Politikergespräche und Positionspapiere

Die neue Lobby-Offensive der Großhändler

Berlin - 07.09.2018, 11:45 Uhr

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch im Gespräch mit Alliance Healthcare-Vertriebsleiter Egbert Mann am Standort Rostock. (s / Foto: Alliance Healthcare)

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch im Gespräch mit Alliance Healthcare-Vertriebsleiter Egbert Mann am Standort Rostock. (s / Foto: Alliance Healthcare)


Die pharmazeutischen Großhändler intensivieren ihre politischen Lobby-Bemühungen. Derzeit vergeht fast keine Woche, in der nicht ein Bundestagsabgeordneter eine Großhandelsniederlassung besucht. Neuestes Beispiel: Dietmar Bartsch, Chef der Linksfraktion im Bundestag, erschien in einer Niederlassung von Alliance Healthcare in Rostock. Erste politische Erfolge scheinen die Unternehmen schon zu erzielen. Zumeist geht es um die Themen Vergütung, Rabatte/Skonti sowie die Abgrenzung zum Versandhandel.

Die Großhändler scheinen ihre Liebe für die politische Lobbyarbeit (wieder-)entdeckt zu haben: In den vergangenen Wochen mehrten sich die Meldungen, in denen von Politikerbesuchen in Großhandelszentralen oder -niederlassungen berichtet wurde. Die Gehe geht hier voran: Der Stuttgarter Pharmahändler stellte vor einigen Monaten die Berliner Politikexpertin Manuela-Andrea Pohl ein, die zuvor für den Kassenverband vdek arbeitete.

Martina Stamm-Fibich (SPD) mit Gehe-Chef Dr. Peter Schreiner (li.). (Foto: Gehe)

Der zur McKesson-Gruppe gehörende Händler, von dem man in den Vorjahren eher selten politische Statements vernahm, profitierte sofort von dieser Neueinstellung: In den vergangenen Wochen traf sich die Firmenspitze um Dr. Peter Schreiner unter anderem mit dem CDU-Arzneimittelexperten Michael Hennrich. Davor gab es bereits Treffen mit Karin Maag, der gesundheitspolitischen Sprecherin der Unionsfraktion, und Martina Stamm-Fibich (SPD).

Insbesondere die SPD-Arzneimittelexpertin schien beeindruckt nach dem Gehe-Besuch und erklärte danach: „Die geringen Margen des Großhandels haben mich überrascht.“ Wenig später gab der McKesson-Großhändler ein politisches Whitepaper heraus, in denen zahlreiche Forderungen an die Politik erhoben werden.

Abgrenzung zu Versandhändlern wichtiges Thema

Phoenix war ebenfalls nicht untätig: Ende August erschien die CDU-Politikerin Maag auch beim Mannheimer Pharmahändler, sprach über das Thema Einhaltung der Kühlkette beim Groß- und im Versandhandel, und ließ sich mit dem Satz zitieren: „Arzneimittelsicherheit ist für die Menschen in Deutschland ein wichtiges Thema und der Pharmagroßhandel ist für die schnelle und sichere Medikamentenversorgung unverzichtbar.“ Nur acht Tage später erschien Maag gemeinsam mit ihrem Fraktionskollegen Stephan Stracke (CSU) dann auch bei Alliance Healthcare. Anschließend sagte der CSU-Politiker: „Ich habe in Anbetracht der stark gestiegenen Kosten, die u.a. aus den Richtlinien für die Arzneimittelfälschung sowie des Themas Kühlkette resultieren, grundsätzlich Verständnis für die Forderungen des Großhandels nach einer Anpassung der Leistungsvergütung.“

Karin Maag (CDU) bei der Phoenix. (Foto: Phoenix)

Alliance Healthcare hat nun nachgelegt und kann erneut einen prominenten Politikerbesuch vermelden. Am vergangenen Mittwoch erschien Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch in der Alliance-Niederlassung in Rostock. Laut Alliance-Mitteilung war es für den Linken-Politiker der erste Besuch bei einem pharmazeutischen Großhändler. Die Gesprächsthemen waren unter anderem die rückgängige Apothekenzahl, die Mitarbeitersuche und die Anforderungen an den Großhandel. Insbesondere die GDP-Richtlinie und deren Einhaltung beim Groß- und im Versandhandel sollen für Gesprächsstoff gesorgt haben. Bartsch sagte dazu: „Es darf nicht sein, dass – zumal in einem regulierten Markt wie dem des Pharmagroßhandels – unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen herrschen.“

Erste politische Erfolge konnten die Großhändler mit ihrer neuen Lobby-Initiative schon erzielen: Wie der Großhandelsverband Phagro es nach dem sogenannten Skonto-Urteil gefordert hatte, will das Bundesgesundheitsministerium das Fixhonorar des Großhandels (70 Cent) nun unmissverständlich fixieren und für Rabatte sperren. Derzeit scheint es sogar nicht ausgeschlossen, dass das BMG sowohl Rabatte als auch Skonti begrenzen will – ebenfalls eine Forderung, die vom Phagro kommt. Und auch die Erhöhung des Großhandelshonorars, wie es die Gehe beispielsweise in ihrem Papier forderte, scheint bei einigen Politikern auf Gegenliebe zu stoßen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Ein aktueller Überblick über den Pharmagroßhandel in Deutschland

Platzhirsche unter Margendruck

CDU-Gesundheitsexperte Sorge besucht Niederlassung

Gehe fordert 96 Cent

Bundeskartellamt durchsucht Großhandelsniederlassungen

Razzien bei Pharmagroßhändlern

1 Kommentar

Mißverständnis bei Margenfragen

von Heiko Barz am 08.09.2018 um 11:05 Uhr

Die SPD „Gesundheitsexpertin“ Martina Stamm-Fibich war sichtlich erstaunt über die geringen Margen der Großhändler?
Ein Armutszeugnis bester Güte! Und das äquivalente Wissen um die Wirtschaftlichkeit Deutscher Apotheken wird bei ihr ebenso markant ausgeprägt sein.
Wie kann man von Leuten, die aus welchen Gründen auch immer in solche Positionen gedrängt wurden, eine valide Bewertung komplizierter Sachverhalte erwarten.
Bei dem Begriff „Gleichlange Spieße“ sieht sie wohl eher eine mittelalterliche Kampfszene !?
Da kann man sich auf ergebnisorientierte Diskussionen freuen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.