Rechtzeitig zum Stichtag hatte die Novartis-Tochter Sandoz auch alle diesbezüglichen Rechtsstreitigkeiten mit dem Originalhersteller Abbvie beigelegt.

Biosimilars in der DAZ

Auch die aktuelle DAZ-Ausgabe (43/2018) widmet sich schwerpunktmäßig den Biosimilars:

Bislang findet man die Adalimumab-Präparate noch nicht in der Lauer-Taxe. Jedoch scheint der Preiskampf durchaus präsent: So hatte Biogen bei seinem Adalimumab-Biosimilar Imraldi® Preissenkungen von 37 bis 40 Prozent angekündigt, Sandoz wird dem Vernehmen nach hier mit Hyrimoz® wohl mitgehen. Nach Angaben des Ärzteblattes wird Amgen für sein Biosimilar Amgevita® mehr verlangen. Amgen bestätigte dem Ärzteblatt aber Preissenkungen von 18 Prozent verglichen mit dem Original Humira®.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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