TSVG-Kabinettsentwurf

Impfstoffe: Ein Euro fix für die Apotheke und weitere Rabatte für die Kassen

Berlin - 26.09.2018, 09:00 Uhr

Wie lässt sich bei Impfstoffen am besten sparen? Das BMG hat schon wieder neue Ideen. (j / Foto: Eisenhans / stock.adobe.com)

Wie lässt sich bei Impfstoffen am besten sparen? Das BMG hat schon wieder neue Ideen. (j / Foto: Eisenhans / stock.adobe.com)


Im neuen Entwurf für das TSVG hat das Bundesgesundheitsministerium seine bereits beabsichtigten Neuregelungen zu Impfstoffen nochmals auf den Kopf gestellt. Apotheken sollen demnach im Rahmen regionaler Versorgungsverträge mit Krankenkassen pro Impfdosis den Einkaufspreis sowie eine Vergütung von einen Euro plus Umsatzsteuer erstattet bekommen. Diese Begrenzung soll Apotheken den Anreiz für Preisverhandlungen mit pharmazeutischen Unternehmen nehmen. Außerdem plant das BMG für Hersteller weitere Zwangsrabatte auf Impfstoffe.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat einen nachgebesserten Entwurf für das Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung – kurz Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) - vorgelegt. Das Bundeskabinett soll ihn an diesem Mittwoch beschließen.

Schon im vorangegangenen Referentenentwurf plante das BMG eine Neuregelung bei Impfstoffen. Angedacht war, dass in Verträgen zur Impfstoffversorgung zwischen Krankenkassen mit Apothekerverbänden auf Landesebene sicherzustellen ist, dass die Kassen die Kosten für Impfstoffe bis zum Preis des zweitgünstigsten Herstellers übernehmen müssen. Anlass für die Nachjustierung gaben die jüngsten Erfahrungen mit Festpreisvereinbarungen zwischen Krankenkassen und Landesapothekerverbänden. Denn nachdem der Gesetzgeber im Frühjahr 2017 die Rechtsgrundlage für Impfstoff-Rabattverträge gestrichen hatte, erlebten diese Vereinbarungen eine Renaissance: Vorreiter waren die AOK Nordost und die Landesapothekerverbände Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Wie schon in den Vorjahren hatten sie einen Festpreis für generisch zulasten der GKV verordnete Impfstoffe vereinbart. Doch eines war anders, als in den vergangenen Jahren: die zusätzliche Rahmenvereinbarung eines Tochterunternehmen des Berliner Apotheker-Vereins mit Impfstoffherstellern. Denn statt zuvor zwei Herstellern, konnte diesmal angesichts des noch frischen Markts der tetravalenten Grippeimpfstoffe nur ein Anbieter für die Vereinbarung gewonnen werden. Nur Mylan zeigte sich bereit, einen für die Apotheker guten Preis zuzusagen. Die Folge: Die Bestellungen konzentrierten sich erneut auf nur einen Anbieter. Und genau das hatte der Gesetzgeber mit der Streichung der Rabattverträge verhindern wollen.

Europäische Preisreferenzierung

Doch nun hat das BMG schon wieder andere Pläne. Dazu setzt es an zwei Stellen an. Zum einen soll die europäische Preisreferenzierung ausgeweitet werden und ein zusätzlicher gesetzlicher Rabatt auf Impfstoffe aufgeschlagen werden. Dazu soll § 130a SGB V, der die Rabatte der pharmazeutischen Unternehmer regelt, geändert werden.

Zum Hintergrund: Mit dem AMNOG wurde 2011 eine Regelung eingeführt, dass Impfstoffhersteller einen Rabatt zu entrichten haben, der sich an einem europäischen Referenzpreis orientiert. Dieser Referenzpreis ergibt sich bislang aus den „tatsächlich gültigen Abgabepreisen des pharmazeutischen Unternehmers in  den vier Mitgliedsstaaten der Europäischen Union mit den am nächsten kommenden Bruttonationaleinkommen“. Der Impfstoffhersteller selbst soll die Höhe des Abschlags ermitteln und dem GKV-Spitzenverband die Angaben zur Berechnung vorlegen, der dann die Details regelt. Den Rabatt müssen die Apotheken den Kassen gewähren – so wie die übrigen Herstellerabschläge auch.

Zusätzlich zum Abschlag weitere Rabatte für die Kassen

Künftig sollen in dieses System der Referenzierung auch die EWR-Staaten einbezogen werden – und es sollen nur Länder berücksichtigt werden, in denen der wirkstoffidentische Impfstoff auch wirklich abgegeben wird. In der Begründung heißt es, die Praxis habe gezeigt, dass sich die bisherige Preisreferenzierung nicht bewährt habe, da ein tatsächlich gültiger Abgabepreis in den vier EU-Mitgliedstaaten mit den am nächsten kommenden Bruttonationaleinkommen regelmäßig nicht vorliege. Künftig ist also in dem Fall, dass in einem der vier Vergleichsstaaten der Impfstoff nicht abgegeben wird, der Staat mit dem nächst höheren Bruttonationaleinkommen zu berücksichtigen.

On top zu diesem Abschlag sollen die Apotheken zudem einen weiterer Rabatt für die Kassen einziehen: Grundsätzlich sind dies 5 Prozent für Impfstoffe, für saisonale Grippeimpfstoffe sogar 10 Prozent auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers. Kann ein Abschlag nach der EU-Referenzierung nicht ermittelt werden, werden 7 Prozent Abschlag fällig.

Apotheken sollen nicht mit Herstellern verhandeln

Als zweite Maßnahme setzt das BMG auf eine neue Regelung  in § 132e SGB V, der die Versorgung mit Schutzimpfungen regelt. Demnach ist in den ergänzenden Verträgen zwischen Kassen und Apothekerverbänden auf Landesebene (§ 129 Abs. 5 Satz 1 SGB V) über die Versorgung mit Impfstoffen zu vereinbaren, „dass die Krankenkassen den Apotheken den tatsächlich vereinbarten Einkaufspreis, höchstens jedoch den Apothekeneinkaufspreis, und eine Apothekenvergütung von einem Euro je Einzeldosis sowie die Umsatzsteuer erstatten“. Zur Begründung heißt es, hierdurch bestehe für Apotheken kein Anreiz mehr für Preisverhandlungen mit pharmazeutischen Unternehmen, da etwaige Rabatte auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers an die Krankenkasse weitergegeben werden müssten. Zur Umsetzung der Regelung kann die Krankenkasse sowohl von der Apotheke als auch vom pharmazeutischen Unternehmer Nachweise verlangen.

Weiterhin heißt es, dass die Vergütung der Apotheken von einem Euro je Impfdosis weitgehend bestehenden Vereinbarungen zwischen den Krankenkassen mit den Landesapothekerverbänden entspreche. „Eine Apothekenvergütung in dieser Höhe ist angemessen, da es sich eben nicht um die Abgabe an Versicherte, sondern an Ärzte im Rahmen des Sprechstundenbedarfs handelt, so dass Beratungsleistungen durch die Apotheke nicht erforderlich sind“.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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