Jahresrückblick 2017

Verbraucherschützer feiern vorläufiges Aus des Rx-Versandverbots

Berlin - 21.09.2018, 14:30 Uhr

Der Verbraucherzentrale Bundesverband bewertet es als einen seiner größten Lobby-Erfolge, dass das Rx-Versandverbot von Ex-Minister Hermann Gröhe (CDU) im vergangenen Jahr nicht umgesetzt wurde. (s/Foto: dpa)

Der Verbraucherzentrale Bundesverband bewertet es als einen seiner größten Lobby-Erfolge, dass das Rx-Versandverbot von Ex-Minister Hermann Gröhe (CDU) im vergangenen Jahr nicht umgesetzt wurde. (s/Foto: dpa)


Dass der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) ein bekennender Gegner des geplanten Rx-Versandverbots ist, dürfte inzwischen jedem Apotheker klar sein. In seinem Jahresbericht zum Jahr 2017 stellt der Verband nun klar, wie wichtig es ihm ist, das Verbot zu verhindern. Dass Ex-Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) mit seinem Gesetzesvorhaben an der SPD scheiterte, werten die Verbraucherschützer als „Erfolg“. Nach wie vor fordert der vzbv aber gleichzeitig eine „Stärkung der Apotheke vor Ort“.

Der Positionierung der Verbraucherschützer und Patientenvertreter kommt in der Gesundheitspolitik eine wichtige Bedeutung zu: Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), der als politischer Dachverband der Verbraucherschutzzentralen in den Ländern dient, hat beispielsweise eine eigene Abteilung für Gesundheitsthemen und wird von der Bundesregierung bei wichtigen Gesetzen regelmäßig zur Stellungnahme aufgefordert.

Das war auch im vergangenen Jahr der Fall, als Ex-Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) als Reaktion auf das EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung den Rx-Versandhandel per Gesetz verbieten lassen wollte. Der Ausgang der Geschichte ist weithin bekannt: Das Verbot landete nach einem monatelangen Streit mit der SPD im Koalitionsausschuss und wurde dann verworfen. Vzbv-Gesundheitsexperte Kai-Helge Vogel erklärte schon vorher im DAZ.online-Interview die Position seines Verbandes zu dem Verbotsgesetz: Aus seiner Sicht sollten Patienten weiterhin von Rx-Boni und vom Versand profitieren können. Die Boni sollten aber nur möglich sein, wenn der Patient auch eine Zuzahlung leisten muss.

Mehr zum Thema

Verbraucherschützer Kai-Helge Vogel (VZBV)

„Verbraucher könnten dem Rx-Versandverbot ausweichen“

Dass Gröhe mit seinem Vorhaben an der SPD scheiterte, bewertet der vzbv im Rückblick auf das vergangene Jahr als einen der größten gesundheitspolitischen Erfolge. Im Kapitel zur Gesundheitspolitik des vzbv-Jahresberichtes heißt es unter der Überschrift „Die wichtigsten Erfolge“: Das Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten wurde im ersten Anlauf verhindert. Ebenso wichtig schätzt der vzbv die Wiedereinführung der paritätischen GKV-Finanzierung und die Aufhebung des Fernbehandlungsverbotes ein. In der Erklärung zu diesem Punkt heißt es weiter:


Arzneimittel, ob verschreibungspflichtig oder nicht, online bestellen zu können, ist für viele Verbraucher eine gute Ergänzung bei der Versorgung. Vor-Ort-Apotheken sind dennoch, insbesondere für die Akutversorgung von Patienten, eine unverzichtbare Anlaufstelle. Statt den Versandhandel zu verbieten, müssen die vorhandenen Probleme in der Apothekenversorgung gelöst werden – etwa durch die Stärkung der Beratungsleistungen von Apotheken. Ein Verbot des Versandhandels ist nicht zukunftsfähig.“

Jahresbericht des vzbv




Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


3 Kommentare

Verbraucherschutz

von Pharmi am 21.09.2018 um 23:04 Uhr

Warum setzt sich der Verbraucherschutz nicht dafür ein, dass sich der Versand auch an die GDP halten muss oder ist bei der garantierten Wirksamkeit der Schutz der Patienten nachrangig zum Preis?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

10 Jahre später

von Christiane Patzelt am 21.09.2018 um 17:30 Uhr

und die selben Verbraucherschützer (die eigentlich gar nicht den Verbraucher hier schützen, sondern den ungehemmten Konsum an Arzneimitteln feiern) bläken in 10 Jahren, dass der Versand ja ungefragt alles versendet und damit die Gesundheit der Patienten/Konsumenten verspielt....hat heute eigentlich keiner mehr den Arsch in der Hose, gegen den mainstream zu stimmen?? Verbraucherschützer sollten sich bei klarem Menschenverstand doch auch der Lotsenfunktion der ApothekerInnen bewusst sein...ich verstehs nicht, wie man den Niedergang eines Berufes auch noch so abfeiern kann...

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Zwei ineinander verwobene ...

von Andreas P. Schenkel am 21.09.2018 um 18:38 Uhr

... Eigenschaften treffen bei den Verbraucherzentralen aufeinander:
Sie zielen in ihrer Argumentation auf die derzeitige, vorübergehende Preisgünstigkeit des Versand-Bezugs und sie hängen weitgehend am Tropf staatlicher Institutionen via Fördermittel.
Und somit fällt es ihnen besonders leicht, auf der jahrzehnte- bis jahrhundertalten staatlichen Tiefenströmung der Apotheken-Kleinmacherei mitzusegeln. Darüber hinaus sind sie als Fördertopf-Rezipienten geneigt, dieses System als staatspolitisch ideal anzusehen.

Weshalb sie, so interpretiere ich diese vzbv-Wortmeldung, die deutsche Allgemeinpharmazie in eine derartige Richtung transformiert sehen wollen, also angestellte Apotheker in staatlichem Auftrag, die Apotheke also künftig als staatliche Agentur, ca. 8.000 Stück im gesamten Bundesgebiet.

So wie die Dinge derzeit laufen, wird dies die mittelfristig wahrscheinlichste Variante sein. Privat geführte Apotheken, sofern sie dann noch erlaubt wären, kämen im Grunde nur noch als riesige 24/7-Gesundheitszentren mit angeschlossenen Facharztzentren und diversen Gesundheitsshops, Heilbädern, Sanitätshäusern, Optikern, Akustikern etc. als Mieter auf der grünen Wiese größerer Städte vor, mit Shuttleservice und Botendienst.

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.