Analyse der Vorstände

Frauen an der Kammerspitze: Viel Luft nach oben bei den Apothekern

Stuttgart - 18.10.2018, 07:00 Uhr

Die Expopharm-Eröffnung zeigte, wie schlecht Frauen in den Spitzengremien des Gesundheitswesens vertreten sind. ( r / Foto: Schelbert)

Die Expopharm-Eröffnung zeigte, wie schlecht Frauen in den Spitzengremien des Gesundheitswesens vertreten sind. ( r / Foto: Schelbert)


Die Schlusslichter Sachsen und Westfalen-Lippe

Die schlechtesten Frauenquoten haben Sachsen und Westfalen-Lippe: Dort sitzen jeweils nur drei Frauen im Vorstand. Bei einem jeweils elfköpfigen Vorstand ergibt das einen Frauenanteil von 27 Prozent. Nur knapp besser ist Baden-Württemberg, wo vier von 13 Vorständen weiblich sind. Das entspricht einem Frauenanteil von 31 Prozent. Danach folgt Bremen. Hier hat die Kammer sechs Vorstände, wovon zwei Frauen sind, also 33 Prozent. Nordrhein hat zwar mit 30 einen großen Vorstand (Präsident, Vize, 14 Beisitzer und 14 stellv. Beisitzer). Mit elf sitzen hier auch absolut die meisten Frauen. Anteilig sind das aber nur 37 Prozent. Berlin und Rheinland-Pfalz kommen auf 43 bzw. 45 Prozent weibliche Vorstände (3 von 7 bzw. 5 von 11). 

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Immerhin besser als DAX-Unternehmen. 

Insgesamt ergibt sich über alle Kammern hinweg eine Frauenquote in den Vorständen von knapp 46 Prozent (77 von 169). Das ist zwar besser als in den Vorständen der Deutschen Dax-Unternehmen, dort liegt sie bei 12 Prozent (Stand: 1. April 2018). Bei einem Vergleich der jeweils 30 größten börsennotierten Unternehmen in Frankreich, Großbritannien, Polen, Schweden und den USA, rangierte Deutschland laut einer Untersuchung der gemeinnützigen Allbright Stiftung auf dem letzten Rang und ist damit auf einer Stufe wie Indien und die Türkei mit einem Frauen-Anteil von jeweils rund 10 Prozent in der Führungsetage. Einen Frauenanteil von 30 Prozent erreicht keines der 30 DAX-Unternehmen einen Frauenanteil von 30 Prozent im Vorstand. Deutschland ist der Untersuchung zufolge das einzige Land in dem Vergleich, in dem kein einziges Topunternehmen von einer Frau geführt wird. 

Frauenanteil in den Spitzengremien vs. Frauenanteil der Mitglieder

Ganz so schlimm ist es bei den Apothekerkammern also nicht. In Anbetracht eines Frauenanteils von 70,5 Prozent (Ende: 2017) bei den Approbierten sind aber auch hier die Frauen unterrepräsentiert. Die Forderung der Grünen, dass der Frauenanteil in den Spitzengremien dem der Mitglieder entsprechen soll, ist definitiv nicht einmal ansatzweise erfüllt. Und auch bei der Dachorganisation, der ABDA, ist Luft nach oben: Im 13-köpfigen geschäftsführenden Vorstand, vielleicht das wichtigste Gremium in der Standesvertretung, sind lediglich zwei Frauen vertreten: Ursula Funke und die Angestellten-Vertreterin Cynthia Milz aus Bayern. Der ABDA-Gesamtvorstand besteht aus 40 Personen. Nur acht davon sind Frauen.

Bei den Verbänden sieht es übrigens nicht viel besser aus: Hier gibt es mit Christiane Lutter (Bremen) und Claudia Berger (Saarland) lediglich zwei weibliche Vorsitzende. Bei den Apothekenleitern steigt der Frauenanteil immerhin. So waren es 2011 noch 46,7 Prozent. 2017 lag der Anteil der Leiterinnen bereits bei 48,4 Prozent. Und der Trend könnte sich fortsetzen: Die Apobank hat die von ihr begleiteten Apothekengründungen im vergangenen Jahr geschlechterspezifisch unter die Lupe genommen und dabei festgestellt, dass 60 Prozent der „Jungunternehmer“ Frauen waren – 2015 waren es noch 55 Prozent.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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3 Kommentare

Frauenquote

von Julia Borsch /DAZ.online am 19.10.2018 um 9:42 Uhr

Quoten lösen sicherlich nicht alle Probleme. Aber sie führen dazu, dass man sich Gedanken darüber machen MUSS, warum Frauen diese Ämter oder Jobs oft nicht machen wollen, und dass die Rahmenbedingungen entsprechend geändert werden. Wovon übrigens auch Männer profitieren. Wenn natürlich die Männer anfangen würden zu sagen, dass sie das nur noch machen, wenn es zum Beispiel während der Vorstandssitzung eine Kinderbetreuung gibt, kann man sich die Quote sparen. das sehe ich aber aktuell nicht.

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Frauenquote

von Ratatosk am 19.10.2018 um 9:34 Uhr

Leider fehlt es hier an grundlegendem Verständnis von demokratisch gewählten Gremien !
Demokratie ist ein Mehrheitsverfahren aller Stimmberechtigten-innen-d ! Solche Quoten sind absolut abzulehnen, da sonst auch andere Gruppen das Recht haben müssen eine Quote zu bekommen, z.B nach Religion, Region, etc. etc
Wenn sich genug Frauen bewerben ist es gerade hier völlig unproblematisch, würde eher zu einer Männerquote führen. Wenn keine Dame sich diese Ämter antun will, ist es ihr gutes Recht, aber darüber zu jammern ist mehr als lächerlich.
Ich persönlich versuche den die besten Bewerber-in-d nach Kompetenz zu wählen, ist zwar altmodisch, aber alles andere führt zwangsläufig zum Verrotten von Institutionen

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Frauenquote

von Bernd Küsgens am 18.10.2018 um 11:34 Uhr

Bei dem Grünen Spitzenpersonal kann man sehen, was bei einer Frauenquote herauskommt

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