Arzneimittel-Skandal

Was wusste das BMG von der Lunapharm-Affäre?

Berlin - 30.08.2018, 07:00 Uhr

Das Bundesgesundheitsministerium wurde im März 2017 in einige Details des Lunapharm-Skandals eingeweiht. (Foto: imago images / Seeliger)

Das Bundesgesundheitsministerium wurde im März 2017 in einige Details des Lunapharm-Skandals eingeweiht. (Foto: imago images / Seeliger)


Im März 2017 war klar: Die griechische Apotheke durfte nicht handeln

Es folgen die beiden Fragen an die griechischen Behörden: Das Brandenburger Ministerium will wissen, ob die Apotheke O. eine Großhandelserlaubnis hat und die von Lunapharm vorgelegten Lizenz-Dokumente verifiziert werden können. Schließlich beschreiben die Brandenburger noch etwas genauer, welcher Verdacht im Raum steht: Man habe im November 2016 eine Untersuchung bei Lunapharm durchgeführt und Dokumente sichergestellt, die einen Handel mit der griechischen Apotheke O. beweisen. Man habe aber keine verifizierbare Großhandelslizenz der Apotheke vorgefunden. Verwiesen wird auch darauf, dass die griechische Arzneimittelbehörde in einem Schreiben mitteilte, dass Apotheken in Griechenland grundsätzlich nicht als Großhändler agieren dürfen. Und weiter: „Deswegen kommen wir zu der Schlussfolgerung, dass alle von der Apotheke O. gesendeten Medikamente gegen existierende gesetzliche Vorschriften gekauft wurden.“  Das bedeutet: Schon im März 2017, als die Brandenburger das BMG kontaktierten, war allen Beteiligten eigentlich klar, dass der Lunapharm-Handel mit Griechenland illegal war.

Was bedeutet das für die Rolle des BMG in der Lunapharm-Affäre? Klar ist: Das BMG war für diesen Fall nicht zuständig. Lunapharm ist in Brandenburg ansässig und somit ist auch die Brandenburger Arzneimittelaufsicht für die Kontrolle, Überwachung und alle Ermittlungen zuständig. Klar ist aber auch, dass zumindest einige wenige BMG-Mitarbeiter zumindest oberflächlich unterrichtet wurden. Und aus den Taskforce-Ermittlungen geht nicht hervor, dass das BMG in Brandenburg in irgendeiner Weise nachgehakt hat oder gefragt hat, warum Lunapharm weiterhin handeln darf, wenn so ein konkreter Verdacht besteht.

BMG-Sprecher: Kontakt fand auf Arbeitsebene statt

DAZ.online hat beim BMG nachgefragt. Ein Sprecher erklärte, dass der Fall lediglich auf Arbeitsebene behandelt wurde: „Auf Arbeitsebene hat der zuständige Referatsleiter im BMG diese [red. Anmerkung: Anfrage aus dem Brandenburger Gesundheitsministerium] weitergeleitet an seine juristische Ansprechpartnerin im griechischen Gesundheitsministerium. Die Anfrage bezog sich darauf, ob die griechische Apotheke legitimiert sei, Arzneimittel an einen Großhändler in Deutschland (Lunapharm) zu verkaufen. Die griechischen Behörden haben trotz nochmaliger Nachfrage nicht auf diese Anfrage reagiert. Dies wurde dem Gesundheitsministerium in Brandenburg so mitgeteilt.“

Wie ging der Fall nach dem BMG-Kontakt in Brandenburg weiter? Laut Taskforce-Bericht gingen zwischen der Brandenburger Aufsichtsbehörde, Lunapharm und der griechischen Aufsichtsbehörde im weiteren Verlauf des März 2017 und des April 2017 noch mehrere Schreiben hin und her. Ende Mai stand für die Brandenburger Aufsicht dann fest: Der Handel mit der griechischen Apotheke O. scheint illegal gewesen zu sein. Die Behörde sprach gegenüber Lunapharm ein Verbot aus, alle Arzneimittel, die von dieser Apotheke bezogen wurden, zu verkaufen. Von einem kompletten Entzug der Betriebserlaubnis war im Jahr 2017 nie die Rede.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Weglassen ist schändlich

von Dr. Andreas van de Valk am 30.08.2018 um 21:17 Uhr

Bereits seit dem 2.1.2013 ist das Schnellwarn- und Maßnahmensystem in Deutschland und der EU gegeben. In 24 Stunden ist jeder betroffene Patient informiert.

Leider kennt keiner § 67 Arzneimittelgesetz (AMG) oder gar § 34 AMG. Auch nicht der langjährige Abteilungsleiter im BFARM und Leiter der task force. Aber nach seinem Ausscheiden (2011) konnte er noch einen Beitrag (2014, Mann´s Pharmakovigilance) "Wie ist die Arzneimittelsicherheit in Deutschland organisiert?" veröffentlichen.
Auch ist dem guten Mann wie vielen anderen wohl die Legaldefinition was ein "Gefälschtes Arzneimittel" ist nicht bekannt. Nicht § 4 Ab. 40 AMG sondern Art. 1 Nr. 33 der Richtlinie 2001/83/EG ist verbindlich. Und dann gibt es in diesem Fall gar keinen "illegalen" Vertriebsweg.

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BMG, EOF und EMA, dazu Gebahren von Lunapharma

von Nurmalsoamrande am 30.08.2018 um 8:40 Uhr

Nicht nur das BMG wusste scheinbar bescheid, lt. Timeline des RBB wusste auch die EMA bescheid. Dazu wusste die EFO (griechische Behörde) von den illegalen Machenschaften der Apotheke und hat keinen Rückruf initiiert, obwohl die EFO wusste, dass Arzneimittel außerhalb der dezidierten Vertriebskette gehandelt werden (und sich somit um gefälschte Arzneimittel handeln), sowie, dass die griechische Apotheke keine Großhandelserlaubnis hatte.
Dazu kommt, dass Lunapharma Einsprüche gegen die Anordnungen des LAVG beim VG eingereicht hat. Dort lag es bummelig 10 Monate (7. Juni 17 - 17. April 18) und da der Einspruch aufschiebende Wirkung hat, durfte, gemäß Recht, Lunapharma TROTZ Einschreiten des LAVG weiterhin agieren. Die Rücknahme der Großhandelserlaubnis vom 20. Juli 18 wird am 26. Juli vom VG kassiert, somit durfte Lunapharma durch seinen Einspruch auch wieder weiter seinen Großhandel betreiben.
Kurz: es gab Verfehlungen des LAVG, jedoch auch des BMG, der EMA, der EOF. Dazu hat Lunapharma alle Rechtskniffe genutzt, um trotzdem weitermachen zu können.

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