Als PTA durchs Pharmaziestudium

Apotheker ohne Abitur

Stuttgart - 16.08.2018, 10:15 Uhr

Simon Schuff hat als PTA Pharmazie studiert und möchte bald seine eigene Apotheke eröffnen. ( r / Foto: privat)

Simon Schuff hat als PTA Pharmazie studiert und möchte bald seine eigene Apotheke eröffnen. ( r / Foto: privat)


Schule, Abitur, Pharmaziestudium – der klassische Weg, Apotheker zu werden. Einige machen noch vor dem Studium eine Ausbildung, häufig als PTA. Doch es geht auch anders, nämlich ohne Abitur. Seit fast zehn Jahren gibt es die Möglichkeit, sich über den sogenannten dritten Bildungsweg für ein Studium an einer Hochschule zu qualifizieren. Gerade für ambitionierte PTA kann ein Pharmaziestudium eine Option sein, sich beruflich weiterzuentwickeln. Die Kollegen von PTAheute.de haben mit einem solchen PTA gesprochen. 

Im Jahr 2016 gab es nach Angaben des Centrums für Hochschulentwicklung 181 Pharmaziestudenten, die kein Abitur hatten, aber aufgrund ihrer Berufspraxis einen Studienplatz bekamen. Einer davon war Simon Schuff. Er hat als PTA ohne Abitur bis vor kurzem in Marburg Pharmazie studiert. Wie genau das funktioniert hat und wie seine Pläne für die Zukunft aussehen, hat er den Kollegen von PTAheute.de im Interview verraten.

PTAheute.de: Wann und wo hast du deine PTA-Ausbildung gemacht?

Simon Schuff: Meine Ausbildung habe ich in Dortmund an der Westfalen Akademie absolviert, damals eine Bernd Blindow Schule, heute Dr.Oetker angehörig. Begonnen habe ich am 01.09.2006 und abgeschlossen am 31.08.2008. Ein sehr schöner Lebensabschnitt, schon damals aber auch im Nachhinein betrachtet. Auch heute habe ich gelegentlich noch Kontakt zu meinen früheren Dozenten. 

PTAheute.de: Wie bist du zum PTA-Beruf gekommen? Wieso hast du dich ausgerechnet für die Ausbildung entschieden?

Simon Schuff: Ich wollte gerne im Gesundheitssektor arbeiten. Als ich mich diesbezüglich orientierte, gab es einen Tag der offenen Tür an der Westfalen Akademie, an dem ich teilnahm und mich im Anschluss auch direkt bewarb. Ich machte mein halbjährliches Praktikum in einer Center-Apotheke, in welcher ich auch im Anschluss drei Jahre arbeitete. Mein Tätigkeitsfeld war sehr vielseitig. Ich arbeitete im Handverkauf aber auch viel im Backoffice. Ob es die täglichen Großhandelsbestellungen waren oder Direktbestellungen oder Gespräche mit Vertretern. Des Weiteren teilte ich mir die Laborarbeit mit einer Kollegin und war Stellvertreter im QMS. Kleinere technische Probleme löste ich ebenfalls, denn als PTA ist man ja ein Allroundtalent.

Mehr zum Thema

Apotheker werden ohne Hochschulreife

181 Pharmaziestudierende studieren ohne Abitur

PTAheute.de: Wann entstand der Wunsch, Pharmazie zu studieren und wie hast du das Ganze in Angriff genommen?

Simon Schuff: Ich habe die mittlere Reife mit Qualifikation. Das Abitur lag mir in  meiner Schulzeit leider überhaupt nicht. Somit war der Gedanke an ein Studium eigentlich verworfen. Meine Dozenten an der Westfalen Akademie ermutigten mich aber damals schon ich solle es doch versuchen. Von dort kam auch der Tipp, dass die Möglichkeit existiert, auch ohne Abitur das Studium zu beginnen. Während meiner Arbeitszeit in der öffentlichen Apotheke sprachen mich auch immer wieder Kollegen und sogar Kunden an. Letztendlich informierte ich mich genauer über die Möglichkeiten, die es gab und stellte fest, dass die Zulassungskriterien für die einzelnen Bundesländer verschieden sind. Es ergab sich daraus, dass ich mich für das Hochschulzulassungsverfahren im Bundesland Hessen bewarb, deren Kriterien ich zu diesem Zeitpunkt erfüllte.

Zeitgleich lief ebenfalls die Bewerbung bei der SBB, der Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung des Bundes. Als Erstes erhielt ich einen Brief mit der Einladung zum Hochschulzulassungsverfahren an der Universität Marburg zusammen mit zwei Seiten Themen, die es zu lernen galt. Nachdem ich die Prüfung welche sich aus einem schriftlichen und mündlichen Teil zusammensetzt, bestandenen hatte, erhielt ich ein Äquivalent zum Abitur für das Fach Pharmazie. Die Hochschulzulassung ist begrenzt auf das Bundesland, in dem sie abgelegt wurde. So erübrigte sich die Wahl des Studienortes. Zur Auswahl standen nur Marburg und Frankfurt. Für diese beiden Universitäten ging dann auch die Bewerbungen an Hochschulstart.de raus. Zeitgleich mit der Bestätigung, dass ich an der Uni Marburg angenommen wurde, kam auch die Zusage für das Stipendium. Dann hieß es die Zelte in Lüdenscheid, meiner Heimatstadt abzubrechen und vor allem zu kündigen. Nachdem die Zusage im September kam und für den Oktober galt, war es dann etwas hektisch mit der Wohnungssuche und allem was dazugehört. Glücklicherweise stand mein damaliger Chef voll hinter mir und unterstütze mich bei meinem Vorhaben. 

PTAheute.de: Erzähle uns doch ein bisschen was über deine Reise durchs Studium.

Simon Schuff: Das Studium war eine sehr intensive Erfahrung. Zu Beginn galt es erst einmal das Lernen wieder zu lernen. Es ist schon eine Herausforderung gewesen aus der täglichen Routine, welche zwar wahrlich nicht frei von lernen und Fortbildungen war, wieder in das Lernen wie zu Schulzeiten zu finden. Auch merkte ich schnell, dass ich zwar im Rechnen fürs Labor top war, aber die Kommilitonen mit Abitur häufig doch z. B. in der Physik sicherer im Umgang mit Formeln waren. Es war ein ganzes Stück Arbeit, die vorhandenen Lücken zu schließen aber wie man an mir sieht, ist es nicht unmöglich. 

Generell gilt es zu sagen das Pharmazie zu studieren keine einfache Sache ist: weder mit noch ohne Abitur. Da sind Tage, die man von morgens um 8 Uhr bis abends um 18 Uhr im Labor verbringt und im Anschluss noch Protokolle schreibt für den Folgetag. Da ist eine Unmenge an Wissen, welches man sich vor allem in den Naturwissenschaften im Grundstudium aneignen muss. Von Biologie über Chemie und Physik bis hin zu Mathematik. Was man während des Grundstudiums vergebens sucht, sind rein pharmazeutische Themen, abgesehen von Toxikologie oder Arzneiformenlehre.

Es finden viele Dinge auch in der Vorlesungsfreienzeit statt, beispielsweise einige Labore und die Zweit- und Drittversuche für Klausuren. Viel Zeit für andere Dinge bleibt da nicht. Im Gegenzug lernt man aber viele Menschen kennen und oft entwickeln sich auch Freundschaften. Vielleicht sogar mehr, als in anderen Studiengängen. Die Labore sind zeitlich und inhaltlich immer straff, und mit der Zeit aus der PTA-Schule nicht zu vergleichen. Wenn man mit 150 Leuten im Labor steht, geht es gerne mal drunter und drüber, dort hat man als PTA tatsächlich Vorteile, zumindest ist man etwas sicherer im Handeln und recherchieren. 

PTAheute.de: Was ist dein Wunsch für die Zukunft?

Simon Schuff: Im Moment habe ich die Absicht in der öffentlichen Apotheke zu bleiben, vielleicht irgendwann mit einer eigenen Apotheke. Auch könnte ich mir Vorstellen eine lehrende Tätigkeit an einer PTA-Schule auszuüben. In diesen Bereich durfte ich im letzten Abschnitt meiner Ausbildung zum PTA hinein schnuppern. Ich durfte die damals angebotenen Vorbereitungskurse für die "Wiedereinsteiger" geben als freier Dozent, was mir durchaus Spaß gemacht hat. 

PTAheute.de: Würdest du jungen Menschen den PTA-Beruf empfehlen?

Simon Schuff: Für mich ist der Beruf des PTA immer noch empfehlenswert. Es gibt einen Mangel an entsprechend ausgebildetem Personal, und die Fortbildungsmöglichkeiten sind wirklich gut. Von den zahlreichen Spezialisierungen wie Zyto-PTA über Phyto-PTA bis zur Fachkraft für Beratung und Verkauf gibt es so vielfältige Möglichkeiten wie in kaum einem anderen Beruf. Auch wenn man sich in einen anderen Bereich orientieren möchte, hat man viele Möglichkeiten, so sind mir schon PTA begegnet, die in Blutbanken gearbeitet haben, oder bei Krankenkassen untergekommen sind, im Außendienst tätig sind oder unterrichtend an PTA-Schulen arbeiten. Ob man nun gerne mit Kunden arbeitet, oder sich lieber ins Labor zurück zieht: für jeden findet sich der richtige Arbeitsplatz. Vorausgesetzt man bleibt immer am Ball und ist fleißig. 

PTAheute.de: Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg weiterhin. 



Cornelia Neth, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


1 Kommentar

So erfreuts die Industrie

von Thomas Kerlag am 19.08.2018 um 11:06 Uhr

Gut, fûr den Marketingjob braucht's keine sättliche, umfassende Bildung. Auch Pka machen den Einkauf nicht mit pharmazeutischem Hintergrund. Ist halt oft ein Laden. Opioidabgabe neben Bonbondreher. Das Niveau passt also zur Nouvelle Apo

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.