DAZ.online-Wahlcheck (Teil 1)

Was sagen die Parteien in Hessen zum Fremdbesitz und zur Apothekenpflicht?

Berlin - 23.10.2018, 07:00 Uhr

(Bild: RRF / stock.adobe.com | Foto Drogeriemarkt: Imago)

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SPD und Grüne

Was sagt die SPD zum Themenbereich Apotheke vor Ort und Fremd- und Mehrbesitzverbot?

SPD: Wir setzen auch in Zukunft auf die inhabergeführte Apotheke vor Ort. Wir sind der Auffassung, dass die Kompetenz der ApothekerInnen und der bei ihnen angestellten Fachkräfte in der Versorgung mit Arzneimitteln unersetzlich ist. Im ländlichen Raum müssen Hol- und Bringdienste zur Verfügung stehen, damit auch dort die Bevölkerung versorgt werden kann. Ein Verbot von Versandapotheken ist u.E. unter den europarechtlichen Vorgaben nicht möglich. Positiv ist es für uns zu registrieren, dass die Mehrheit der Patientinnen und Patienten nach wie vor auf die Apotheke vor Ort setzt. Daher wollen wir diese auch weiterhin stärken, gerade um die Versorgung in Notfällen zu garantieren. Hier sehen wir Nachholbedarf, die Notfallversorgung muss den Apotheken besonders vergütet werden, denn die Versandapotheken können diese Aufgabe nicht übernehmen.

Seit 2004 ist es ApothekerInnen gestattet, bis zu drei Filialapotheken zu führen. Dies halten wir für eine gute Lösung. Zum Fremdbesitzverbot stehen wir, wir wollen nach wie vor die inhabergeführte Apotheke, die die persönliche Verantwortung des Apothekers/der Apothekerin beinhaltet.

Was sagt die SPD zum Themenbereich Apothekenpflicht, beispielsweise für Homöopathika?

SPD: Bereits jetzt werden eine Reihe nicht verschreibungspflichtiger Präparate außerhalb von Apotheken verkauft, z.B. Nahrungsergänzungsmittel in Drogeriemärkten etc. Das halten wir für hinnehmbar. Nicht aufgeweicht werden sollte die Apothekenpflicht für Präparate wie Schmerzmittel etc. und auch nicht für Homöopathika. Auch letztere haben Auswirkungen auf den menschlichen Körper, die der Laie nicht umfassend beurteilen kann. Insbesondere Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind möglich, so dass wir auch hier die Kompetenz des Apothekers/der Apothekerin brauchen.


Was sagen die Grünen zum Themenbereich Apotheke vor Ort und Fremd- und Mehrbesitzverbot?

Grüne: Unser Ziel ist eine bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung der Patientinnen und Patienten. Dabei setzen wir vor allem auf die pharmazeutischen Kompetenzen der Apothekerinnen und Apotheker vor Ort. Durch eine grundlegende Reform der Apothekenvergütung wollen wir erreichen, dass deren pharmazeutische Beratungsleistung gestärkt wird. Wir wollen hierzu eine eigene, einfache und transparente Gebührenordnung für die pharmazeutische Leistung der Apotheken schaffen. Hierbei könnte auch die zu Fehlanreizen führende strikte Verknüpfung mit der Arzneimittelabgabe aufgehoben werden. Zugleich wollen wir einen mit dem Notdienstzuschlag vergleichbaren, umlagefinanzierten Sicherstellungszuschlag für Apotheken in dünn besiedelten Regionen. Darüber hinaus sollen Digitalisierung und Gesundheitsversorgung noch enger verzahnt werden. Es geht darum, die sich ergebenden Möglichkeiten zum Wohle der Patientinnen und Patienten zu nutzen.

Wir können uns insbesondere für den ländlichen Raum vorstellen, dass die bisherige Beschränkung auf eine Haupt- und drei weitere Apotheken, je nach Bedarf, gelockert wird. Dadurch können flexiblere Versorgungslösungen ermöglicht werden für Gebiete, die sonst eventuell unterversorgt wären.


Was sagen die Grünen zum Themenbereich Apothekenpflicht, beispielsweise für Homöopathika?

Grüne: Wir Grüne halten es für wichtig, dass Patienten über die unterschiedlichen Behandlungsmethoden aufgeklärt werden und die Möglichkeit haben, sich ihren Wünschen und Bedürfnissen entsprechend für eine bestimmte Behandlungsmethode zu entscheiden. Hierbei tragen Ärzt*innen und Apotheker*innen eine große Verantwortung, da sie abwägen müssen, ob die Nutzung von homöopathischen Mitteln sinnvoll erscheint oder ob die Verabreichung pharmakologischer Mittel notwendig ist. Zwar kann durch die Homöopathie eine Linderung bestimmter Alltagsbeschwerden erreicht werden, bei schwerwiegenden Krankheiten kann die Anwendung homöopathischer Mittel als Heilmittel aber nicht nur unangebracht sein, sondern bei Unterlassung anderer Behandlungsmethoden Gesundheit und Leben von Patient*innen gefährden. Daher halten wir es für richtig, Homöopathika weiterhin nur in Apotheken zu verkaufen. Auch verschreibungspflichtige Medikamente müssen weiterhin der Apothekenpflicht unterliegen, da sie in der Regel nur mit fachkundiger Beratung eingenommen werden sollen und in falscher Dosierung auch gefährlich sein können.

Anmerkung der Redaktion: Die Antworten der Grünen lagen uns bei Veröffentlichung noch nicht vor, sie wurden nachträglich ergänzt. 



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Qaudatur des Kreises

von G. Wagner am 23.10.2018 um 18:16 Uhr

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen:

"Sofern die Freiberuflichkeit des Apothekers nicht durch ökonomische Eingriffe eingeschränkt wird, ist auch eine Lockerung des Fremdbesitzverbotes denkbar. Voraussetzung hierfür ist wiederum, dass jede Apotheke von einem freiberuflich tätigen Apotheker geführt wird, der seine heilberufliche Tätigkeit frei von rein wirtschaftlichen Interessen Dritter zum Wohle der Menschen ausüben kann."

Ist die FDP Hessen so naiv oder meint sie die Quadratur des Kreises gefunden zu haben? Auf jeden Fall: Für Apotheker*innen nicht wählbar!

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