Barrierefreiheit

Drei Stufen zu viel: Apotheke darf nicht wiedereröffnet werden

Berlin - 20.09.2018, 12:45 Uhr

Die traditionsreiche Pelikan-Apotheke in Düsseldorf steht vor dem Aus, weil drei Stufen am Eingang eine Wiedereröffnung verhindern. (r / Foto: Knell)

Die traditionsreiche Pelikan-Apotheke in Düsseldorf steht vor dem Aus, weil drei Stufen am Eingang eine Wiedereröffnung verhindern. (r / Foto: Knell)


Widerspruch gegen Bescheid – oder andere Lösung?

Vier Wochen hat Knell jetzt Zeit, um gegen den ablehnenden Bescheid des Gesundheitsamtes vom 14. September 2018 Widerspruch einzulegen. Zunächst wolle sie noch einen Termin mit dem Amtsapotheker abwarten, der wahrscheinlich im Laufe der nächsten Woche stattfinden werde. Sie erhofft sich durch ein klärendes Gespräch einen Durchbruch und eine andere Einschätzung der Lage – nicht zuletzt für die enttäuschten Stammkunden, die immer noch „ihrer“ Pelikan Apotheke nachtrauern würden. „Einen Interessenten zum Kauf der Apotheke findet sich unter geänderten Bedingungen bestimmt schnell“, da ist sich die Apothekerin sicher. Und etwas anderes als einen Apothekenbetrieb wünsche sie sich zudem für die Räumlichkeiten der Pelikan Apotheke nicht.

Apotheke nach Schließung – Warten auf die Möglichkeit der Wiedereröffnung. (Foto: Knell)

Barrierefreiheit – gleiche Voraussetzungen für alle?

Seit 2012 schreibt die Apothekenbetriebsordnung einen barrierefreien Zugang zur Apothekenoffizin vor. Alle Kunden sollen so die Möglichkeit erhalten, selbstständig in die Apotheke gelangen zu können. Da es sich um eine sogenannte „Soll-Regelung“ handelt, gibt es allerdings einen gewissen Spielraum für Interpretationen und Ausnahmeregelungen – zumindest theoretisch. Apotheken verfügen natürlicherweise über gänzlich unterschiedliche Voraussetzungen. Während die einen von vornherein über einen ebenerdigen Zugang und Automatiktüren verfügten und keine Maßnahmen ergreifen mussten, befinden andere sich wiederum in denkmalgeschützten Gebäuden, die einen Umbau erschweren oder sogar unmöglich machen. 

Ein anderes Problem stellten mit Inkrafttreten der Änderungen die Kosten für die betroffenen Apotheken dar. Eine Schieflage entstand hier nicht nur bezüglich der Konkurrenz-Apotheken, die keinen Umbau durchführen mussten, sondern auch gegenüber den Ärzten, denen im Gegensatz zu den Apothekern vergünstigte Kredite durch die Bundesregierung versprochen wurden – DAZ.online berichtete. Die ABDA verwies damals darauf, dass gegebenenfalls erforderliche Umbaumaßnahmen für die meisten Apotheker ihrer Einschätzung nach kein größeres Problem darstellen würden – und zudem zumeist bereits Barrierefreiheit vorläge. 

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UN-Behindertenkonvention und Bundesregierung fordern Barrierefreiheit

Hintergrund: Die UN-Behindertenkonvention fordert für Menschen mit Behinderungen den gleichen Schutz wie für Menschen ohne Behinderungen. Zur Umsetzung der Konvention hat die Bundesregierung im Jahr 2011 einen „Nationalen Aktionsplan“ vorgelegt. Dieser Plan möchte für alle Menschen mit Behinderungen einen barrierefreien Zugang zu allen gesellschaftlichen Bereichen - einschließlich Gesundheitsdiensten und Gesundheitsdienstleistungen – erreichen. 



Inken Rutz, Apothekerin, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Jo mei

von Peter Lahr am 21.09.2018 um 12:28 Uhr

Auf DAZ Zitat:

"Nach § 4 Abs. 2a Satz 1 ApBetrO n. F. "soll" die Offizin barrierefrei erreichbar sein. Eine Soll-Vorschrift ist für den Juristen eine Bestimmung, die ein Tun oder Unterlassen für den Regelfall vorschreibt, Abweichungen aber bei Vorliegen besonderer Umstände gestattet.

Lässt sich die Barrierefreiheit nur mit einem solchen Aufwand erreichen, der außer Verhältnis steht zu dem mit ihm verfolgten Zweck oder rechtlich gesehen schon gar nicht zulässig ist (mangels öffentlich-rechtlicher Genehmigungsfähigkeit) und andere Maßnahmen zur Herbeiführung von Barrierefreiheit ausscheiden, kann daher davon abgesehen werden, den Zugang zur Offizin barrierefrei zu gestalten. Ein weiterer Gesichtspunkt in diesem Zusammenhang kann auch sein, ob sich eine (bereits jetzt schon) barrierefrei zugängliche Apotheke im näheren Umkreis befindet."

Ergo überinterpretiert die Behörde wohl durch die Auslegung von SOLL zu MUSS. Ob man in diesem Zusammenhang schon von Willkür sprechen kann sei dahingestellt.

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