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Dass Vitamin D vor Osteoporose schützt, daran gab es bislang keine Zweifel. Einer aktuellen Metaanalyse zufolge jedoch, soll das „Knochenvitamin“ bei Erwachsenen weder die Knochendichte erhöhen noch Frakturen und Stürze vermeiden. Die Autoren fordern nun, die Leitlinien an die neuen Daten anzupassen.
Allergien, Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes oder Depressionen – glaubt man Supplementherstellern, schützen Vitamin-D-Tabletten vor vielfältigen Gesundheitsrisiken. Die Evidenz zu den nichtskeletalen Indikationen des Knochenvitamins ist allerdings überwiegend inkonklusiv. Kritiker warnen daher vor einem unbegründeten Vitamin-D-Hype.
Dagegen galt die Anwendung zur Osteoporoseprophylaxe bislang als unumstritten. Denn Colecalciferol fördert die Calciumresorption – soweit die Theorie. Doch spiegelt sich die Pharmakologie auch in der Klinik wider?
Keine Senkung von Fraktur- oder Sturzrisiko
Dieser Fragestellung ist eine neuseeländische Forschergruppe nachgegangen und hat dazu 81 randomisierte kontrollierte Studien zur Vitamin-D-Supplementation im Rahmen einer Metaanalyse ausgewertet. Die Ergebnisse, die vergangene Woche im „Lancet Diabetes & Endocrinology“ veröffentlicht wurden, lassen Zweifel an der klassischen Indikation aufkommen.
Denn den Daten zufolge, die an insgesamt 53.537 erwachsenen Patienten erhoben wurden, schützen Vitamin-D-Tabletten überraschenderweise nicht vor Knochenbrüchen. Auch bezüglich des Sturzrisikos und der Knochendichte gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den jeweiligen Vitamin-D- und Placebogruppen in den Primärstudien. Diese Effekte waren konsistent in Dosierungen unterhalb sowie oberhalb 800 Internationalen Einheiten (I.E.) Colecalciferol.
Autoren fordern Leitlinienanpassung
Für die Wissenschaftler ist die Bilanz eindeutig – die Empfehlungen zur Vitamin-D-Supplementation in Leitlinien sollen aufgrund der neuen Erkenntnisse geändert werden. „Seit der letzten großen Überprüfung der Evidenz im Jahr 2014 wurden mehr als 30 randomisierte kontrollierte Studien zu Vitamin D und Knochengesundheit veröffentlicht, was die verfügbare Evidenzbasis fast verdoppelt hat. Unsere Metaanalyse zeigt, dass Vitamin D Frakturen, Stürze nicht verhindert, egal ob bei hoher oder niedriger Dosis“, erklärt Erstautor Mark Bolland von der University of Auckland in einer öffentlichen Meldung.
Limitationen der Vitamin-D-Analyse
Die Autoren räumen allerdings auch Limitationen in ihrer Arbeit ein. Beispielsweise war der Anteil an Patienten mit Vitamin-D-Spiegeln unterhalb von 25 Nanomol/Liter mit 831 Personen im Vergleich zur Gesamtzahl relativ gering. Allerdings könnte gerade diese Subgruppe von der Supplementation in besonderem Maße profitieren.
Hinzu kommt, dass die Daten für die Stürze in den Primärstudien auf unterschiedliche Weise erhoben wurden, was die Vergleichbarkeit erschwert. Außerdem waren die Beobachtungszeiträume in den Studien heterogen, wodurch sich ein statistischer Bias ergeben könnte: Denn in den Studien, die kürzer dauerten, waren tendenziell eher Effekte von Vitamin D zu erkennen als in den Langzeitstudien. Die Aussagekraft von Metaananalysen hängt allerdings maßgeblich davon ab, wie die Primärstudien ausgewählt sind. Sind diese zu heterogen, besteht die Gefahr, Äpfel mit Birnen zu vergleichen.
„Noch ist das letzte Wort nicht gesprochen“
Ob die Fachgesellschaften die Leitlinien nun von heute auf morgen ändern, ist fraglich. Denn die Wissenschaftler führen derzeit 60 weitere Subgruppenanalysen ihrer Arbeit durch. Damit soll erkannt werden, ob die Vitamin-D-Supplementation bestimmten Patientengruppen eben doch hilft, Knochenbrüche zu vermeiden.
„Noch ist das letzte Wort nicht gesprochen“, erklärt der Endokrinologe Chris Gallagher vom Creighton University Medical Centre, Omaha, USA, in einem Kommentar zu der Metaanalyse, der ebenfalls im „Lancet Diabetes & Endocrinology“ veröffentlicht wurde. Denn in den kommenden drei Jahren werden die Ergebnisse weiterer placebokontrollierter Studien erwartet, in die insgesamt 100.000 Teilnehmer eingeschlossen sind, so Gallagher.
Wichtig ist zudem, dass die Ergebnisse von Bolland und Kollegen nicht auf Hochrisikopatienten zu übertragen sind. Denn in den Studien waren vorwiegend ältere, ansonsten gesunde Personen eingeschlossen. Auch die Indikation zur Rachitisprophylaxe bei Säuglingen bleibt von den neuen Daten unberührt.
1 Kommentar
Blutwerte?
von Christina Del Prete am 11.10.2018 um 14:25 Uhr
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