Beratungsquickie

Alternativen zu Iberogast bei Schwangeren

Stuttgart - 13.09.2018, 17:50 Uhr

 Gibt es pflanzliche Alternativen zu Iberogast in der Schwangerschaft? (MeganBetteridge / stock.adobe.com)

 Gibt es pflanzliche Alternativen zu Iberogast in der Schwangerschaft? (MeganBetteridge / stock.adobe.com)


Alternative Arzneimittel zu Iberogast bei Magen-Darm-Beschwerden bietet die Apotheke zu Hauf. Allerdings ist Iberogast ja ab sofort nicht für das Gros der Patienten mit Magen-Darm-Beschwerden kontraindiziert, sondern für Schwangere, Stillende und Patienten mit Leberinsuffizienz. Gasteo®, Carmenthin®, Myrrhinil® intest oder Gastrovegetalin® – dürfen Schwangere diese Arzneimittel nehmen? Was empfiehlt Embryotox?

Jetzt ist es offiziell: „Iberogast® darf von Schwangeren und Stillenden nicht eingenommen werden“. Diesen Hinweis setzt Bayer nun innerhalb der nächsten vier Wochen in Gebrauchs- und Fachinformation zu Iberogast um. Seither steht in der Packungsbeilage zu lesen: „Hinweise  für  Bedenken hinsichtlich  der  Anwendung  während der Schwangerschaft und Stillzeit ableiten.Gleichwohl  soll  Iberogast® während der Schwangerschaft und Stillzeit nur nach Rücksprache mit einem Arzt eingenommen werden.“

Nicht für Schwangere: Gasteo, Carmenthin, Myrrhinil intest

Allerdings sieht es bei den weiteren, potenziell alternativen pflanzlichen Arzneimitteln hier nicht rosiger aus. Wie nun auch Iberogast®, dürfen Schwangere und Stillende Gasteo® nicht einnehmen. Das Phytopharmakon ist ein „traditionelles Arzneimittel“, das bedeutet: Gasteo® ist ausschließlich registriert, und das auf Basis einer langjährigen Erfahrung. Es enthält eine Extrakt aus sechs Pflanzen.

Auch Carmenthin® ist ein von Pharmazeuten empfohlenes pflanzliches Präparat. Vor allem Patienten mit Blähungen, Krämpfen oder ein Völlegefühl sind die Zielgruppe des Pfefferminz- und Kümmelöl-haltigen Arzneimittels. Doch Schwangeren und Stillenden rät Dr. Wilmar Schwabe von der Anwendung ab.

Magen-Darm-Beschwerden: Gibt es Phytos für die Schwangerschaft?

Nicht besser beschieden ist es für das mellissenhaltige Arzneimittel Gastrovegetalin®. Nicht empfohlen, weder für Schwangere noch für Stillende. Dreierlei® Tropfen sind ebenfalls kontraindiziert. Was ist mit Myrrhinil® intest? Fehlanzeige auch beim traditionell angewendeten Arzneimittel aus Myrrhe, Kamille und Kaffekohlepulver. Und auch Pascoventral® dürfen Schwangere und Stillende nicht nehmen.

So reich der Phyto-Schatz bei gastrointestinalen Beschwerden also ist, desto dünner wird es bei Schwangeren. Da ist diese Indikation jedoch kein Sonderfall. Was empfiehlt Embryotox bei Gastritis, Blähungen und Sodbrennen?

Was sagt Embryotox?

Offenbar sind die gängigen Phytotherapeutika aus dem Magen-Darm-Bereich bei werdenden oder stillenden Müttern kontraindiziert oder zumindest nicht empfohlen. Wie auch bei schulmedizinischen Wirkstoffen prüft und hinterfragt Embryotox sehr kritisch die Sicherheit pflanzlicher Präparate in Schwangerschaft und Stillzeit. Allerdings ist häufig die Datenlage zu phytotherapeutischen Arzneimitteln in der Schwangerschaft wohl noch schlechter als bei Wirkstoffen aus der Schulmedizin. Was sagen die Experten?

Gastritis bei einer Schwangeren

Bei säurebedingten Beschwerden wie Reflux empfiehlt Embryotox als Mittel der Wahl – je nach Schwere der Beschwerden SucralfatRanitidin oder Omeprazol. Liegt eine akute Gastritis vor, heilt diese „oft nach Meiden der exogenen reizenden Noxen und gegebenenfalls passagerer Nahrungskarenz/Diät spontan ab", schreibt Embryotox. Ist eine medikamentöse Therapie erforderlich, so sind die Antacida Magaldrat oder Sucralfat Mittel der ersten Wahl. Wie bei einer Reflux-Ösophagitis (siehe oben) kann der H2-Rezeptorantagonist Ranitidin eingesetzt werden (75 mg rezeptfrei). Erst wenn auch mit Ranitidin die Beschwerden der Schwangeren nicht ausreichend gelindert sind, „kann als Protonenpumpenhemmer Omeprazol verwendet werden".

Bei Ranitidin und Omeprazol ist der Erfahrungsumfang in der Schwangerschaft „hoch“ und „sehr hoch“. Hinweise auf ein teratogenes oder fetotoxisches Potenzial liegen nach aktueller Datenlage nicht vor.

Blähungen in der Schwangerschaft

Leidet die Schwangere oder Stillende unter Blähungen, ist Simeticon während der kompletten Schwangerschaft eine Therapieoption. Das Karminativum wirkt rein physikalisch. Zwar ist der Erfahrungsumfang „gering“, allerdings sind aufgrund der Tatsache, dass Simeticon nicht resorbiert wird, teratogene oder fetotoxische Effekte nicht zu erwarten.

Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft

Neben Völlegefühl, Blähungen und Gastritis hat Iberogast auch eine Indikation bei Krämpfen und Übelkeit. Embryotox geht bei Übelkeit auf schwangerschaftsbedingtes Erbrechen ein. Als konservative Therapien empfiehlt Embryotox hier zunächst Trigger wie fettes, scharfes Essen oder bestimmte Gerüche zu meiden. Schwangere sollten eher regelmäßige kleine, kohlenhydrat- und proteinreiche Mahlzeiten zu sich nehmen und ausreichen trinken. Genüge dies nicht, kann „Doxylamin (in Kombination mit Pyridoxin) als Medikament der Wahl betrachtet werden, obwohl es in Deutschland nicht für Schwangerschaftserbrechen zugelassen ist“. Bis 2007 war Meclozin First-Line-Therapie, allerdings ist das Präparat in Deutschland nicht mehr erhältlich.

Doxylamin ist in den USA seit 2013 offiziell zugelassen für Schwangerschaftserbrechen. Ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko ist nach Einschätzung von Embryotox nicht bekannt.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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