Entwurf für Gesetzesänderung vorgelegt

Referenzpreissystem in der Schweiz: Jetzt wird es ernst

Remagen - 21.09.2018, 09:00 Uhr

System in Gefahr? Die Einführung eines Referenzpreissystems für Arzneimittel in der Schweiz gefährdet nach Meinung vieler die Versorgung. ( r / Foto: D.Gruber / stock.adobe.com)

System in Gefahr? Die Einführung eines Referenzpreissystems für Arzneimittel in der Schweiz gefährdet nach Meinung vieler die Versorgung. ( r / Foto: D.Gruber / stock.adobe.com)


Apothekerpräsident Vaucher sieht schwarz

Die Allianz beklagt, dass der Schweizer Bundesrat zur Dämpfung des Prämienwachstums im Gesundheitswesen zum wiederholten Male den Hebel bei der Versorgungssicherheit durch Apotheken, Spitalapotheken und Hausärzten ansetzt. Das sei umso unverständlicher, als gerade in diesem Bereich in den vergangenen Jahren schon mehrere hundert Millionen Franken eingespart worden seien. Dies konnte Gregor Pfister, Associate Director von IQVIA Schweiz, mit Zahlen belegen. Statt der vom BAG geschätzten 60 Millionen Franken habe die letzte Preissenkungsrunde mehr als 190 Millionen Franken eingefahren, erläuterte Pfister. In diesem Jahr bedeute das für die Vertriebskanäle für Arzneimittel Einsparungen von über 40 Millionen, dreimal so viel wie geplant. 

Bereits jetzt setze die jährliche Anpassung der Medikamentenpreise sämtliche Akteure, die Medikamente abgeben oder vertreiben, stark unter Druck, so die Kritik der Betroffenen. Die Kostendeckung aus dem geregelten Vertriebsanteil verringere sich von Jahr zu Jahr, bei steigenden Kosten für Personal, Mieten oder Infrastruktur. Laut pharmaSuisse-Präsident Fabian Vaucher bringt dies jede vierte Apotheke in wirtschaftliche Bedrängnis und verschärft die Situation existenzbedrohter Apotheken zusätzlich. Würden die Maßnahmen effektiv eingeleitet, sieht Vaucher schwarz: „Die Anpassungen im Preismodell werden nicht nur die Sortimentsvielfalt in den Apotheken drastisch reduzieren, sondern im schlimmsten Fall auch zu Schließungen von Apotheken auf dem Lande und im Quartier führen, mit klaren Folgen für die Grundversorgung und die Patienten“, befürchtet er. 

500 Millionen Franken Einsparungen durch andere Lösungsvorschläge

Die breite Allianz kritisiert die geplanten Revisionen zwar scharf, meckert aber nicht nur. Sie präsentiert auch Lösungsvorschläge, die sie gemeinsam mit dem BAG weiter ausarbeiten und umsetzen will. Wie Vaucher bei der Presskonferenz darlegte, sollten sich durch eine bessere Generikadurchdringung 150 Millionen Franken an Einsparungen erzielen lassen, und weitere 100 Millionen durch ein effektives Preisbildungs- oder Festsetzungsmodell. Dabei hat er die drei umsatzstärksten Medikamentengruppen (Immunsuppressiva, Krebsmedikamente, Antiviralia) im Visier, die im Jahr 2016 28 Prozent der gesamten Medikamentenkosten verursachten, bei gerade mal 1,8 Prozent der Bezüge. 50 Millionen Franken könnten zudem durch Abgabe von Biosimilars gespart werden, vermutet er. Einen besonderen Beitrag zur Kostendämpfung leisteten die Apotheker durch Verstärkung der Therapietreue chronisch kranker Patienten, betonte Vaucher weiter. Hierfür stünden noch einmal 100 Millionen an Minderausgaben zu Buche, ebenso wie für die Vermeidung von Arzneimittelabfällen, etwa durch Beratung und die Abgabe adäquater Packungsgrößen. Gemäß Bundesrat landen Medikamente im Wert von mittlerweile 500 Millionen Franken jährlich im Abfall. Das Einsparpotential von 100 Mio. Franken hält er deshalb für realistisch. Macht Summa Summarum ein Einsparvolumen in Höhe von 500 Millionen Franken. 

Die Vernehmlassung für das erste Maßnahmenpaket dauert bis zum 14. Dezember 2018. Spätestens bis Ende 2019 soll der Bundesrat das zweite Maßnahmenpaket in die Anhörung schicken. Schwerpunkte sollen die Bereiche Arzneimittel, angemessene Versorgung und Transparenz sein.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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