Pharmazieräte-Tagung

Keine Vermischung von Botendienst und Versandhandel!

Berlin - 09.10.2018, 17:35 Uhr

Der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD, v. l.): Dr. Wolfgang Kircher,
Christian Züllich, Dr. Ute Stapel, Christian Bauer, Dr. Walter Taeschner. (Foto: APD)

Der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD, v. l.): Dr. Wolfgang Kircher, Christian Züllich, Dr. Ute Stapel, Christian Bauer, Dr. Walter Taeschner. (Foto: APD)


Wo darf eine Apotheke Abholfächer bereithalten? Wie lassen sich Versandhandel und Botendienst sauber voneinander abgrenzen? Und was hat eine Apotheke zu beachten, wenn sie eine andere Firma mit der Zweitverblisterung von Arzneimitteln beauftragt? Dies und mehr diskutierte Mitte September die Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands bei ihrer Arbeitstagung in Osnabrück. Die Ergebnisse dieser Diskussion hat die APD in einer Resolution festgehalten.

Rund 80 ehrenamtliche Pharmazieräte und Amtsapotheker aus ganz Deutschland waren vom 16. bis 19. September in Osnabrück zu ihrer nunmehr 66. Jahrestagung zusammen gekommen. Mit Vertretern der zuständigen Ministerien und der Standesvertretungen diskutierten sie über Fragen der Apothekenüberwachung. Ihr Ziel ist dabei stets, die bestehenden Apothekenvorschriften in allen Bundesländern möglichst einheitlich und praxisgerecht umzusetzen. Die Ergebnisse der intensiven Diskussion verabschiedete die ADP am Ende in Form einer Resolution.

In dieser Resolution hält die APD zunächst fest, dass sie die öffentliche, inhabergeführte Apotheke vor Ort als „die tragende und unersetzbare Säule in der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung“ betrachtet, die nicht durch andere Vertriebsformen gefährdet werden dürfe. Zur hohen Qualität der Arzneimittelversorgung trage auch die ordnungsgemäße Umsetzung von Gesetzen und Vorschriften bei.

Sodann geht es um vier ganz konkrete Punkte:

1. Abholfächer (§ 4 ApBetrO)

Abholfächer für Patienten müssen sich der Resolution zufolge in den Betriebsräumen der Apotheke befinden (§ 4 Abs. 1 Nr. 5 ApBetrO). Ein Betrieb außerhalb der Raumeinheit der Apotheke sei nicht möglich. Nicht über die Ausnahmen, die § 4 Abs. 4 ApBetrO für Lagerräume, Versandhandel und die Herstellung parenteraler Zubereitungen bzw. die Verblisterung vorsieht und auch nicht mit einer Versanderlaubnis. „Eine Bestückung dieser Abholfächer muss aus den Räumen der Apotheke erfolgen und ist nur durch pharmazeutisches Personal möglich“, so die Resolution. Auch eine Anbindung an einen Kommissionierautomaten mit direktem Zugriff auf das Warenlager halten die Pharmazieräte für nicht zulässig. Last not least: Der Betrieb der Abholfächer ist nur außerhalb der Öffnungszeiten der Apotheke zulässig. 

2.  Verblisterung von Arzneimitteln durch eine externe Firma im Lohnauftrag der Apotheke (§ 11a ApBetrO)

Die Heimversorgung mit externen Dienstleistern war ebenfalls ein großes Thema der Tagung – und in diesem Zuge die Verblisterung. Beauftragt eine Apotheke eine externe Firma mit der individuellen Zweit-Verblisterung von Arzneimitteln, fordern die Pharmazieräte, dass ein schriftlicher Vertrag mit diesem Lohnhersteller (z.B. Blisterzentrum) vorliegt, in dem die Verantwortlichkeiten klar definiert und abgegrenzt sind. Im QM-System der auftraggebenden Apotheke müsse überdies festgelegt sein, welche Arzneimittel blisterfähig sind. Die ausreichende und sichere Qualitätskontrolle durch das Blisterzentrum sei nachzuweisen. Und auch ein sicherer und valider Datenaustausch zwischen der auftraggebenden Apotheke und dem Blisterzentrum müsse nachweislich gegeben sein.

Die Lieferung der fertigen Blister durch den Hersteller hat laut Resolution ausschließlich in die bestellende Apotheke zu erfolgen. Die Blister müssen dem Medikationsplan entsprechen, daher sind nach Auffassung der APD zum Beispiel Leerblister nicht zulässig. Weiterhin muss es für die Blister eine stichprobenartige und risikoorientierte Endkontrolle in der Apotheke geben – dokumentiert, versteht sich. Erst dann könne nach Freigabe die Auslieferung durch die Apotheke erfolgen. Alle Medikationsänderungen und mindestens der Wochenblister eines Patienten sind vollständig zu prüfen. Die Pharmazieräte fordern eine Kopie der zugehörigen Herstellungs- und Prüfprotokolle der herstellenden Firma in der Apotheke. Die Betriebshaftpflicht sei entsprechend zu erweitern.

Lieferengpässe: Pharmazieräte sehen Unternehmen gefordert

3. Lieferengpässe (§ 17 Abs. 4 ApBetrO und § 15 ApBetrO)

Was die derzeitigen Lieferengpässe, auch bei akut erforderlichen Arzneimitteln wie etwa Adrenalinpens betrifft, so seien diese „teilweise durch abweichende Lieferwege verursacht“. Es sei daher nicht möglich, Patienten rechtzeitig oder überhaupt mit den benötigten Arzneimitteln zu versorgen. Die APD fordert die pharmazeutischen Unternehmen auf, dem Pharmagroßhandel ausreichende Mengen dieser Arzneimittel zur Verfügung zu stellen, damit die Apotheken ihren Versorgungsauftrag zeitnah erfüllen können. Vor allem bei den sofort benötigten Notfallpräparaten müsse eine zeitnahe Belieferung gewährleistet sein.

4. Botendienst / Versandhandel (§ 17 Abs. 2 und 2a ApBetrO vs. § 11a ApoG)

Zuweilen verwischt die Grenze zwischen Versandhandel und Präsenzversorgung durch den Botendienst: So meinte etwa eine Apothekerin, ihre Rezeptsammlung in einem nahe gelegenen Supermarkt sei durch ihre Versanderlaubnis gedeckt. Das Oberverwaltungsgericht NRW sah das anders. Und auch die Pharmazieräte stellen in ihrer Resolution klar, nach welchen Gesichtspunkten Zustellmodelle zu unterscheiden sind – und zwar jeweils im Einzelfall: „Bei Bestellung von Arzneimitteln in einem Webshop einer Apotheke liegt ein Versandhandel nach § 11a ApoG vor. Die Auslieferung hat durch einen externen Dienstleister zu erfolgen. Bei einer Bestellung eines Arzneimittels direkt in der Apotheke, z.B. telefonisch, liegt ein Präsenzhandel vor. Die Auslieferung kann durch einen Boten der Apotheke (ggf. pharmazeutisches Personal) nach § 17 Abs. 2 ApBetrO erfolgen“. Und weiter: „Eine Vermischung zwischen apothekereigenem Botendienst nach § 17 Abs. 2 ApBetrO und einem Versandhandel nach § 11 a ApoG ist nicht zulässig.“

Keine Vertretungsbefugnis für PTA

Weitere Diskussionspunkte der Tagung waren zum Beispiel die Überwachung der Zytostatikaherstellung in Apotheken, Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Prüfzertifikat bei TCM-Granulaten und das neue Portal der APD, das ihre Mitglieder mit gebündelten Informationen bei der Apothekenüberwachung unterstützen soll. Deutlich machte die Arbeitsgemeinschaft zudem, dass sie nichts von einer Vertretungsbefugnis für PTA hält – nicht einmal stundenweise.

Mehr zur 66. Jahrestagung der APD lesen Sie in der diese Woche erscheinenden DAZ Nr. 41, 2018, S. 100.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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3 Kommentare

Verblisterung

von Conny am 09.10.2018 um 18:37 Uhr

In welcher Welt leben eigentlich die Pharmazieräte ? In der realen bestimmt nicht.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: RE Verblisterung

von Alexander Murr am 10.10.2018 um 12:39 Uhr

Welchen Punkt zum Thema Verblisterung halten Sie denn für unnötig?

Botendienst muss Regelleistung werden

von Lars Peter Wall am 09.10.2018 um 17:57 Uhr

Wenn unsere eigenen Leute uns bei der dringend notwendigen Modernisierung deemaßen in den Rücken fallen, so ist es nicht verwunderlich, dass man uns außerhalb unseres Berufes nicht mehr ernst nimmt!
Der Kunde erwartet heute den Botendienst, ob nun umsonst oder entgeltlich als absolute Selbstverständlichkeit! Nun zu differenzieren zwischen Online-Bestellung = Versandhandel und Telefon oder Fax = Botendienst.......
Was für ein hanebüchener Unsinn!
Muss dann DocMorris telefonische Bestellungen mit dem Botendienst ausführen! Was ein Quatsch, über den Bestellweg die Lieferart festzulegen! Spätestens mit dem elektronischen Rezept sind wir dann zurecht Geschichte!
Denn Amazon liefert! Wir dürfen das dann nicht?
Hallo Mc Fly! Aufwachen!
Ein wenig Mut für notwendige Veränderungen und Entbürokratisierung wäre einmal schön!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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