Nach Gesprächen mit Apothekern

Janssen erstattet Lagerwertverlust –  aber nur „in klar definierten Härtefällen“

Stuttgart - 22.09.2018, 08:00 Uhr

Janssen wil weiterhin Lagerwertverluste nicht vollumfänglich erstatten. ( r / Foto: Janssen)

Janssen wil weiterhin Lagerwertverluste nicht vollumfänglich erstatten. ( r / Foto: Janssen)


Dass Janssen sich weigerte, Lagerwertverluste beim HIV-Arzneimittel Symtuza zu erstatten, sorgte bei den Apothekern für großen Unmut. Nun gab Janssen nach Gesprächen mit der Deutschen Arbeitsgemeinschaft HIV- und Hepatitis-kompetenter Apotheken e.V. (DAH2KA) bekannt, dass man den Apothekern doch entgegenkomme, allerdings nur in Härtefällen. Außerdem wolle man die Kommunikation in Richtung der Apotheken verbessern. Eine generelle Erstattung der Lagerwertverluste lehnt Janssen weiter ab.

Weil der Gemeinsame Bundesausschuss keinen Zusatznutzen feststellte, musste Janssen gemäß den AMNOG-Regeln den Preis für seine HIV-Vierfachkombination Symtuza® senken. Auf dem Lagerwertverlust – bei der Dreimonatspackung sind es über 1000 Euro – blieben die Apotheker sitzen. Zwar hatte die Arbeitsgemeinschaft HIV- und Hepatitis-kompetenter Apotheken (DAH2KA) bereits im Vorfeld Gespräche mit der Firma geführt, aber eine Absage erhalten.

Seinen Unmut über dieses Geschäftsgebaren hatte der DAH2KA-Vorstand, namentlich Magdalene Linz, Claudia Neuhaus, Reik Hofmann und Erik Tenberken, in einer Stellungnahme an die Mitglieder kundgetan, die es durchaus in sich hatte. Die Apotheker bezeichneten die Vorschläge von Janssen, auf null Packungen zum Stichtag zu reduzieren und so Versorgungslücken der Patienten in Kauf zu nehmen, als menschenverachtend. Was das Ganze in der Augen der DAH2KA noch perfider machte, ist, dass Janssen sich hohe Ziele setzt, wie sie auf der Homepage zu lesen sind. Dort heißt es zum Beispiel: „Wir wollen mehr Menschen an mehr Orten auf der Welt Zugang verschaffen: zu unseren Medikamenten und zu nachhaltigen, effektiven Gesundheitslösungen.“ Diese Vorwürfe wollte Janssen nicht auf sich sitzen lassen. In einer persönlichen Stellungnahme der Vorsitzenden der Geschäftsführung, Dr. Iris Zemzoum, verteidigt sie das Unternehmen und betont: Janssen pflege „seit Jahrzehnten sehr gute partnerschaftliche Kontakte mit den Apothekern“. „Partnerschaftlich“ bedeute für das Unternehmen aber„auch das Geschäftsrisiko beidseitig zu tragen“. 

Eine Pauschale Erstattung lehnt Janssen ab

Trotz des Grolls ließ man den Gesprächsfaden nicht abreißen, auch informierte sich Dr. Iris Zemzoum, Vorsitzende der Geschäftsleitung von Janssen, persönlich über die Auswirkungen für die betroffenen Apotheken. Das Ergebnis dieser Gespräche gab Janssen am gestrigen Donnerstag bekannt. Ab sofort will Janssen den Apotheken für Janssen-Arzneimittel quartalsweise einen Ausblick zu anstehenden Preisverhandlungen mit möglichen Preisänderungen für Großhandel und Apotheken geben. Sobald das Unternehmen den neuen Preis kennt, will es diesen weiterleiten. Das habe man aber bisher auch schon getan, heißt es in der Mitteilung. Außerdem will Janssen eine Härtefallregelung einführen. Als Härtefall gilt, wenn zwischen der Information der Apotheken über das konkrete Datum der Preisänderung und deren Inkrafttreten weniger als drei Wochen liegen und die Preisdifferenz mehr als 50 Euro pro Packung beträgt. In diesen Fällen, so das Unternehmen, biete man eine Erstattung an. Die Regelung soll rückwirkend zum 1. August 2018 gelten. Eine pauschale Erstattung lehnt die zum US-Konzern Johnson&Johnson gehörige Firma weiterhin ab. 

Apotheker: Grundproblem bleibt ungelöst

In der Mitteilung heißt es außerdem, der Zeitraum bis zum Inkrafttreten des neuen Preises sei mit zwei Wochen ungewöhnlich kurz und die Preissenkung höher als im Schnitt gewesen. Da man davon ausgehe, dass die Zahl der gesetzlich vorgeschriebenen Preisänderungen in Zukunft eher zunehmen werde, führe man nun diese zusätzlichen Maßnahmen ein, um die Apotheken bei einer wirtschaftlichen Bevorratung zu unterstützen.

DAH2KA-Vorstandsmiteglied Erik Tenberken begrüßt den gefundenen Kompromiss und das Entgegenkommen von Janssen. „Man bewegt sich“, sagt er gegenüber DAZ.online. Er betont aber auch, dass das grundsätzliche Problem nicht gelöst sei. Apotheker seien nun mal gesetzlich verpflichtet, den Bedarf für eine Woche vorzuhalten, und bei einer Schwerpunktapotheke wie seiner sei das nun mal mehr als eine Packung. Die Auffassung von Janssen, partnerschaftlich bedeute, dass Apotheker das Geschäftsrisiko mittragen müssen, teilt er nicht. Sie seien ja auch nicht partnerschaftlich am Gewinn beteiligt, erklärt der Kölner Apotheker. Man werde aber seitens der DAH2KA weiter mit Janssen sprechen und versuchen, gemeinsam eine Lösung zu finden, so Tenberken. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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