Astra Zeneca warnt vor Brexit-Folgen

„Dichte Transportwege und doppelte Qualitätskontrollen als Nadelöhr“

Remagen - 16.10.2018, 09:00 Uhr

(Foto: tanoante / stock.adobe.com)

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Plan B für Zweit-Testungen

Nicht so die Patienten in der „Rest-EU“. Der Chairman von Astra Zeneca hofft allerdings, dass sich die Europäische Union ähnlich flexibel verhalten wird: „Eine gegenseitige Anerkennung von Produkttests wäre wichtig", mahnt Johansson. Aber ob die Verantwortlichen in Brüssel sich dazu durchringen können, sei derzeit unklar. Um auf der sicheren Seite zu sein, baue sein Unternehmen Kapazitäten für zusätzliche Qualitätskontrollen im EU-Mitgliedsland Schweden auf. Dort sollen dann gegebenenfalls die zusätzlichen Produkt-Testungen für Importe aus britischer Fabrikation vorgenommen werden.

Problemfälle

Es gebe aber auch Problemfälle, gibt er weiter zu bedenken, wie etwa das Krebsmedikament Zoladex. Astra Zeneca schaffe es nicht rechtzeitig zum Brexit-Termin, dafür separate Produkttests in der EU sicherzustellen. Andererseits könne der Hersteller das wichtige Onkologikum nach eigenen Angaben nicht viele Monate im Voraus in seinen Lagern in Kontinentaleuropa bunkern, weil es nur eine begrenzte Haltbarkeit habe. „Zoladex ist ein schwieriger Fall", sagt Johansson. Im schlimmsten Fall eines harten Brexits wäre das Unternehmen wohl darauf angewiesen, dass die EU britische Qualitätskontrollen weiterhin akzeptiert.

Auf die Frage, ob Astra Zeneca garantieren könne, dass nirgendwo in Europa im nächsten Frühjahr die Medikamente fehlen werden, antwortet Johansson, dass es auf dieser Welt nur wenige Garantien gebe. Gleichwohl versichert er, dass man sein absolut Bestes tun werde, um die Versorgung der Patienten sicherzustellen. 

Hoffnung auf einen geordneten Brexit

Mit einem Jahresumsatz von 22,5 Milliarden Dollar (19,5 Milliarden Euro) und 60 000 Mitarbeitern gehört Astra Zeneca zu den größten europäischen Pharmaherstellern. Seine Therapiebereiche Herz-Kreislauf und Stoffwechsel, Onkologie, Atemwege, Entzündungen und Autoimmunerkrankungen, Neurologische Erkrankungen sowie Infektionen und Impfstoffe unterstreichen, wie breit das Unternehmen aufgestellt ist.

Insgesamt werden die Brexit-Vorbereitungen Astra Zeneca umgerechnet rund 45 Millionen Euro kosten, so Johanssons Einschätzung in der F.A.Z.. Man bereite sich auf alle Eventualitäten vor. Der Astra Zenca Chairman gibt sich jedoch weiter optimistisch: „Der wahrscheinlichste Fall ist aus unserer Sicht immer noch, dass Europa einen geordneten Brexit hinbekommt."

Verständigen sich beide Seiten auf ein Austrittsabkommen, so gäbe es wahrscheinlich eine Zwischenphase , in der Großbritannien an den Binnenmarkt und die Zollunion der EU angebunden bliebe. Nach bisherigen Planungen könnte diese zumindest bis Ende 2020 dauern. „Damit wäre auch die Medikamentenversorgung sichergestellt", meint Johansson.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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