Versandhändler Vandenhooft

„Amazon könnte DocMorris oder Shop Apotheke kaufen“

München - 24.10.2018, 12:25 Uhr

Das große Fressen im Online-Geschäft? (c / Foto: blende11.photo / stock.adobe.com; Montage DAZ.online)

Das große Fressen im Online-Geschäft? (c / Foto: blende11.photo / stock.adobe.com; Montage DAZ.online)


Die Spekulationen, dass der US-Onlinekonzern Amazon eines Tages in das deutsche oder europäische Arzneimittel-Versandgeschäft einsteigen könnte, reißen nicht ab. Neue Nahrung dazu liefert der belgische Unternehmer Mike Vandenhooft, Betreiber der belgischen Onlineapotheke Newpharma. In einem Interview gibt er zu verstehen, dass sich Amazon „auf längere Sicht“ durch die Übernahme von DocMorris oder Shop Apotheke Europe eine starke Position im hiesigen Arzneimittel-Versandgeschäft verschaffen könnte.

Es ist nur eine Meinung, aber sie stammt aus dem Mund eines branchenerfahrenen Beobachters: Mike Vandenhooft, Gründer von Belgiens erster Versandapotheke Newpharma, beschäftigt sich schon von Berufs wegen intensiv mit dem europäischen und insbesondere dem deutschen Apothekenmarkt. In einem Interview mit dem Fachportal E-Commerce News verschafft er jetzt den Spekulationen neue Nahrung, dass sich der US-Onlineriese Amazon eines Tages mittels Übernahme eines existierenden Versandhändlers Zugang zum deutschen Arzneimittel-Onlinegeschäft verschaffen könnte. „Auf längere Sicht könnte Amazon einen der größten Teilnehmer wie DocMorris oder Shop-Apotheke, die in Deutschland gut verankert sind, kaufen“, sagte Vandenhooft gegenüber dem Medium. Es sei bekannt, dass sich Amazon zuerst immer in den USA entwickle, irgendwann aber dieses Schema in Europa wiederhole. „Eine Übernahme von DocMorris oder Shop-Apotheke würde mich nicht überraschen“, so Vandenhooft wörtlich. „Es wäre eine Möglichkeit, auf dem europäischen Markt schnell einzusteigen und Fuß zu fassen.“

Andauernde Spekulationen

Spätestens seit Amazon im vergangenen Juni angekündigt hatte, die US-Versandapotheke PillPack übernehmen zu wollen und gemeinsam mit der US-Großbank JP Morgan und der Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway von Investmentguru Warren Buffet eine eigene Krankenkasse aufzubauen, kommen immer wieder Spekulationen auf, ob und wann der Konzern auch in Europa beziehungsweise Deutschland seinen Fuß in dieses Geschäft stellen wird. So hatte zuletzt im September Walter Oberhänsli, Vorstandschef der Schweizer Onlineapotheke Zur Rose, der Muttergesellschaft von DocMorris, in einem Interview mitgeteilt, sich auf einen Einstieg des Internetriesen Amazon auf dem europäischen Arzneimittelmarkt vorzubereiten. Dabei schloss er auch eine mögliche Übernahme von Zur Rose durch Amazon nicht aus. Auch die ABDA zeigte sich nach dem PillPack-Deal von Amazon besorgt, dass dies nicht das letzte Geschäft des Handelsriesen im Arzneimittelbereich gewesen sein dürfte. Einen ersten Testballon startete Amazon im vergangenen Jahr, als der Konzern beim Versand mit der Münchener Bienen-Apotheke zusammenarbeitete und eine Zeit lang mit weiteren deutschen Apothekern kooperierte.

Rx-Versand in ganz Europa

Unabhängig von den Aktivitäten Amazons erwartet der Belgier Vandenhooft auf dem deutschen und europäischen Arzneimittelmarkt tiefgreifende Veränderungen. So sagte er gegenüber dem Portal e-Commerce, dass es Onlineapotheken „auf Dauer und in ganz Europa“ erlaubt sein werde, Rx-Arzneimittel zu verkaufen. In seinen Augen sei dies ein Vorteil für die Konsumenten, da sie weniger zahlten und die Produkte nach Hause geliefert bekämen. Zusätzlich würden die Versandapotheken künftig immer mehr personalisierte Dienste anbieten. „Der Service wird für jeden Kunden fast maßgeschneidert sein. Anstatt ganze Packungen für einen Massenkonsum zu versenden, wird es möglich sein, jedem kleine Beutel mit genau der richtigen Dosis zukommen zu lassen.“ Generell werde sich E-Health „deutlich entwickeln“, wobei die Versandapotheken nach Ansicht des Belgiers dabei eine wichtige Rolle spielen dürften.

Den deutschen Arzneimittel-Versandmarkt sieht Vandenhooft als Pionier und bezeichnet ihn als „besonders konkurrenzfähig“. Hier gebe es im Gegensatz zu anderen Ländern viele Akteure. Allerdings trauten sich nur wenige ausländische Firmen, die Grenze zu überschreiten und in Deutschland aktiv zu werden, da mit Zur Rose beziehungsweise deren Tochterfirma DocMorris und Shop Apotheke Europe hier bereits große Versandhäuser um den Titel der größten Apotheke kämpften.

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Weitere Konzentration

Der Belgier vertritt die Ansicht, dass sich im Versandhandel langfristig zahlreiche weitere Marken zusammenschließen werden. Dies sei eine klassische und auch logische Entwicklung, denn dadurch könnten die Unternehmen ihre Stärken beim Einkauf von Arzneimitteln ausspielen. Vandenhooft: „Das kann sich als entscheidend erweisen, da die Spanne im Allgemeinen ziemlich gering ist.“

Sein eigenes Unternehmen Newpharma richtet nach Angaben des Unternehmers den Fokus auf Belgien, betreibe aber auch einen Onlineshop in deutscher Sprache und liefere regelmäßig nicht rezeptpflichtige Produkte nach Deutschland. Dies mache derzeit allerdings nur einen kleinen Anteil des Umsatzes aus.



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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