Mutmaßlich gestohlene Arzneimittel

Lunapharm-Skandal: Gesundheitsministerin Golze tritt zurück

Berlin - 28.08.2018, 09:35 Uhr

Brandenburgs Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) tritt von ihrem Amt zurück. Der Grund: Der sogenannte Lunapharm-Skandal, bei dem es um den Import mutmaßlich gestohlener Arzneimittel geht. ( j/ Foto: dpa)

Brandenburgs Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) tritt von ihrem Amt zurück. Der Grund: Der sogenannte Lunapharm-Skandal, bei dem es um den Import mutmaßlich gestohlener Arzneimittel geht. ( j/ Foto: dpa)


Brandenburgs Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) tritt zurück. Die Linken-Politikerin hat am heutigen Dienstagvormittag in Potsdam bekanntgegeben, dass sie aufgrund der sogenannten Lunapharm-Affäre sofort von ihrem Amt zurücktritt.

Auf einer am heutigen Dienstagmorgen spontan einberufenen Pressekonferenz in ihrem Ministerium teilte Golze mit, dass sie mit dem Rücktritt auf die Lunapharm-Affäre reagiere. Zuvor hatten sich die Regierungsfraktionen (SPD und Linke) im Brandenburger Landtag getroffen. Den beiden Fraktionen war am Morgen der Bericht der Taskforce übergeben worden, die auch ermitteln sollte, wie es dazu kam, dass der Brandenburger Händler Lunapharm jahrelang unentdeckt mutmaßlich gestohlene Ware nach Deutschland importieren konnte.

Illegaler Arzneimittelhandel

Lunapharm-Affäre

Nach der Lektüre des Taskforce-Berichtes ist sich die Ministerin nun offenbar bewusst, dass ihrem Ministerium schwere Fehler passiert sind. Den „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ zufolge soll Golze auf der Pressekonferenz darauf hingewiesen haben, dass es sich nicht nur um Fehler einzelner Mitarbeiter des Landesamtes und des Ministeriums gehandelt haben soll. Sie sprach von „strukturellen und organisatorischen Mängeln“. Konkret seien „unzureichende Schritte“ unternommen worden, um die fachkundigen Mitarbeiter zusammenzubringen und um die daraus folgenden Maßnahmen zu koordinieren. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) begrüßte Golzes Entscheidung in einem kurzen Statement: Woidke sagte, er halte den Rücktritt nicht nur für richtig, sondern auch für notwendig.

Golze: Strukturelle und organisatorische Mängel im Ministerium

Golze selbst hatte die Taskforce im Juli ins Spiel gebracht, Anfang August nahm die Expertengruppe dann ihre Arbeit auf. Mit dabei ist unter anderem der Leiter der Arzneimittelkommission der Apotheker, Prof. Dr. Martin Schulz. Noch ist nicht klar, was in dem Bericht steht, er soll erst am heutigen Nachmittag der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Dem Vernehmen nach sollen dort aber schwere Vorwürfe gegen die Arbeit des Ministeriums und der Aufsichtsbehörden in Brandenburg erhoben werden. Die Behörden und das Ministerium standen seit Wochen in der Kritik, weil es schon 2016 erste Hinweise auf Unregelmäßigkeiten rund um den Brandenburger Händler Lunapharm gab. Seit dem vergangenen Jahr ermittelte auch die Staatsanwaltschaft gegen die Geschäftsführerin des Arzneimittelhändlers. Bewegung kam in den Fall jedoch erst, nachdem das TV-Magazin ARD-„Kontraste“ über die mutmaßlich illegalen Importe berichtete.

Golze hatte nach Bekanntwerden des Skandals erklärt, über den Verdacht nicht informiert worden zu sein. In die Kritik geriet sie auch, weil zwei Mitarbeiter des zuständigen Landesamtes bei der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Bestechlichkeit angezeigt wurden. Die Justiz konnte dafür aber keine Hinweise finden und lehnte die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens ab. Die Opposition hatte ihr daraufhin vorgeworfen, mit ihrer Verteidigungsstrategie und Bauernopfern gescheitert zu sein.

Landesregierung in der Krise

Noch immer ist auch völlig unklar, wie groß der gesundheitliche Schaden ist, der durch den Arzneimittel-Skandal bei den Patienten entstanden ist. Die ARD-Sendung „Kontraste“ hatte zuletzt Recherchen veröffentlicht, nach denen Lunapharm schon 2013 mutmaßlich gestohlene Arzneimittel aus Griechenland importierte. Bislang ist auch nicht geklärt, wie und ob die importierten Medikamente – zumeist Krebsarzneimittel – während des Transports ausreichend gekühlt wurden.  Medienberichten zufolge soll die Taskforce nun mitgeteilt haben, dass sich die Wirksamkeit der Lunapharm-Arzneimittel im Nachhinein nicht untersuchen lasse, deswegen könne ein gesundheitlicher Schaden bei den Patienten nicht ausgeschlossen werden.

Wie viele Patienten von Lunapharm importierte Arzneimittel erhalten haben, ist ebenfalls noch ungeklärt. Lunapharm hatte Geschäftsbeziehungen in mehreren Bundesländern, allein in Berlin sollen drei Apotheken jahrelang die betroffenen Arzneimittel abgegeben haben. Bekannt wurde bislang auch, dass es insgesamt um 4651 Arzneimittelpackungen gehe. Diese Zahl bezieht sich allerdings auf den Zeitraum 2015 -2017, von dem das Ministerium bisher ausging. Sollten sich die Recherchen von Kontraste bestätigen und die Unregelmäßigkeiten schon seit 2013 stattgefunden haben, sind vermutlich deutlich mehr Packungen betroffen.

Brandenburgs rot-rote Landesregierung steckt somit in einer Krise: Vergangene Woche hatte bereits Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) seinen Rückzug aus privaten Gründen angekündigt. Golze, die bereits neun Jahre im Bundestag saß und Brandenburger Co-Vorsitzende ihrer Partei ist, wurde als potentielle Spitzenkandidatin für die Landtagswahl im kommenden Jahr gehandelt. Nun muss sich Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) allerdings gleich um zwei neue Minister kümmern.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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8 Kommentare

lunapharm

von Alexander Zeitler am 30.08.2018 um 0:57 Uhr

Ost-Politikern und den Ost-Apothekern geht es nicht ums geld
Ich kringle mich vor Lachen.

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lunapharm

von Alexander Zeitler am 30.08.2018 um 0:52 Uhr

wundere mich, wie so manche kommentare durch die nettiquette kommen.

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AW: lunapharm

von Christiane Patzelt am 29.08.2018 um 14:03 Uhr

Was soll denn so ein bescheuerter Kommentar? Was hat denn Ost und West damit zu tun? Solche Kommentare sind weder hilfreich, noch pfiffig, sie sind einfach nur blöde! Hat einer von uns Brandenburgern,MeckPommern,Sachsen oder Thüringern bei „eurem“ Bottroper „ich-scheiss-auf-die-Ethik-und-Moral-und-verticke-Billigchemos“ geschrieben: „typisch Wessi, kriegt die Taschen nicht voll!!!“??

C. Patzelt, an der Berliner Mauer großgewordene Kreuzbergerin und glücklich, dass diese nicht mehr steht (scheinbar aber immer noch in den Köpfen etlicher Wessikollegen)

Lunapharm

von Alexander Zeitler am 29.08.2018 um 1:46 Uhr

Immerhin. Finanzielle Einbussen wird die Dame nicht haben

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AW: Lunapharm

von Conny am 29.08.2018 um 9:23 Uhr

Den Politikern geht es nicht ums Geld. Es ist eine Berufung wir bei uns Apothekern:)

Rücktritt

von Conny am 28.08.2018 um 12:10 Uhr

Endlich !

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AW: Rücktritt

von Bernd Küsgens am 28.08.2018 um 18:45 Uhr

Wieso nur der unfähigen Ministerin? Der Ministerpräsident hat diese unfähige Dame ins Ministerium berufen, dann sollte auch er endlich seinen Hut nehmen. Er ist selber unfähig eine Regierung zu führen!!

AW: Rücktritt

von Christiane Patzelt am 29.08.2018 um 15:56 Uhr

Was weiß denn Herr Kuesgens von Ministerpräsident Woidtke und seiner Fähigkeit, ein Bundesland als Ministerpräsi zu lenken? Da kann ich auch auf den Laschet zeigen und mich wundern, wer im Jahre 2018 immer noch gegen gleichgeschlechtliche Ehen wettert....

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