DAZ.online-Wahlcheck (Teil 2)

Was sagen die Bayern-Parteien zum Versandhandel und zur Rx-Preisbindung?

Berlin - 10.10.2018, 07:00 Uhr

Bayern: Was halten CSU, SPD, Grüne, Linke, AfD, FDP und Freie Wähler vom Arzneimittelversandhandel? (Foto Karton: nikbu | Stimmzettel: Wolfgang / stock.adobe.com)

Bayern: Was halten CSU, SPD, Grüne, Linke, AfD, FDP und Freie Wähler vom Arzneimittelversandhandel? (Foto Karton: nikbu | Stimmzettel: Wolfgang / stock.adobe.com)


FDP Bayern und Linke

Was sagt die FDP Bayern zur Rx-Preisbindung, Rx-Boni und dem EuGH-Urteil?

FDP: Der nationale Gesetzgeber hat die Preisbindung verschreibungspflichtiger Arzneimittel trotz ihrer mittelbar wettbewerbsbeschränkten Wirkung als ein notwendiges Mittel des Patientenschutzes angesehen. Ähnliche Regelungen zur Vergütung finden sich u.a. bei Ärztinnen und Ärzten, Zahnärztinnen und Zahnärzten, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten in unterschiedlicher Ausprägung. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit seinem Urteil vom 19. Oktober 2016 die Preisbindung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln als mit der Warenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit nicht vereinbar angesehen. Der Bundesgerichtshof wiederum hat in einer Entscheidung vom 24. November 2016 in einem parallelen Verfahren zur Gewährung von Rabatten entschieden, dass aus verfahrensrechtlichen Gründen die Entscheidung des EuGH nicht bindend ist, die tragenden Erwägungen des nationalen Gesetzgebers zur Notwendigkeit der Preisbindung aufgeklärt werden müssten und erst dann gegebenenfalls nochmals eine Vorlage an den EuGH erfolgen kann. Zunächst werden wir Freie Demokraten daher als Rechtstaatspartei eine endgültige gerichtliche Entscheidung zur Frage der Preisbindung abwarten.

Wir setzen uns jedoch für faire Wettbewerbsbedingungen zwischen inländischen und ausländischen Versand- und Vor-Ort-Apotheken ein. Daher kommt nach abschließender gerichtlicher Entscheidung die Möglichkeit der Gewährung von Rabatten ausschließlich für ausländische Versandapotheken nicht in Betracht. Zudem muss im Hinblick auf gesetzlich Krankenversicherte geklärt werden, ob Rabatte den Patientinnen und Patienten zufließen dürfen oder ob dies nicht vielmehr dem Solidarprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung widerspricht.

Was sagt die FDP Bayern zum Versandhandel und dem Rx-Versandverbot?

FDP: Der  Versandhandel  von  Arzneimitteln  stellt  für  uns eine legitime Versorgungsmöglichkeit der Bevölkerung mit Arzneimitteln dar. Wir setzen uns daher für die Schaffung eines ordnungspolitischen Rahmens ein, der einen fairen Wettbewerb im Bereich der flächendeckenden Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherstellt. Für uns steht dabei Wahlfreiheit der Bürgerinnen und Bürger, wo sie ihre zum Teil lebensnotwendigen  Arzneimittel beziehen, und die Sicherheit und Qualität der Arzneimittelversorgung als Gewähr für die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger im Vordergrund. Der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist nach unserer Überzeugung wegen seines derzeitig sehr geringen Marktanteils nicht die Ursache für die Schließung von Apotheken und die Gefährdung der Arzneimittelversorgung in ländlichen Bereichen.

Wir Freie Demokraten lehnen das im Koalitionsvertrag von Union und SPD vereinbarte Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ab. Wir haben erhebliche verfassungs- und europarechtliche Bedenken mit einem Versandhandelsverbot für RX die bisher gerichtlich noch nicht abschließend geklärte Frage der Preisbindung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu erreichen. Wir sehen daher die ganz erhebliche Gefahr, dass eine solche Regelung innerhalb von zwei bis drei Jahren durch das Bundesverfassungsgericht oder den EuGH gekippt würde.

Was sagen die Linken zur Rx-Preisbindung, Rx-Boni und dem EuGH-Urteil?

Die Linke: Ein Preiskampf führt zugleich zu einem Unterbietungswettkampf beim Personal und der Beratungsqualität. Patientinnen und Patienten müssen darauf vertrauen können, dass sie in der Apotheke fachkundige Hilfe bekommen. Diese Qualität sollte eingefordert, aber auch mit wirtschaftlicher Sicherheit ermöglicht werden. Die Linke befürwortet daher die Preisbindung mindestens für rezeptpflichtige Arzneimittel.

Die Ungleichbehandlung von aus- und inländischen Versandapotheken nach dem EuGH-Urteil ist nicht tragbar. Die einen dürfen Rabatte gewähren, die den anderen verboten sind. Durch die Untätigkeit der Bundesregierung und der Koalition besteht dieser Zustand nun seit bald 2 Jahren. Ausländische Internetapotheken haben seitdem die Möglichkeit, ihre Position auf dem deutschen Markt zu festigen und es wird immer schwieriger, den Rx-Versandhandel nun noch unterbinden zu können.

Was sagen die Linken zum Versandhandel und dem Rx-Versandverbot?

Linke: Die Linke hat bereits seit dem Jahr 2009 ein Verbot des RX-Versandhandels im Bundestag gefordert, das leider von CDU/CSU, FDP, SPD und Grünen abgelehnt wurde. Präsenzapotheken übernehmen wichtige Aufgaben des Gemeinwohls. Auch halten wir das persönliche Gespräch für eine Voraussetzung einer Beratung, die auch bei den Patientinnen und Patienten ankommt. Der auf das EuGH-Urteil folgende Streit zwischen CDU/CSU und SPD sowie innerhalb der einzelnen Regierungsparteien hat nun einen verhängnisvollen Stillstand zur Folge.

Das Verbot des RX-Versandhandels ist aus unserer Sicht schon deshalb notwendig, weil er keine gute Versorgungsqualität bieten kann. Hinzu kommt: Keine andere der diskutierten Lösungsvarianten beendet die Ungleichbehandlung zwischen in- und ausländischen Apotheken und die zwischen den Patienten, die im Ausland Rabatte einstecken, und solchen, die zum Beispiel auf eine Vor-Ort-Beratung angewiesen sind und in Zuzahlung entrichten müssen.

* Redaktioneller Hinweis: Die SPD Bayern hat am 10.10.2018 ihre Antworten zur Landtagswahl nachgeliefert. Wir haben die Inhalte daraufhin im Nachhinein eingefügt. (11.10.2018, 11:35)



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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