AMK warnt vor ausgetretenem Pulver

Revlimid-Kapseln sicher entnehmen – so geht’s

Stuttgart - 23.10.2018, 16:30 Uhr

Revlimid unterliegt gewissen Auflagen ebenso wie Thalidomid. (s / Foto: Celgene)

Revlimid unterliegt gewissen Auflagen ebenso wie Thalidomid. (s / Foto: Celgene)


Für die Verordnung und die Anwendung von Revlimid® (Lenalidomid) gelten strenge Auflagen. Allerdings wird offenbar in seltenen Fällen Pulver freigesetzt. Entsprechende Meldungen gingen bei der Arzneimittekommission der Deutschen Apotheker ein. Hersteller Celgene hat nun detaillierte Hinweise veröffentlicht, wie dies zu verhindern, beziehungsweise wie mit ausgetretenem Pulver zu verfahren ist. 

Lenalidomid (Revlimid) wird zur Behandlung des Multiplen Myeloms, der Myelodyplastischen Syndrome (MDS) und des Mantelzelllymphoms eingesetzt. Da es strukturell mit dem bekanntermaßen teratogenen Thalidomid verwandt ist und so auch die Gefahr schwerer Geburtschäden besteht, gelten für die Verordnung ebenfalls strenge Auflagen. So darf der Wirkstoff zum Beispiel nur auf T-Rezepten verschrieben werden, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gesondert überwacht. 

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Wie die Arzneimittelkommission der Apotheker (AMK) mitteilt, tritt anscheinend in seltenen Fällen Pulver aus den Revlimid®-Kapseln aus. 22 Meldungen aus acht Jahren lägen dazu vor, heißt es. Am häufigsten passiert das wohl, wenn die Kapsel aus dem Blister gedrückt wird – hierzu gibt es 13 Meldungen. Dies kann laut Hersteller Celgene durch korrekte Handhabung des Blisters vermieden werden, nämlich dadurch, dass beim Ausblistern der Druck mit den Fingern auf das Kapselende, statt auf die Kapselmitte ausgeübt wird. Druck auf die Mitte der Kapsel soll vermieden werden. 

Bild: Celgene

Allerdings liegen der AMK, die bereits 2016 über diese Problematik informierte und darauf hinwies, wie die Kapseln zu öffnen sind, weiterhin Meldungen über ausgetretenes Pulver vor. Außerdem erklärten Anwender in neun Fällen, dass bereits im unversehrten Blister Pulver war. Das sei durch die transparente Haube gut zu erkennen gewesen. Was dahintersteckt, wisse man derzeit nicht, so die AMK. Der Hersteller hat nun noch einmal ausführliche Informationen zur sicheren und korrekten Handhabung der Revlimid® Hartkapseln sowie zum Umgang mit ausgetretenem Pulver veröffentlicht. 

Hinweise zum Umgang mit ausgetretenem Pulver

Um eine mögliche Exposition zu vermeiden, beachten sowohl Angehörige der Heilberufe als auch Familienmitglieder  der Patienten bitte folgende Vorsichtsmaßnahmen  beim Umgang mit dem Arzneimittel:

  • Tragen Sie bei direktem Kontakt mit dem Arzneimittel Einmalhandschuhe und vermeiden Sie beim Ausziehen der Handschuhe Kontakt mit der Haut.
  • Entsorgen Sie die Handschuhe in einer verschließbaren Plastiktüte im Hausmüll.
  • Waschen Sie anschließend Ihre Hände gründlich mit Wasser und Seife.
  • Ist ein Umkarton, Blister oder eine Kapsel sichtbar beschädigt oder undicht, verpacken Sie das Arzneimittel bitte unverzüglich in eine verschließbare Plastiktüte und bringen Sie das Arzneimittel in der verschlossenen Plastiktüte umgehend zur sicheren Entsorgung in die Apotheke zurück.

Sollte Pulver austreten, vermeiden Sie eine Exposition:

  • Vermeiden Sie das Einatmen des Pulvers.
  • Tragen Sie während des Aufwischens des Pulvers Einmalhandschuhe.
  • Reinigen Sie anschließend die Fläche gründlich mit Wasser und Seife.
  • Entsorgen Sie alle kontaminierten Materialen {einschließlich Wischtuch und Einmalhandschuhe) in einer verschließbaren Plastiktüte.
  • Waschen Sie anschließend Ihre Hände gründlich mit Wasser und Seife.

Weiter rät der Hersteller, dass im Falle einer Exposition die Hautstelle gründlich mit Seife unter fließendem Wasser abgewaschen werden soll. Sollten die Augen mit dem Pulver in Kontakt gekommen sein, wird geraten, die Augen sofort mit reichlich Wasser für mindestens 15 Minuten auszuspülen. Kontaktlinsen sollten entfernt und entsorgt werden. Falls es zu Irritationen kommt, rät Celgen zum Augenarztbesuch. 

Qualitätsmängel melden

Zudem sollen Patienten, Angehörige und Heilberufe über das Risiko und die entsprechenden Maßnahmen zu informieren, so die Bitte der AMK. Um das Expositionsrisiko für Personen im Umfeld des Patienten sowie für Angehörige der Heilberufe zu minimieren, sollte das Arzneimittel, unter Einhaltung der nötigen Vorsichtsmaßnahmen, auf beschädigte Kapseln hin geprüft werden, heißt es in der Mitteilung. Werden Qualitätsmängel festgestellt, sollen diese an die AMK gemeldet werden, ebenso wie unerwünschte Arzneimittelwirkungen, die im Zusammenhang mit der Anwendung von Revlimid® stehen oder aufgrund einer Kontamination Dritter vermutet werden. Die AMK weist in diesem Zusammenhang auch auf ihre Hinweise zur Einsendung von Reklamationsmustern hin. Alternativ sei es auch möglich, Fotos einzusenden und das Muster in der Apotheke sicher aufzubewahren, heißt es.

Auch Hersteller Celgene nimmt Produktreklamationen unter E-mail-Adresse qualitycomplaints-qermany@celgene.com entgegen. Der Kundenservice erkläre dann alles Weitere zu Verpackung, Abholung sowie Ersatz des Reklamationsmusters, heißt es. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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