Fälschungsschutz

Zoll beschlagnahmt fast 100.000 gefälschte Arzneimittel

Berlin - 25.10.2018, 17:15 Uhr

Potenzmittel sind nach wie vor die Lieblinge der Arzneimittelfälscher. (m / Foto: imago)

Potenzmittel sind nach wie vor die Lieblinge der Arzneimittelfälscher. (m / Foto: imago)


Bereits zum elften Mal fand Mitte Oktober die internationale Aktionswoche gegen illegalen Arzneimittelhandel im Internet statt. In Deutschland zogen Zollbeamte insgesamt 1.209 ausländische Brief- und Paketsendungen mit rund 99.989 Tabletten, Kapseln und Ampullen aus dem Verkehr. Derweil bereitet sich die legale Arzneimittelvertriebskette auf den 9. Februar 2019 vor: Ab dann gelten die EU-Richtlinie zum Fälschungsschutz und die zugehörige delegierte Verordnung. EU-Kommission und EMA appellierten nun an die Beteiligten, sich rechtzeitig vorzubereiten. 

Die deutschen Zoll- und Polizeibehörden haben vom 9. bis 16. Oktober 2018 im Rahmen der von Interpol initiierten Operation PANGEA XI den Handel mit gefälschten und illegalen Arzneimitteln im Internet ins Visier genommen. Die Hauptzollämter Frankfurt am Main, Gießen und Dresden kontrollierten verstärkt Pakete, Päckchen und Briefe mit Arzneimitteln, insbesondere an den Standorten der Paketzentren am Flughafen Frankfurt sowie in Niederaula und in Radefeld. Laut einer Pressemitteilung zogen die Zöllnerinnen und Zöllner insgesamt 1.209 ausländische Brief- und Paketsendungen mit rund 99.989 Tabletten, Kapseln und Ampullen aus dem Verkehr. Rund 80 Prozent der sichergestellten Präparate waren (vermeintliche) Potenzmittel. Aber auch verbotene Nahrungsergänzungsmittel sowie Beruhigungs- und Schmerzmittel wurden konfisziert. Laut Zoll stammten die meisten Sendungen aus Indien, gefolgt von Hongkong, Polen und der Schweiz.

116 Staaten beteiligt

Koordiniert wurde die Teilnahme der deutschen Behörden durch das Zollkriminalamt (ZKA) und das Bundeskriminalamt (BKA). Insgesamt beteiligten sich an der Operation 116 Staaten sowie die Weltzollorganisation (WZO), Europol, Pharmaunternehmen und internationale Zahlungs- und Zustellungsdienstleister.

Wie es in der Pressemeldung von ZKA und BKA heißt, ermittelten die Polizeibehörden nach der letzten Aktion dieser Art – PANGEA X im September 2017 – von Januar bis August 2018 in 132 Verfahren gegen die Betreiber von 136 Internetseiten. Dazu kämen 305 Strafverfahren wegen Verstößen gegen das Arzneimittelgesetz sowie über 1.000 Verfahren wegen Verstößen gegen das Antidopinggesetz, die der Zollfahndungsdienst im Jahr 2017 geführt habe.

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Wichtigstes Ziel der Aktionswoche ist laut ZKA und BKA, das Angebot illegaler Produkte im Internet einzuschränken und die Bevölkerung für die akuten Gesundheitsgefahren zu sensibilisieren, die mit dem Arzneimittelkauf im Internet verbunden sein können. Zudem bestehe für Verbraucher die Gefahr, betrogen zu werden, mahnt der Zoll: Seriös erscheinende Online-Apotheken kassierten skrupellos das Geld ihrer Kunden; die entsprechende Warenlieferung erfolge jedoch nicht. Eine weitere Gefahr lauert dem Zoll zufolge in „Werbe-E-Mails“, die über das Arzneimittelangebot hinaus Schadsoftware enthalten. ZKA und BKA raten daher, nur in der Apotheke vor Ort oder bei zugelassenen Online-Apotheken zu kaufen.

Bereit für Securpharm? 

Dem Rat, nur in der Apotheke vor Ort oder bei zugelassenen Online-Apotheken zu kaufen, kann sich Dr. Reinhard Hoferichter, Vorstandssprecher von Securpharm, nur anschließen: „Die Ergebnisse dieser Aktionswoche sind erschreckend“, sagte er. „Sie zeigen, wieviel kriminelle Energie im illegalen Arzneimittelhandel vorhanden ist. Wer Arzneimittel aus illegaler Quelle bezieht, spielt Roulette mit seiner Gesundheit. Arzneimittel sollten ausschließlich über den legalen Vertriebsweg bezogen werden.“ 

Und der legale Arzneimittelvertrieb soll bekanntlich künftig noch sicherer werden – und zwar in der ganzen EU sowie Norwegen, Island, Liechtenstein und der Schweiz. Das sehen eine entsprechende EU-Richtlinie und eine delegierte Verordnung vor, die ab 9. Februar 2019 verbindlich anzuwenden sind. In Deutschland läuft das Fälschungsschutzsystem unter dem Namen Securpharm. Hersteller dürfen Arzneimittel ab diesem Stichtag nur noch für den Verkehr freigeben, wenn diese zusätzliche Sicherheitsmerkmale tragen, die die Apotheken direkt vor der Abgabe an den Patienten überprüfen. „Patienten müssen sich auf die legalen Vertriebswege verlassen können“, so Hoferichter. „Daran arbeiten alle Partner des legalen Arzneimittelvertriebs gemeinsam“, so Hoferichter.

Auf einem anderen Blatt steht, ob alle an der Vertriebskette Beteiligten – Hersteller, Zulassungsinhaber, Großhändler und Apotheken – in ganz Europa rechtzeitig bereit sein werden. Deutschland sieht sich hier gut aufgestellt – und noch ist etwas Zeit für die Vorbereitung. Für die Apotheken beginnt diese damit, sich über die Netzgesellschaft deutscher Apotheker (NDGA) den Anschluss an das nationale System zu verschaffen.

Wie wichtig es ist, jetzt alle nötigen Vorbereitungen zu treffen, machten kürzlich auch die Europäische Kommission, die Europäische Arzneimittelagentur EMA und die Heads of Medicines Agencies (HMA) in einem gemeinsamen Schreiben an die „Beteiligten“ deutlich. Darin zeigen sie nochmals auf, welche Pflicht wen trifft. Zum Schluss weisen sie darauf hin, dass die ab 9. Februar 2019 geltenden verpflichtenden Neureglungen einzuhalten sind. Die Nichteinhaltung stelle einen Verstoß gegen das EU-Recht dar, der mit Sanktionen nach den Vorschriften der Mitgliedstaaten geahndet werde. „Alle Beteiligten sollten unbedingt schon jetzt, wo noch genügend Zeit zur Vorbereitung zur Verfügung steht, tätig werden, um die Einhaltung der neuen Vorschriften sicherzustellen“, lautet der abschließende Appell.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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