Nach Bottroper Zyto-Skandal

Bundestagspetition fordert strengere Kontrollen in Zyto-Apotheken

Berlin - 05.10.2018, 10:20 Uhr

Der Paritätische
Wohlfahrtsverband und Selbsthilfegruppen aus Bottrop haben eine Petition beim Bundestag eingereicht, nach der es neue bundesweit geltende Vorschriften zur Überwachung von Zyto-Apotheken geben soll. (m / Foto: benicoma / adobe.stock.com)

Der Paritätische Wohlfahrtsverband und Selbsthilfegruppen aus Bottrop haben eine Petition beim Bundestag eingereicht, nach der es neue bundesweit geltende Vorschriften zur Überwachung von Zyto-Apotheken geben soll. (m / Foto: benicoma / adobe.stock.com)


Die Überwachung und Kontrolle von Zytostatika-herstellenden Apotheken könnte schon bald Thema im Bundestag werden. Der Paritätische Wohlfahrtsverband und Selbsthilfe-gruppen aus Bottrop haben eine Online-Petition beim Bundestag gestartet, in der eine komplette Neuregelung der Apothekenkontrollen gefordert wird. Die Kernforderung der Patientenvertreter ist, dass es künftig bundesweite Vorschriften zur Apothekenkontrolle gibt.

Der Bottroper Zyto-Skandal könnte schon bald erneut zum Thema im Bundestag werden. Im Januar hatte bereits die Linksfraktion in einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung die Kontrollen in Zyto-Apotheken aufgegriffen. Die Fraktion wollte bis ins letzte Detail wissen, wer die Arbeitsschritte der Zytostatika-herstellenden Apotheker überprüft. Das Bundesgesundheitsministerium antwortete recht schmallippig auf die Fragen der Linken und verwies hauptsächlich auf die Länderbehörden. Schließlich obliege die Überwachung der Apotheken und der pharmazeutischen Herstellbetriebe grundsätzlich den Bundesländern.

Und genau daran stören sich die Initiatoren der neuen Petition im Bundestag. Gefordert werden daher konkrete Vorgaben im Arzneimittelgesetz und der Apothekenbetriebsordnung. Dort schreibt der Gesetzgeber derzeit beispielsweise keine konkreten Intervalle der Überwachung vor, sondern fordert lediglich eine regelmäßige Überwachung. Für die Petenten ist das zu wenig. Sie stellen daher die folgenden Forderungen auf:

  • Unangekündigte Kontrollen der Apotheken
  • Plausibilitätskontrolle des Wareneingangs und –ausgangs
  • Kontrolle und Stichproben von Rückläufern
  • Zulassung von mehr Schwerpunktapotheken (Monopolvermeidung)
  • Verbesserung im Whistleblower-Schutz
  • Einführung einer Dokumentationspflicht
  • Bekanntgabe der Herstellungszeiten

Zur Begründung der unangekündigten Kontrollen erklären die Antragssteller, dass das Risiko für den Apotheker, bei Verstößen „erwischt zu werden“, erhöht werden müsse. Die Plausibilitätskontrolle durch das Finanzamt könne ebenfalls dazu beitragen, frühzeitig Missstände aufzudecken. Zur geforderten Kontrolle von Stichproben und Rückläufern wird erklärt: „Wenn ohne Verdacht keine Proben gezogen werden, da es zerstörende Prüfungen sind, sollten zumindest stichprobenartig Rückläufer auf ihre Zusammensetzung hin untersucht werden.“ Und: Die „Dokumentationspflicht“ müsse wie beim Betäubungsmittelgesetz gelten, der „Verkauf eines Wirkstoffes“ müsse vollständig dokumentiert werden.

Petenten: Patienten müssen Vertrauen in Therapie zurückgewinnen

Warum die derzeitigen Kontrollregeln aus Sicht der Petenten nicht ausreichen, wird so erklärt: „Der Gesetzgeber erlaubt schon jetzt, im Rahmen dieser Überwachungsmaßnahmen Proben zu ziehen und diese untersuchen zu lassen. Dies geschieht aber nicht ohne konkreten Verdacht, da es sich um zerstörende Proben handelt und das Medikament dem Patienten an diesem Tag dann nicht mehr zur Verfügung stünde. In einem System, das in der Regel keine unangekündigten Kontrollen der Apotheken vorsieht, ist es für Mitarbeiter/innen schwierig, anonym Missstände anzuzeigen, da die darauf folgende unangekündigte Kontrolle die Frage aufwirft, wer seitens der Mitarbeiterschaft, diese veranlasst hat.“ Den Petenten geht es nach eigener Aussage darum, das „Vertrauen der Patienten in ihre Therapie zurückzugewinnen“.

Wenn die Petition innerhalb von vier Wochen 50.000 Unterstützer findet, können die Antragsteller ihre Forderungen in einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages zur Diskussion stellen.

Zyto-Prozess: Bottroper Apotheker wurde drei Jahre lang nicht kontrolliert

Im Prozess gegen den inzwischen verurteilten Bottroper Zyto-Apotheker war herausgekommen, dass seine Herstellung jahrelang schlichtweg gar nicht überprüft wurde. Die zuständige Amtsapothekerin erklärte vor Gericht, dass von 2012 bis 2015 gar keine Inspektionen in Apotheken durchgeführt wurden, sie begründete dies mit der Änderung der Apothekenbetriebsordnung. Anschließend waren die Kontrollen der Zyto-Apotheken in NRW auch Thema im Landtag. Die SPD-Landtagsfraktion hatte einen Antrag zur strikteren Überwachung gestellt, in dem ähnliche Forderungen enthalten waren wie in der aktuellen Bundestagspetition. Die Regierungsfraktionen von CDU und FDP hatten diesen Antrag aber abgelehnt.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) erklärte damals, dass er auf neue Vorschläge zur Überwachung aus den Apothekerkammern hoffe. „Wir haben Kammern auch dafür, um staatliche Aufgaben zu übernehmen. Ich glaube einfach, dass Vertrauen nur durch Transparenz entsteht – und nicht durch verdecken“, so der CDU-Politiker im Mai 2018. Eine Arbeitsgruppe aus Apothekern, Ärzten, Behörden und Vertretern der Selbsthilfegruppen hatte für Zyto-Apotheker in der Folge eine Selbstverpflichtung entworfen, in der die Unterzeichner zusicherten, die gesicherte Qualität der Zytostatikaherstellung sichtbar machen zu wollen.

Die unangekündigte Kontrolle aller Zyto-Apotheken in ganz Nordrhein-Westfalen war ebenfalls eine Maßnahme, die das NRW-Gesundheitsministerium nach dem Zyto-Skandal veranlasste. Die Ergebnisse dieser Kontrollen wurden im August veröffentlicht.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Kontrollen von Zyto Apotheken

von Jürgen Barth am 08.10.2018 um 7:15 Uhr

Wenn Zyto Apotheken "besser" kontrolliert werden sollen, dann bräuchte man aber sachkundige Personen, die mehr können als keinen Jota von der Fachinformation abweichen. Z. B. Einarbeitung + Validierung der Prüfer + ½ Jahr unter "scharfen" Bedingungen in einer solchen Apotheke selber zubereiten.. Wetten dass dann die Welt wieder anders aussähe? Aber dafür haben wir ja keine Zeit und lassen uns auch nicht dafür herab.

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Priorisierung

von Ratatosk am 05.10.2018 um 18:16 Uhr

Es ist immer schon das Problem deutscher Behörden gewesen, daß alles gleich kontrolliert wird und die sensiblen Bereiche wie die Herstellung einer läppischen Pflegecreme.

Man muß auch Hackfleisch enger kontrollieren als die Mehl und Zuckerpäckchen.
Erstaunlicherweise sind für Allerweltskontrollen immer genügend Beamte auf den Beinen, wenn es um schwierige Bereiche geht, fehlt auf einmal das Personal.
Die Polizei schaut auch öfter beim Drogenkartell nach, als beim Renter auf dem Sofa.

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