MS-Arzneimittel

Pay for (Non)-Performance für Mavenclad

Stuttgart - 12.10.2018, 12:10 Uhr

Merck übernimmt Mehrkosten bei MS-Arzneimitteln, wenn Mavenclad versagt. (m / Foto: dpa)

Merck übernimmt Mehrkosten bei MS-Arzneimitteln, wenn Mavenclad versagt. (m / Foto: dpa)


Wie funktioniert die Pay for Performance?

Erhalten Patienten mit hockaktiver schubförmiger Multipler Sklerose Cladribin und benötigen dennoch innerhalb des vierjährigen Therapiezyklus mit Mavenclad® eine Therapiealternative, so übernimmt Merck die entstehenden „Mehrkosten“. Wenn man es also genau nimmt, zahlt die Krankenkasse die Therapie nicht bei Erfolg von Cladribin (Pay for Performance), sondern Merck zahlt bei Nichterfolg seines MS-Arzneimittels (Pay for Non-Performance).

Allerdings berechnen sich diese „Mehrkosten“, wie Merck diese potenziellen zusätzlichen Kosten bezeichnet, nicht einfach an dem dann benötigten Arzneimittel und dessen Preis. Vielmehr wurde zwischen Merck und GWQ eine Pauschale vereinbart, die „dann ausgelöst wird, wenn medizinisch begründet und nach Ermessen des Arztes eine Therapiealternative erforderlich ist“, erklärt Dr. Berthold Deiters von GWQ im Gespräch mit DAZ.online. Für diese Pauschale habe man sich an den Therapiekosten der dann möglichen Behandlungsoptionen orientiert. Bei hochaktiver schubförmiger MS kommen neben Cladribin auch Alemtuzumab (Lemtrada®), Fingolimod (Gilenya®), Natalizumab (Tysabri®) und seit Januar 2018 auch Ocrelizumab (Ocrevus®) zum Einsatz.

Welchen Nutzen hat Merck von Pay for Performance?

Der Vorteil von Pay for Performance für viele Akteure im Gesundheitswesen liegt auf der Hand: Krankenkassen umgehen das Risiko für zusätzliche, unnötige Therapiekosten, Ärzte die Gefahr eines Regresses und MS-Patienten wird nicht aus wirtschaftlichen Gründen eine innovative Therapie vorenthalten. Und was ist mit Merck?
 
Zunächst scheint eine solche Vereinbarung für Merck wenig Zusatznutzen zu bringen – verpflichtet sich das Unternehmen doch dazu, beim Versagen seiner MS-Therapie zusätzliche Kosten zu schultern. Allerdings liegt vielleicht im „Zusatznutzen“ der Hund begraben: Denn der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) erkannte diesen für Cladribin in Mavenclad® nicht an. Als zweckmäßige Vergleichstherapie diente Alemtuzumab, Fingolimod, Natalizumab: „Ein Zusatznutzen ist nicht belegt", urteilte der G-BA. So führt Merck auch aktuell Preisverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband, bei denen der zukünftige Erstattungspreis von Mavenclad® festgelegt werden soll. Pfannkuche erklärt im Gespräch mit DAZ.online: Cladribin habe in Studien bislang gezeigt, dass nach einem vierjährigen Therapiezyklus keine weitere Einnahme erforderlich ist, was Mavenclad® zu einer günstigen MS-Therapiealternative mache. „Merck will langfristig die Wirtschaftlichkeit der MS-Therapie sicherstellen“, sagt Pfannkuche. Offenbar scheint Merck von seinem Arzneimittel überzeugt und rechnet nicht mit „Mehrkosten“ in großem Umfang durch die Pay-for-Performance-Vereinbarung. Aber ein direkter, primärer Vorteil scheint für den pharmazeutischen Hersteller nicht offensichtlich. Jedoch kann Merck durch solche Verträge vielleicht sein neues Arzneimittel im MS-Markt positionieren – und sichert so nicht allein die Wirtschaftlichkeit der GKV, sondern auch seine eigene.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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