Vor- und Nachteile

Pay for performance: Das Erstattungsmodell der Zukunft?

Stuttgart - 08.08.2018, 11:40 Uhr

Für Kymriah gibt es in den USA Pay-for-Performance-Verträge. (c / Foto: picture alliance)

Für Kymriah gibt es in den USA Pay-for-Performance-Verträge. (c / Foto: picture alliance)


Kassen zurückhaltend

Dementsprechend zurückhaltend äußert sich der AOK-Bundesverband: „Neue Preiskonzepte sollte man nicht als Allheilmittel darstellen, weil diese Modelle oft nur unter hochbürokratischen Voraussetzungen umsetzbar sind“, heißt es gegenüber dem Handelsblatt. Der GKV-Spitzenverband (GKV-SV) kann sich alternative Preismodelle bei neuen Behandlungsformen offenbar grundsätzlich vorstellen. Derzeit werde geprüft, wie die finanziellen Belastungen des Systems durch diese Preismodelle eingegrenzt werden können. Eine Sprecherin erklärt gegenüber dem Handelsblatt: „Pay-for-Performance-Modelle“ gehören zu den diskutierten Möglichkeiten.

In einer früheren Stellungnahme zu diesem Thema erklärte der GKV-SV zudem, dass bei Rabattverträgen mit Pay-for-Performance-Klausel die Herausforderung in der Definition des Behandlungserfolges und dessen Überprüfung liege – Bedenken, die der Handelsblatt-Beitrag ebenfalls äußert. Damit verbunden sei ein notwendiges Verfahren zur Übermittlung und Analyse von Patientendaten zwischen der Kasse und dem Hersteller. Unter Umständen müssten auch Daten von Ärzten und Apothekern eingebunden werden, so der GKV-SV.

Was sagen die Industrieverbände?

Auch seitens der deutschen Industrieverbände war das Echo zumindest vor zwei Jahren noch gemischt: So erklärte Hermann Kortland, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH), auf Anfrage: „Der BAH begrüßt grundsätzlich Möglichkeiten, den Vertragswettbewerb um eine optimale Patientenversorgung zu fördern. Eine Möglichkeit hierzu stellen Pay-for-Performance-Verträge dar.“ Zurückhaltender äußerte sich damals der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI): „Pay for Performance ist nur erfolgreich, wenn als Ergebnisindikator zu messen ist, was als Ziel intendiert ist, nämlich eine bessere Versorgungsqualität beim Patienten. Da zur Messung von Versorgungsqualität noch kein wissenschaftlicher Konsens besteht, sehen wir nicht, dass es auf das Gesundheitssystem in Deutschland zu übertragen ist.“ Allerdings räumte eine BPI-Sprecherin ein, dass es jedem Unternehmen unbenommen bliebe, freiwillig entsprechende individuelle Vereinbarungen einzugehen.

Es gibt Verträge – aber sie sind die Ausnahme

Einige Verträge dieser Art gibt es auch schon. Als Vorreiter gelten vor allem die Schweizer Konzerne Roche und Novartis. Nach Informationen der Schweizer „Handelszeitung“ übernimmt Roche in Deutschland seit 2007 einen Teil der Behandlungskosten, wenn Patienten eine hohe Dosis Avastin® erhalten. In Italien hat das Unternehmen bereits vor Jahren einen Pay-for-Performance-Vertrag mit der Arzneimittelbehörde zu Avastin® (Bevacizumab) geschlossen. In Fällen, in denen das Roche-Medikament nicht hilft, soll es eine komplette Rückerstattung geben. Novartis hat beispielsweise für Entresto® (Sacubitril, Valsartan), ein innovatives Mittel gegen Herzinsuffizienz, derartige Verträge mit US-Krankenkassen. Und auch für KymriahTM gibt es schon derartige Verträge in den USA.

Das Handelsblatt nennt auch Zahlen: So liste das Beratungsunternehmen McKinsey gut 200 solcher Verträge seit 1994, die Marktforscher von Iqvia kommen auf 24 Vereinbarungen in den USA in den letzten fünf Jahren, deren Anzahl sich aber in den nächsten fünf Jahren mehr als verdoppeln werde, so die Prognose. Die Gesamtzahl dürfte höher liegen, da nicht alle Absprachen publiziert werden, so komme die Datenbank der Universität von Washington auf 463 innovative Preismodelle. Gemessen am Gesamtmarkt sei der Anteil jedoch gering. Zu diesem Schluss kommt das Handelsblatt.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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