Vor allem bei Gelenkbeschwerden

Bei Schuppenflechte: Herz-Kreislauf-Risiken stärker in den Blick nehmen

Remagen - 22.10.2018, 09:00 Uhr

Mehr als nur Hauterscheinungen: Patienten mit Schuppenflechte solle Risikofaktoren für Herz-Kreislauferkrankungen im Blick haben, rät Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. (Foto: hriana/stock.adobe.com)

Mehr als nur Hauterscheinungen: Patienten mit Schuppenflechte solle Risikofaktoren für Herz-Kreislauferkrankungen im Blick haben, rät Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. (Foto: hriana/stock.adobe.com)


Psoriasis-Patienten, vor allem diejenigen mit Gelenkbeschwerden, haben insgesamt ein erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Darauf macht die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie aufmerksam. Sie stützt sich hierbei auf eine neue internationale Untersuchung.

Schätzungsweise zwei Millionen Menschen in Deutschland leiden an einer Schuppenflechte (Psoriasis). Die chronisch entzündliche Hauterkrankung hat oft erhebliche Folgen für die Gesundheit, die Lebensqualität und das Arbeitsleben, denn sie verläuft chronisch und eine dauerhafte Heilung ist derzeit nicht möglich. Sie ist zwar nicht ansteckend, aber an den silbrig schuppenden, rötlichen Stellen an Ellenbogen, Knie und am Haaransatz leicht erkennbar, was die Betroffenen meist als schwere Stigmatisierung empfinden. Innerhalb des Krankheitsspektrums werden als Hauptformen die gewöhnliche Schuppenflechte (Psoriasis vulgaris), die mit Eiterbläschen einhergehende Psoriasis pustulosa und die Gelenk-Psoriasis (Psoriasis-Arthritis) unterschieden.

Gut behandelbar

Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) entwickeln fünf bis zehn Prozent der Menschen mit Schuppenflechte eine Psoriasis-Arthritis. Glücklicherweise ließen sich beide Symptomkreise an der Haut und den Gelenken heute sehr gut behandeln, betont der Präsident der DGRh und Leiter der Sektion Rheumatologie am Universitätsklinikum Heidelberg Hanns-Martin Lorenz: „Ärzte verschreiben eine breite Palette von Wirkstoffen, von Medikamenten für die lokale Anwendung auf der Haut bis hin zu systemischen Immunsuppressiva. Die Therapie umfasse Steroide in Tablettenform, Basistherapeutika wie Methotrexat, oder Biologika wie Antikörper gegen TNFalpha, Interleukin 17 oder IL12/23.

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Gesunde Lebensführung ebenso wichtig

Lorenz gibt jedoch zu bedenken, dass die Psoriasis und die Psoriasis-Arthritis wie alle anderen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen den gesamten Körper belasten. Betroffene sollten deshalb der vom Arzt verordneten Medikation zuverlässig folgen, so sein dringender Rat. Neben der Therapietreue könnten sie ihren Krankheitsverlauf aber auch durch eine gesunde Lebensführung positiv beeinflussen. Menschen mit Psoriasis entwickelten neben Haut- und Gelenksymptomen nämlich besonders häufig Krankheiten, die zum metabolischen Syndrom zählen: Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen oder Diabetes mellitus.

Über 2200 Patienten begutachtet

Mit diesem Zusammenhang beschäftigt sich auch eine Untersuchung des International Psoriasis and Arthritis Research Teams (IPART), deren Ergebnisse kürzlich im Journal of Rheumatology veröffentlicht wurden. Im Rahmen der internationalen multizentrischen Kohortenstudie wollten Lihi Leder von der Universität Toronto und seine Mitarbeiter herausfinden, wie hoch der Prozentsatz an Unterdiagnosen und fehlender Behandlung kardiovaskulärer Risikofaktoren bei Betroffenen mit Schuppenflechte sein könnte. In die Analyse waren insgesamt 2254 Patienten aus Kanada, Nordamerika und Israel im Durchschnittsalter von 52 Jahren eingeschlossen, die meisten davon hatten einen Gelenkbefall. Die Personen litten seit mehr als zwanzig Jahren unter einer Psoriasis, davon 14 Jahre mit Gelenkbeschwerden.

Fast alle hatten einen kardiovaskulären Risikofaktor

Es stellte sich heraus, dass rund 87 Prozent der Patienten mindestens einen kardiovaskulären Risikofaktor hatten:

  • 75 Prozent waren übergewichtig oder fettleibig (davon 54 Prozent mit einer ungünstigen Zunahme des Bauchumfangs).
  • 49 Prozent hatten zu hohe Blutfette und
  • 45 Prozent Bluthochdruck.
  • 17 Prozent waren aktuelle Raucher und
  • 13 Prozent Diabetiker.

Knapp 60 Prozent der Betroffenen mit Bluthochdruck und zwei Drittel der Patienten mit zu hohen Blutfettwerten wurden dagegen nicht ausreichend behandelt, und zwar hauptsächlich jüngere Personen oder solche im mittleren Lebensalter (50 Jahre und darunter) und männlichen Geschlechts. „Fast die Hälfte der Patienten hatte im Alter von Anfang 60 ein Risiko von mehr als zehn Prozent, innerhalb der nächsten zehn Jahre einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden“, resümiert Lorenz die Schlussfolgerung aus der Studie. 

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Risikokonstellation auch in Deutschland vorhanden

Diese Risikokonstellation für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall beobachten wir auch bei unseren Patienten in Deutschland“, berichtet der Rheumatologe basierend auf seinen Praxiserfahrungen. Ihr muss seiner Meinung nach dringend mehr Beachtung geschenkt werden. In der IPART-Studie habe jeder dritte Psoriasis-Patient nicht gewusst, dass seine Blutfette zu hoch sind und bei jedem fünften sei der Bluthochdruck nicht bekannt gewesen. Von den diagnostizierten Hypertonie-Patienten hätten überdies die meisten ihre Medikamente nicht oder nicht regelmäßig eingenommen. „Behandelnde Ärzte müssen bei Psoriasis die möglichen Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck oder eine Fettstoffwechselstörung regelmäßig diagnostisch abklären und gegebenenfalls behandeln“, fordert der DGRh-Präsident deshalb. Zudem sei es wichtig, Psoriasis oder Psoriasis-Arthritis optimal antientzündlich zu behandeln, die Betroffene über die Erkrankungen des metabolischen Syndroms aufzuklären und sie in der Prävention zu unterstützen.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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