Österreich

Poststelle in Apotheke: Win-Win-Situation?

Berlin - 07.09.2018, 14:15 Uhr

Neue
Poststelle in der Apotheke Altlengbach in Niederösterreich. ( r / Bild: Apotheke Altlengbach, Maria Nagler)

Neue Poststelle in der Apotheke Altlengbach in Niederösterreich. ( r / Bild: Apotheke Altlengbach, Maria Nagler)


Die Apotheke als Postpartner – seit einigen Jahren ist das in Österreich bereits Realität. Ähnlich wie in Deutschland sucht auch die österreichische Post nach Möglichkeiten, den Postservice durch Partnerschaften mit dem Einzelhandel anbieten zu können. Der Unterschied: Auch Apotheken sind mit an Bord. Doch lohnt sich das für die Apothekeninhaber? DAZ.online hat bei zwei Apotheken nachgefragt.  

Österreich und Deutschland haben beide ein Problem mit der Ausdünnung des Angebotes im Bereich Einzelhandel, Ärzte, Apotheken und sonstige Serviceangebote wie der Post. Besonders gefürchtet sind Kettenreaktionen à la Supermarkt weg, Arzt weg, Apotheke weg. Die österreichische Post versucht, dem entgegenzuwirken und mit ihrem Postpartner-System auch dort einen Postservice anzubieten, wo es ansonsten keinen mehr geben würde. Auch Apotheken sind an diesen Partnerschaften beteiligt. Die Post verspricht laut eigener Angaben eine „Win-Win-Situation“ für alle Beteiligten. Doch ist das auch immer so? 

Postshop in der Apotheke – neuer Service in Altlengbach

Altlengbach ist mit ca.1000 Einwohnern die größte der 26 Ortschaften der Marktgemeinde Altlengbach in Niederösterreich. Seit Oktober 2016 verfügt die Gemeinde auch über eine Apotheke, die Apotheke Altlengbach von Maria Nagler. Bis dahin gab es in dem kleinen Ort nur ärztliche Hausapotheken, um die Bevölkerung zu versorgen. Zur Erklärung: In Österreich gibt es im Unterschied zu Deutschland eine Bedarfsplanung und keine Niederlassungsfreiheit

Postschalter in der Apotheke (Quelle: Apotheke Altlengbach, Maria Nagler)

Seit dem 30. August dieses Jahres gibt es eine weitere Neuerung zu bestaunen: die frisch eröffnete Poststelle in den Räumen der Apotheke. In einer separaten Ecke in der mit 220 Quadratmetern auch ausreichend großen Apotheke sei der neue Postschalter nun untergebracht, beschreibt Nagel gegenüber DAZ.online die neue Poststelle. Die Postabläufe, Brief- und Paketdienst ebenso wie Bankgeschäfte, wären zudem vollständig getrennt vom Apothekenbetrieb. Die Apothekenbetriebsordnung und andere apothekenrechtliche Bestimmungen würden eingehalten, versichert Nagel auf Nachfragen. Gleichzeitig verweist die Altlengbacher Apothekerin auf die in Österreich schon seit vielen Jahren bestehenden Postpartnerschaften mit Apotheken. 

Die Postpartnerschaft sei notwendig geworden, da der örtliche Tabakladen, der bisher die Postgeschäfte übernommen hatte, diese nicht weiterführen wollte. Die Gemeinde sei deshalb auf sie zugekommen und habe gefragt, ob die Apotheke nicht an einem solchen Zusatzservice interessiert sei. „Meine Apotheke hat 44 Stunden geöffnet. Die Gemeinde hätte hingegen nur einen Service von 20 Stunden anbieten können. Das ist zu wenig und auch nicht gut für alle, die ihre Erledigungen noch nach Feierabend tätigen wollen“, erläutert Nagel. Der Hauptgrund auf die Anfrage einzugehen, sei für sie die Kundenfrequenz gewesen, gibt sie unumwunden zu. „Da fällt doch immer auch mal was für die Apotheke ab. Die Leute schauen hier und schauen da. Und manchmal kaufen sie auch was.“ Zudem biete die Post je nach Leistungsangebot der Poststelle eine unterschiedlich hohe Provision.

Gemeinde ist froh – und Apotheke hofft

Maria Nagler ist dementsprechend zuversichtlich, dass der Service bei den Altlengbachern auch weiterhin gut ankommen wird und sich die Postpartnerschaft auch für die Apotheke lohnen wird. Dies zeigten zumindest erste Erfahrungen: „Es ist ein sehr gutes Feedback. Wir merken es schon deutlich an den Kundenzahlen.“ Vier Wochen sei der Ort ohne Post gewesen. „Die Leute freuen sich, dass sie nicht mehr die sechs Kilometer bis in den nächsten Ort fahren müssen.“ Das sei besonders für alte Menschen und solche ohne eigenes Auto eine sehr schwierige Situation gewesen. Die Altlengbacher Apothekerin hofft zudem auf langfristige Vorteile für die Apotheke – und das trotz der zusätzlich angestellten Mitarbeiterin für die Poststelle.

Erster Apotheken-Postpartner Wiens

Auf eine wesentlich längere Geschichte als Postpartner schaut die Kur-Apotheke Oberlaa in Wien zurück. Sie war im Jahre 2009 die erste Apotheke Wiens, die eine Postpartnerschaft eingegangen ist. Apothekenleiterin Mariana Passl erzählt DAZ.online von ihren langjährigen Erfahrungen – und davon, wie alles anfing. Damals habe sich die Situation ergeben, dass die angestammte Poststelle geschlossen wurde. Die traditionelle örtliche Nähe zwischen Post und Apotheke ließ die Wiener Apothekerin um ihre Kundenströme bangen. „Ich hatte einfach Angst, dass mir meine Kundenfrequenz abhandenkommt“, beschreibt sie die Situation.

Passl habe sich damals für die Postpartnerschaft entschieden, obwohl es totales Neuland gewesen sei. Die Post verlange eine spezielle Schulung. So sei sie genauso wie alle anderen, die in ihrer Apotheke am Postschalter arbeiten, für den Postdienst geschult worden. Zunächst hätte noch eine Postbeamtin geholfen, die Vorgänge besser kennenzulernen. Danach seien sie allein verantwortlich gewesen. Die Post habe alles Notwendige, vom Schalter bis zur Extrakasse, kostenlos zur Verfügung gestellt. Auch einen Computer mit spezieller „Postsoftware“ gäbe es. Es handele sich zudem um vollkommen getrennte Vorgänge, der Apothekenbetrieb und der Postbetrieb, versichert Passl.

„Es kommen natürlich immer alle gleichzeitig“

Mariana Passl sei mit ihrer Entscheidung immer noch ganz zufrieden, obwohl es finanziell nicht sehr viel für die Apotheke einbringe. „Es kommt gerade so hin mit den Kosten, denn ich muss ja Personal dafür abstellen.“ Die langen Öffnungszeiten ihrer Apotheke mit 54 Stunden führen auch zu langen Öffnungszeiten der Poststelle – und immer muss auch dafür jemand Zeit haben. „Es kommen natürlich immer alle gleichzeitig und sind dann verwundert, wenn kein Angestellter am Postschalter steht, da gerade alle im Apothekenbereich beschäftigt sind“, schmunzelt Passl über die eine oder andere fast schon absurde Situation. So sei sie auch schon gefragt worden, ob es denn nun notwendig sei, für den Postdienst zu studieren.

Die Kunden würden aber durchaus häufig ihre Postangelegenheiten mit Einkäufen in der Apotheke verbinden, so dass die Kalkulation insgesamt aufgehen würde. Etwas erstaunt zeigt sich die Wiener Apothekerin allerdings über einige Kunden, die zwar ihre Post in der Apotheke abgeben oder bestellte Päckchen abholen würden, aber danach ihre Rezepte in benachbarten Apotheken einlösen würden. Dennoch sei sie insgesamt zufrieden mit ihrer damaligen Entscheidung, auch wenn es nicht immer einfach im Alltag sei: „Ich würde es immer wieder machen, weil es für mich auch eine gute Rückversicherung ist, dass ich für die Aufrechterhaltung der Kundenströme alles Notwendige getan habe“ resümiert Passl.



Inken Rutz, Apothekerin, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Muss nicht sinnvoll sein.

von Kritiker am 08.09.2018 um 14:38 Uhr

Eine lokale Apotheke fungiert auch als Paketshop eines Paketdienstes. Lt Hörensagen ist der Paketshop unwirtschaftlich und das Zusatzgeschäft der Apotheke im klassischen Apothekengeschäft mit der Paketshopkundschaft ist bescheiden.

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Die Crux mit dem Versandhandel...

von Robert Penzis am 08.09.2018 um 9:25 Uhr

Gerade im ländlichen Bereich in Deutschland kann es auch passieren, dass die Post in der Apotheke für den Betrieb eines Schalters nachfragt (die attraktven Öffnungszeiten und der fehlende Betriebsurlaub locken da schon).
Aber wäre es nicht irgendwie komisch, Pakete von Versandapotheken dem Kunden zu überreichen?

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