DAZ.online-Wahlcheck (Teil 1)

Was sagen die Bayern-Parteien zum Fremdbesitz und zur Apothekenpflicht?

Berlin - 09.10.2018, 09:00 Uhr

In Bayern steht am kommenden Sonntag eine wichtige Landtagswahl an. DAZ.online hat nachgefragt: Wie stehen die Parteien zu den Themen im Apothekenmarkt? (s / Foto: imago | Stimmzettel: Wolfgang / stock.adobe.com)

In Bayern steht am kommenden Sonntag eine wichtige Landtagswahl an. DAZ.online hat nachgefragt: Wie stehen die Parteien zu den Themen im Apothekenmarkt? (s / Foto: imago | Stimmzettel: Wolfgang / stock.adobe.com)


In Bayern und Hessen stehen zwei wichtige Landtagswahlen an, deren Auswirkungen bis nach Berlin zu spüren sein könnten. Insbesondere in Bayern geht es auch für die Apotheker um viel: Schließlich ist die CSU, die bislang eine absolute Mehrheit in München hatte, eine starke Unterstützerin der Pharmazeuten. DAZ.online hat bei allen größeren Parteien Meinungen zum Apothekenmarkt abgefragt und präsentiert die Ergebnisse im Wahlcheck. Im ersten Teil geht es um die Themen Fremd- und Mehrbesitzverbot und die Apothekenpflicht.

Am kommenden Sonntag sind Bayerns Wahlberechtigte dazu aufgerufen, einen neuen Landtag zu wählen. In diesem Parlament sind die Verhältnisse bislang klar: Die CSU hat die absolute Mehrheit, es folgen mit weitem Abstand SPD, Freie Wähler, Grüne, die FDP und die Kleinpartei mut. Die Liberalen hatten bei der Wahl 2014 die Fünf-Prozent-Hürde eigentlich klar nicht erreicht – ein Freie Wähler-Abgeordneter hat in dieser Legislaturperiode jedoch die Seiten gewechselt und sitzt nun für die Liberalen im Parlament.

Glaubt man den aktuellen Umfragen, wird sich an den Machtverhältnissen in Bayern aber schon bald einiges ändern. Die CSU dürfte ihre absolute Mehrheit verlieren und wird sich einen, vielleicht sogar zwei Koalitionspartner suchen müssen. Die AfD dürfte in den Landtag einziehen. Sowohl Linke und FDP kämpfen derzeit um den Einzug, wobei die Liberalen laut Umfragen die leicht besseren Chancen haben. 

DAZ.online hat die CSU, die SPD, die Freien Wähler, die Grünen, die FDP, die Linke und die AfD nach Meinungen zu bestimmten Themen im Apothekenmarkt befragt. Im ersten Teil des DAZ.online-Wahlchecks geht es um die Themen Fremd- und Mehrbesitzverbot, sowie die Apothekenpflicht, beispielsweise für Homöopathika. 

Was sagt die CSU zum Themenbereich Apotheke vor Ort und Fremd- und Mehrbesitzverbot?

CSU: Eine qualitativ hochwertige, sichere und wohnortnahe Arzneimittelversorgung erfordert freiberuflich tätige Apothekerinnen und Apotheker in inhabergeführten Apotheken. Deshalb wollen wir an der jetzigen Rechtslage festhalten.

An dem bestehenden Mehr- und Fremdbesitzverbot wollen wir festhalten.

Was sagt die CSU zum Themenbereich Apothekenpflicht, beispielsweise für Homöopathika?

CSU: Die CSU steht zur bestehenden Apothekenpflicht und wird sich nicht für ihre Aufhebung einsetzen. Das gilt auch für homöopathische Arzneien.


SPD, Freie Wähler und Grüne

Was sagt die SPD zum Themenbereich Apotheke vor Ort und Fremd- und Mehrbesitzverbot?

BayernSPD: Wir halten die inhabergeführte Apotheke vor Ort für einen unverzichtbaren Bestandteil der gesundheitlichen Versorgung. Nachdenken wollen wir über flexible Maßnahmen, wie Botendienste und Rezeptsammelstellen. Der Rückgang der Apothekenzahl hängt auch mit der Abnahme der Ärztedichte in manchen ländlichen Regionen zusammen. Wir wollen daher die Niederlassung von Landärzten besser fördern. Darüber hinaus wollen wir eine bessere Vergütung der Beratungs- und Präventionsleistungen von Apothekern erreichen. Es kommt beim Arzneimittel nicht nur auf den günstigen Preis an, sondern auch auf die Qualität der Beratung. Die Hausapotheke mit dem direkten Kontakt zu den Patienten ist deswegen aus unserer Sicht kein Auslaufmodell, sondern ein Zukunftsmodell. Die BayernSPD steht zum Apotheker als Heilberuf und sieht in ihm nicht nur den einfachen Arzneimittelkaufmann.

Wir wollen das Fremd- und Mehrbesitzverbot beibehalten. In Norwegen ist der Markt inzwischen unter drei Apothekenketten aufgeteilt. Die Einzelapotheke ist fast verschwunden. Das hat zur Störung der flächendeckenden Versorgung geführt. Durch das Beispiel Norwegen wird auch deutlich, dass durch eine Marktfreigabe des Apothekenbesitzes nicht automatisch für dauerhaft billigere Arzneimittel gesorgt wird. Es gibt im Arzneimittelgroßhandel schon jetzt eine erhebliche Konzentration. Teilweise bestehen enge Verflechtungen zu Generikaherstellern. Wenn diese Unternehmen nun Apotheken aufkaufen würden, dann führte das zu einer perfekten vertikalen Konzentration von den Pharmaherstellern über den Arzneimittelgroßhandel bis hin zur Apotheke. Das würde die Gefahr mit sich bringen, dass die Apotheke nur noch ein eingeschränktes und nicht unbedingt das preiswerteste Arzneimittelsortiment vorhalten würde. Zudem wäre es fahrlässig, wenn die Pharmaindustrie über den Weg der Apothekenkette einen direkten Zugang zu Patientendaten erhalten würde. 

Was sagt die SPD zum Themenbereich Apothekenpflicht, beispielsweise für Homöopathika?

BayernSPD: Die Apothekenpflicht von verschreibungspflichtigen Präparaten und auch von Homöpathika sollte erhalten bleiben. Patienten, die nach Homöopathika fragen, haben in der Regel ein medizinisches Problem und mit diesem sind sie bei einem Apotheker besser aufgehoben als im Drogeriemarkt. Patienten erscheinen oft wegen vermeintlicher Bagatellerkrankungen in der Apotheke. In so einer Situation ist es wichtig, dass ein Apotheker sich das Problem anhört und berät, welche Möglichkeiten es gibt oder ob nicht doch ein Arztbesuch angebracht wäre. 

Was sagen die Freien Wähler zum Themenbereich Apotheke vor Ort und Fremd- und Mehrbesitzverbot?

Freie Wähler: Wir wollen, dass Apotheken flächendeckend und wohnortnah zur Verfügung stehen – sowohl in der Stadt als auch auf dem Land. Einem Ausdünnen der Apothekenstruktur in der Fläche ist daher wirksam vorzubeugen. Aus diesem Grund muss das Berufsbild des Apothekers weiterhin attraktiv ausgestaltet werden und wir setzen uns insbesondere dafür ein, dass die Wettbewerbsverzerrungen im Verhältnis zu ausländischen Versandapotheken, die keinen Notdienst zu den Abend-, Nacht- und Wochenendzeiten anbieten müssen, fair ausgeglichen werden. Besonders zu berücksichtigen ist auch der nicht unerhebliche Anteil an Rezepturarzneimitteln, die von Apothekern vor Ort hergestellt werden. Ein zentrales Argument und ein wichtiger Pluspunkt für die Apotheken vor Ort ist die Arzneimittelsicherheit. Sie wird seit Jahrhunderten von den Präsenzapotheken gewährleistet. Die Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Apotheken ist uns Freien Wählern ein wichtiges Anliegen.

Nach Auffassung der Freien Wähler hat sich das Fremd- und Mehrbesitzverbot in der Vergangenheit bewährt, um  durch inhabergeführte Apotheken die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln zu stärken. Wir wollen die inhabergeführte Apotheke fördern.

Was sagen die Freien Wähler zum Themenbereich Apothekenpflicht, beispielsweise für Homöopathika?

Freie Wähler: Dass Arzneimittel nicht verschreibungspflichtig sind, bedeutet nicht, dass ihre Einnahme nicht dennoch mit Risiken verbunden sein kann. In diesen Fällen ist die fundierte fachliche Beratung und Information durch den Apotheker dringend erforderlich und dient den Interessen der Patienten. Dies gilt auch gerade bei Homöopathika, bei denen die richtige Einnahme für die individuelle Wirkung entscheidend sein kann. Neben- und Wechselwirkungen kann nur der Apotheker unmittelbar mit dem Patienten besprechen. Deshalb sollen diese Arzneimittel auch weiterhin apothekenpflichtig sein.


Was sagen die Grünen zum Themenbereich Apotheke vor Ort und Fremd- und Mehrbesitzverbot?

Grüne: Die medizinische Versorgung im ländlichen Raum ist für uns Grüne ein wichtiges Ziel. Freiberuflich geführte Apotheken vor Ort sind von wesentlicher Bedeutung auch für die nichtärztliche Gesundheitsfürsorge. Dazu müssen die Kompetenzen der Apotheken erweitert werden.

Hier gilt es einerseits darauf zu achten, dass durch entsprechende Regelungen der Wettbewerb nicht über Gebühr eingeschränkt wird. Andererseits muss eine qualitativ hochwertige Versorgung mit Apotheken in der Fläche sichergestellt werden. Einer einfachen Liberalisierung stehen wir deshalb skeptisch gegenüber. Sollte es zu Änderungen beim bestehenden Fremd- und Mehrbesitzverbot kommen, muss die Versorgungssicherheit und die verantwortliche Führung der Apotheke durch einen Apotheker beziehungsweise eine Apothekerin sichergestellt sein. Das gilt auch für Filialen, die nach geltendem Recht bereits in eingeschränktem Umfang möglich sind.

Was sagen die Grünen zum Themenbereich Apothekenpflicht, beispielsweise für Homöopathika?

Grüne: Für uns steht das Wohl der Patientinnen und Patienten an erster Stelle. Die umfassende Beratung, was beispielsweise Fragen der Dosierung, der Kontraindikation oder die Dauer der Anwendung von Arzneimitteln angeht, ist unserer Ansicht nach unverzichtbarer Bestandteil einer guten Gesundheitsversorgung. Dies kann nicht zu einer Holschuld der Patientinnen und Patienten werden. Deshalb sollten Arzneimittel weiterhin grundsätzlich in Apotheken verkauft werden.


FDP Bayern, Linke und AfD

Was sagt die FDP Bayern zum Themenbereich Apotheke vor Ort und Fremd- und Mehrbesitzverbot?

FDP: Wir Freie Demokraten wollen die flächendeckende Arzneimittelversorgung rund um die Uhr sowie die qualifizierte Beratung von Patientinnen und Patienten erhalten. Die inhabergeführte öffentliche Apotheke nimmt dabei nach ihrem gesetzlichen Auftrag eine Schlüsselstellung ein.

Die Apothekerinnen und Apotheker haben als pharmazeutische Expertinnen und Experten den gesetzlichen Auftrag die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Für uns Freie Demokraten ist der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung, jeder Patientin und jedes Patienten, damit verbunden, dass die Apothekerinnen und Apotheker als Angehörige eines freien Berufs ihre heilberufliche Tätigkeit frei von rein wirtschaftlichen Interessen Dritter zum Wohle der Menschen ausüben können. Dies setzt zudem voraus, dass Apothekerinnen oder Apotheker als Apothekenbetreiber die heilberufliche Tätigkeit auch tatsächlich wahrnehmen können, was gegen die Aufweichung der beschränkten Mehrbesitzregelung spricht. Darüber hinaus sehen wir unter Berücksichtigung der Erfahrungen in anderen Ländern, wie beispielsweise im Vereinigten Königreich oder Schweden, keinen ökonomischen oder versorgungssichernden Grund den Betrieb von Apotheken Berufsfremden oder Kapitalgesellschaften zu ermöglichen.

Was sagt die FDP Bayern zum Themenbereich Apothekenpflicht, beispielsweise für Homöopathika?

Aus Sicht der Freien Demokraten spricht für die Apothekenpflicht von Arzneimitteln, dass hierdurch aufgrund der apothekenrechtlichen Beratungspflicht eine qualifizierte pharmazeutische Beratung zum Einsatz der Arzneimittel gewährleistet ist. Die Apothekenpflicht homöopathischer Arzneimittel kann in der Bevölkerung jedoch den falschen Eindruck vermitteln, homöopathische Arzneimittel hätten eine pharmakologische  Wirkung. Deshalb werden wir unter  dem  Gesichtspunkt des  Patientenschutzes prüfen, ob homöopathische Arzneimittel aus der Apothekenpflicht zu entlassen sind.


Was sagt die Linke zum Themenbereich Apotheke vor Ort und Fremd- und Mehrbesitzverbot?

Linke: Die Linke steht dafür, den heilberuflichen Charakter der pharmazeutischen Berufe zu stärken, die Kooperation unter Kolleginnen und Kollegen zu fördern und den wirtschaftlichen Wettbewerb zu begrenzen. Apotheken sind der niedrigstschwellige Zugang zum Gesundheitssystem. Diese Door-Opener-Funktion sollte bei der Weiterentwicklung des Berufsbilds Berücksichtigung finden.

Die Linke hat sich immer klar für das Mehr- und Fremdbesitzverbot und für den Erhalt der Präsenzapotheke ausgesprochen. Nicht nur wegen der Arbeitsplätze, auch wegen ihrer Funktion in einem funktionierenden Sozialleben gerade im ländlichen Raum dürfen Apotheken nicht dem heute vorherrschenden wirtschaftsliberalen Dogma geopfert werden.

Was sagt die Linke zum Themenbereich Apothekenpflicht, beispielsweise für Homöopathika?

Linke: Arzneimittel gehören in die Apotheke. Fast alle Arzneimittel bergen auch Risiken, die einer Beratung bedürfen. Zudem sind erkrankte Menschen eine beliebte Zielgruppe unseriöser Geschäftemacherei. Fällt die Apothekenpflicht bei bestimmten Arzneimittelgruppen, würde sich ein neuer Markt bilden, der mit einer guten Patientenversorgung nichts mehr zu tun hat. Wir sehen die Apotheken aber im Gegenzug in der Pflicht, sich dieses Privileg durch eine gute, wissenschaftlich fundierte Beratung immer wieder zu verdienen.


Was sagt die AfD zum Themenbereich Apotheke vor Ort und Fremd- und Mehrbesitzverbot?

AfD: Die AfD Bayern will die inhabergeführten Apotheken auf jeden Fall beibehalten, da es der Versorgungssicherheit der Bevölkerung dienlich ist. Dies gilt besonders für die Abgabe verschreibungspflichtiger Medikamente, die ja auch der Beratung bedürfen. Für frei verkäufliche Arzneimittel können gerne auch alternative Verkaufsstrukturen gewählt werden.

Da wir die inhabergeführte Apotheke vor Ort präferieren, um die Versorgungssicherheit zu garantieren und uns gegen den Internethandel (bei verschreibungspflichtigen Medikamenten) positionieren, kann folgerichtig nur der Widerstand für Fremd-/Mehrbesitz gelten.

Was sagt die AfD zum Themenbereich Apothekenpflicht, beispielsweise für Homöopathika?

AfD: Da es schon Apotheken gibt, die homöopathische Mittel aus ihrem Sortiment genommen haben, ist aus unserer Sicht nichts dagegen einzuwenden, diese Mittel auch außerhalb von Apotheken zu veräußern.

* Redaktioneller Hinweis: Die SPD Bayern hat am 10.10.2018 ihre Antworten zur Landtagswahl nachgeliefert. Wir haben die Inhalte daraufhin im Nachhinein eingefügt. (11.10.2018, 11:45)



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Die SPD schweigt und dieFDP lügt?

von Pöppl am 09.10.2018 um 10:38 Uhr

Also von der SPD keine Reaktion....und die FDP ist gegen Ketten? Ich möchte nochmal jedem den Bundesparteitag der FDP in Erinnerung rufen wo die Bayern FDP federführend war um gegen das Mehrbesitzvervbot vorzugehen.....
Zumindestens diese 2 Parteien scheiden für jeden Apotheker aus...

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