Schriftliche Stellungnahme

ABDA kontert Monopolkommission in Sachen Apothekenhonorar

Berlin/Süsel - 21.09.2018, 17:50 Uhr

Unklare Sicht auf die Dinge: Die ABDA kritisiert die Monopolkommission für ihre Sichtweise auf den Apothekenmarkt. Auch der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) will an der Arzneimittelpreisverordnung nichts ändern. ( r / Foto: Imago)

Unklare Sicht auf die Dinge: Die ABDA kritisiert die Monopolkommission für ihre Sichtweise auf den Apothekenmarkt. Auch der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) will an der Arzneimittelpreisverordnung nichts ändern. ( r / Foto: Imago)


Die Monopolkommission stellte in ihrem Hauptgutachten Anfang Juli klar, dass sie das Apothekenhonorar gerne deregulieren würde. Darauf folgte zunächst eine kurze Kritik von ABDA-Präsident Friedemann Schmidt. Nach einer Aufforderung zur Stellungnahme von der Bundesregierung hat die ABDA nun auch schriftlich Position bezogen. Darin begründet sie, warum der „sanfte Preiswettbewerb“ der Kommission für Apotheken ein Irrweg ist. Außerdem kritisiert die ABDA dabei das 2HM-Honorargutachten, auf das die Monopolkommission verwiesen hatte.

Anfang Juli blies die Monopolkommission einmal mehr zum Angriff auf den Apothekenmarkt. In ihrem knapp 500-seitigen Hauptgutachten 2018 widmen die Wettbewerbshüter ein ganzes Kapitel der Arzneimittelpreisverordnung. Ihr Fazit: Den Apothekern sollte ermöglicht werden, Rabatte auf Rx-Arzneimittel zu gewähren, außerdem sollten alternative Abgabemöglichkeiten wie Arzneimittelautomaten ausgebaut und das Apothekenhonorar reformiert werden. Die Fachverbände wurden in den vergangenen Wochen um eine Stellungnahme gebeten, die ABDA hat diese nun schriftlich eingereicht.

In ihrer schriftlichen Stellungnahme an die Bundesregierung erinnert die ABDA zunächst an ihre grundsätzliche Kritik am Modell des „sanften Preiswettbewerbs“, das die Monopolkommission schon 2006 und 2010 beschrieben hatte. Bei diesem Modell sollen die Patienten in verschiedenen Apotheken unterschiedliche Servicepauschalen entrichten. Die ABDA zitiert Stellungnahmen der damaligen Bundesregierungen, die das Modell abgelehnt hatten. Dazu hatte die Bundesregierung 2007 erklärt: „Die dargestellten wettbewerblichen und ökonomischen Aspekte können nicht gegen die Anforderungen der Arzneimittelsicherheit und der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung aufgewogen werden“ (siehe Bundestagsdrucksache 16/5881, S. 15 f.). Außerdem hatte die Bundesregierung die einheitliche sozialrechtliche Regelung der Zuzahlungen betont. Diese werde bei einer Herausnahme der Arzneimittel durchbrochen. Im Jahr 2010 hatte die Bundesregierung erklärt, an einheitlichen Abgabepreisen für Rx-Arzneimittel festzuhalten, und betont: „Im Sachleistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung werden verschreibungspflichtige Arzneimittel bis auf wenige Ausnahmen von den gesetzlichen Krankenkassen und nicht direkt vom Endverbraucher finanziert“ (Bundestagsdrucksache 17/4306, S. 4). Nach dieser Rückschau erklärt die ABDA, die Idee des „sanften Preiswettbewerbs“ leide nach wie vor „an grundsätzlichen Mängeln, die ihre Realisierbarkeit massiv bezweifeln lassen“.

Gleichpreisigkeit gehört zum System

Im zweiten Kapitel ihrer Stellungnahme erklärt die ABDA die Bedeutung der Rx-Preisbindung. Die Gleichpreisigkeit sei integraler Bestandteil des Versorgungssystems. Ein solches tragendes Element könne nicht ohne Schaden für das System entfernt werden. Die sachlichen und personellen Voraussetzung für apothekerliche Leistungen müssten finanziert werden. Der Ausschluss des Preiswettbewerb verhindere Fehlanreize bei Apothekern und unsachliche Beeinflussungen der Patienten. Die Preisbindung sichere die Unabhängigkeit der Beratung. Dabei betont die ABDA die Grundidee einer Mischkalkulation, bei der einzelne Leistungsbestandteile nicht separat vergütet werden. Der einheitliche Preis sei auch die Grundlage für Steuerungselemente der GKV mit einem Sachleistungssystem, das nach dem Solidarprinzip organisiert ist. Patienten würden vor Überforderung geschützt und könnten frei zwischen Apotheken wählen. Die Gleichpreisigkeit verhindere, dass Kostenträger ihre Versicherten unter rein finanziellen Aspekten lenken. Außerdem betont die ABDA die Sicherstellung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung. Wegen der  Niederlassungsfreiheit könne der Staat die Apothekenanzahl nur über die Vergütung steuern. Wenn die Patienten aus finanziellen Gründen lange Bezugswege in Kauf nähmen, würden Apotheken in wirtschaftlich schwachen und dünn besiedelten Region weiter geschwächt.

„Sanfter Preiswettbewerb“ untauglich

Die Monopolkommission hatte allerdings argumentiert, der „sanfte Preiswettbewerb“ werde die ländliche Versorgung stärken. Das Modell sieht vor, dass Apotheken jeweils eine Servicepauschale festlegen, die die Zuzahlung ersetzt. Ländliche Apotheken sollten sich dabei durch höhere Pauschalen finanzieren. Dabei erwartet die Monopolkommission, die Patienten auf dem Land würden höhere Pauschalen zahlen, um sich weitere Wege zu günstigeren Apotheken zu ersparen. Doch die ABDA erklärt in einem weiteren Kapitel ihrer Stellungnahme, warum sie dies für einen Fehlschluss hält.

Die ABDA führt aus, Patienten würden die räumliche Nähe in verschiedenen Situationen unterschiedlich bewerten. Chroniker könnten ihren Bedarf meist langfristig planen und würden auf Preissteigerungen stärker als Akutpatienten reagieren. Wenn die Chroniker von ländlichen Apotheken abzögen, wäre die Existenzgrundlage dieser Apotheken zerstört. Dabei bemängelt die ABDA auch den „logistisch“ geprägten Blick der Monopolkommission, die auf Pick-up-Stellen und Dispensierautomaten verwiesen hatte. Auch die Abwanderung zu solchen Systemen entzöge den Apotheken ihre Existenzgrundlage. Zudem verweist die ABDA auf die Erfahrung anderer Branchen und sie zeigt den Widerspruch zum Solidarprinzip auf.

Versorgungauftrag nicht hinreichend berücksichtigt

Die ABDA kritisiert auch die grundsätzliche Sicht der Monopolkommission zur Bemessung der Apothekenvergütung. Die Kommission berücksichtige die Sicherstellung der Versorgung nicht besonders, sondern allenfalls gleichrangig zum Preisniveau. Dies verkenne den Ansatz des Gesetzgebers, „der seine grundrechtlich zwingend vorgegebenen Schutzpflichten gegenüber der Bevölkerung im Arzneimittelgesetz und im Apothekengesetz umgesetzt“ habe. Auch das Wirtschaftlichkeitsgebot selbst sei nicht auf ein niedriges Preisniveau, sondern auf einen Ausgleich von Grundrechtspositionen ausgerichtet - und diese Abwägung habe der Gesetzgeber in den geltenden Gesetzen getroffen.

Auch das Modell neu definierter Notapotheken wird nach Einschätzung der ABDA nicht funktionieren. Denn es sei unrealistisch, eine Apotheke für einen begrenzten Ausschreibungszeitraum einzurichten und Personal dafür zu finden. Zudem argumentiert die ABDA, die Monopolkommission überschätze das Potenzial von Einschreibemodellen. Diese seien mit vielen organisatorischen Problemen verbunden und eine Pauschalvergütung übertrage das Mengenrisiko auf die Apotheken.

Die ABDA weist zudem ausführlich auf jüngste wissenschaftliche Erkenntnisse zur Wirkung regulierter Preise bei freien Berufen hin. Diese würden im Gutachten nur in einer Fußnote erwähnt. Pikanterweise geht es dabei um eine Publikation des früheren Vorsitzenden der Monopolkommission, Prof. Dr. Justus Haucap, der deutliche Vorteile fester Preise in regulierten Märkten festgestellt hatte.

Kritik am Honorargutachten

Im letzten Abschnitt ihrer Stellungnahme geht die ABDA auf das 2HM-Gutachten zur Apothekenhonorierung ein, weil auch die Monopolkommission darauf verwiesen hatte. Bisher hatte die ABDA das 2HM-Gutachten totgeschwiegen - in der Annahme, es damit aus der öffentlichen Diskussion heraushalten zu können. Nun äußert die ABDA deutliche Kritik. Sie spricht von „einem fehlenden Grundverständnis der Materie im 2HM-Gutachten“ und erklärt: „Schon das fehlende Verständnis dessen, was Apotheken leisten und welche Rahmenbedingungen sie dabei zu beachten haben, macht das 2HM-Gutachten als Grundlage für Handlungsempfehlungen unbrauchbar.“ Zudem kritisiert die ABDA den „inkonsistenten Umgang“ der Monopolkommission mit dem 2HM-Gutachten. Die Monopolkommission kritisiere die Berechnungsgrundlagen und Methoden von 2HM, beziehe sich dann aber darauf. Dies schwäche wiederum die Empfehlungen der Monopolkommission.

BAH steht Apothekern bei

Übrigens hat auch der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) eine schriftliche Stellungnahme eingereicht, in der er die derzeitigen Regulierungen in der Arzneimittelpreisverordnung vehement verteidigt. „Kritisch zu sehen ist hierbei insbesondere die Forderung, den einheitlichen Apothekenabgabepreis aufzugeben, der zu den maßgebenden Säulen des deutschen gesetzlichen Krankenversicherungssystems gehört. Viele, wenn nicht alle sozialrechtlichen Instrumentarien der Erstattung von Arzneimitteln fußen auf dem einheitlichen Apothekenabgabepreis, nämlich die Festbetragsregelung, die Abschläge nach §§ 130, 130a Sozialgesetzbuch (SGB) V, die Durchführung der Rabattverträge etc.“, kommentiert der Pharma-Verband.

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Schon eine teilweise Lockerung hätte „erhebliche Konsequenzen“ zur Folge. Und weiter: „Hinzukommen die negativen Auswirkungen auf die Struktur des Apothekenmarktes. Zu erwarten sind eine geringere Apothekendichte, ein steigender Konzentrationsprozess, eine sinkende Angebotsvielfalt sowie eine sozialrechtlich mehr als fragwürdig zu betrachtende Benachteiligung der Landbevölkerung, die im Wettbewerb höhere Preise in der Vor-Ort-Apotheke zu zahlen hätte.“



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Monopolkommission

von Christoph Stackmann am 22.09.2018 um 7:55 Uhr

Sinn und Zweck der Monopol- Kommission ist, so könnte man meinen, Monopole zu erschaffen, die sie dann evtl anprangern kann.

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Monopolkommision

von Conny am 21.09.2018 um 19:03 Uhr

Die Monopolkommision würde gut zu den drei Blinden Nahles, Merkel und Herrn Seehofer passen. Nachverhandlung im Fall Maassen, was für Vollpfosten.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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