Hypertonie

Bluthochdruck: Besser gleich mit drei Arzneimitteln starten?

Stuttgart - 17.08.2018, 09:00 Uhr

Drei auf einen Streich: Effektiver Blutdrucksenkung mit gleich drei Antihypertensiva in halber Dosierung. (Foto: pavelkubark / stock.adobe.com) 

Drei auf einen Streich: Effektiver Blutdrucksenkung mit gleich drei Antihypertensiva in halber Dosierung. (Foto: pavelkubark / stock.adobe.com) 


Eine Tripeltherapie mit drei antihypertensiven Wirkstoffen in nur halber Dosis senkt den Blutdruck besser als eine Standardtherapie, die mit einem Arzneimittel beginnt und bei unzureichender Blutdrucksenkung die Therapie mit weiteren antihypertensiven Wirkstoffen eskaliert. Könnte diese Erkenntnis, veröffentlicht im amerikanischen Ärzteblatt JAMA, die Blutdruckbehandlung revolutionieren?

Die Behandlung von Bluthochdruck ist ein leidiges Thema, unter direkten Beschwerden leidet der Patient kaum, was teilweise die Adhärenz zur antihypertensiven Therapie erschwert. Die Konsequenzen eines jahrelang zu hohen Blutdrucks mit Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz, Schlaganfall oder Nierenschäden sind jedoch enorm.

Aktuell erfolgt die antihypertensive Therapie schrittweise. Der Hypertoniker erhält zum Start ein Arzneimittel. Erreicht er unter dieser Monotherapie die angestrebten Blutdruckwerte nicht, eskalieren die behandelnden Ärzte sukzessiv. Das ist meist ein langwierigerer Prozess, und derzeit ist ein nicht geringer Teil der Hypertoniker unzureichend eingestellt. Laut Ärzteblatt erreichen in Industrienationen gerade einmal die Hälfte alle Hypertoniker ihre Zielwerte, in ärmeren Ländern sei dieser Anteil mit drei Vierteln sogar noch geringer.

Niedrig dosierte Tripeltherapie versus eskalierte Montherapie

Wie könnte man diese Situation verbessern? Wären Patienten besser eingestellt, würden sie direkt von vornherein „alle“ blutdrucksenkenden Arzneimittel auf einmal angesetzt bekommen und die Therapie nicht stückweise eskaliert? Das untersuchten australische Wissenschaftler an 700 Hypertonikern in Sri Lanka. In einer randomisierten Studie erhielten die Blutdruckpatienten entweder eine konventionelle Therapie (Steigerung Anzahl und Dosis der Arzneimittel schrittweise) oder direkt zu Beginn drei antihypertensive Wirkstoffe, diese jedoch in der jeweils halben Dosierung. Eingesetzt wurden Telmisartan mit 20 mg, Amlodipin mit 2,5 mg und Chlortalidon in einer Stärke von 12,5 mg. Genügte diese Dosis nicht, konnte auf die jeweils doppelte erhöht werden (bei 3,4 Prozent der Patienten erforderlich).

Das asiatische Land wurde als Studienzentrum gewählt, da das dortige kostenlose Gesundheitswesen die Probanden motiviert, über sechs Monate die Kontrolltermine wahrzunehmen. Was war das Ziel der Studie?

Sofortige Tripeltherapie senkt Blutdruck schneller und besser

Der primäre Endpunkt war ein Blutdruck von 140/90 mmHg oder weniger, litten die Patienten an Diabetes oder chronischen Nierenerkrankungen lag der Zielwert bei 130/80 mmHg oder darunter. Von den Patienten mit der anfänglichen Tripeltherapie schafften 69,5 Prozent diesen Blutdruckwert (221 von 318 Probanden), in der konventionellen Behandlungsgruppe erreichten nur 55,3 Prozent der Teilnehmer das Ziel (182 von 329 Probanden).

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Interessant war vor allem, dass in der Tripeltherapie-Gruppe bereits nach sechs Wochen 67,8 Prozent der Teilnehmer nach Vorgabe der Zielwerte eingestellt waren, in der konventionellen Gruppe waren es lediglich 43,6 Prozent. Hätten hier Ärzte nun die Möglichkeit gehabt, das Erreichen der angestrebten Werte zu forcieren, wurde dies laut Endergebnissen offensichtlich nicht konsequent verfolgt. Es wurde vor allen Dingen wohl versucht, durch Dosiserhöhung der Monotherapie den Blutdruck zu kontrollieren, am Ende der Untersuchung nahmen Probanden dieser Gruppe im Schnitt 1,4 unterschiedliche Antihypertonika ein.

Wie sieht es mit den Nebenwirkungen aus?

Allerdings hat die Tripeltherapie auch einen wichtigen Nachteil: Die Patienten litten häufiger unter Nebenwirkungen, 38,1 Prozent, als die Kontrollgruppe (34,8 Prozent). Die Patienten litten vor allem an Schwindel.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Mathematische Verwirrung

von Christian Becker am 17.08.2018 um 9:37 Uhr

"Laut Ärzteblatt erreichen in Industrienationen gerade einmal die Hälfte alle Hypertoniker ihre Zielwerte, in ärmeren Ländern sei dieser Anteil mit drei Vierteln sogar noch geringer."
Da sind wohl 2 Sätze irgendwie zusammengerutsch, denn üblicherweise ist "die Hälfte" weniger als "drei Viertel".

Interessanter Ansatz einerseits... ob aber die Patienten so begeistert sind, wenn sie gleich 3 Medikamente nehmen müssen? So viele Tripelpräparate gibt es ja auf dem Markt (noch?) nicht.

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