Chinas Impfstoffskandal

Fehlerhafte Tollwut-Impfstoffe gelangten wohl nicht nach Deutschland

Stuttgart - 08.08.2018, 17:45 Uhr

Reporter berichten vor dem Gebäude des chinesichen Impfstoff-Herstellers Changchun Changsheng
Life Sciences Ltd. (Foto: Imago)

Reporter berichten vor dem Gebäude des chinesichen Impfstoff-Herstellers Changchun Changsheng Life Sciences Ltd. (Foto: Imago)


Der Impfstoff-Skandal rund um den chinesichen Impfstoff-Hersteller Changchun Changsheng Life Sciences Ltd. zieht weitere Kreise: Eine Rückrufaktion im In- und Ausland wurde eingeleitet. Deutschland scheint nach Recherchen von DAZ.online nicht betroffen zu sein. Bereits seit April 2014 soll der Hersteller nach Behördenangaben Daten zu in Umlauf gebrachten Tollwut-Impfstoffen gefälscht haben. Außerdem sollen abgelaufene Flüssigkeiten in der Herstellung zum Einsatz gekommen sein, wie die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua am gestrigen Mittwoch bekannt gab.

Während die Ermittlungen um den chinesischen Impfstoffskandal in vollem Gange sind – noch im Juli wurden 18 Haftbefehle verhängt – dringen langsam Informationen zu den Hintergründen und dem Ausmaß des Skandals an die Öffentlichkeit: Die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua teilte am gestrigen Dienstag mit, dass fehlerhafte Tollwut-Impfstoffe von Changchun Changsheng Life Sciences Ltd. zurückgerufen werden, und zwar nicht nur in China, sondern auch im Ausland. 

Mehr zum Thema

Auch auf der Internetseite der „National Health Commission of the People’s Republic of China“ (NHC) wurde am 8. August ein Update veröffentlicht, in dem auch vom Rückruf im Ausland berichtet wird. Aus beiden Meldungen geht jedoch nicht hervor, in welche anderen Staaten die Firma ihre Impfstoffe verkauft hat. Glaubt man Handelsplattformen im Internet, wie EN-CPhI.CN (Pharma Industry Trade Platform) zählen Nordamerika, sowie Zentral- und Südamerika zu den Haupabsatzmärkten. Auf der Plattform Weiku (Integrating Global Trade Leads) ist im Firmenprofil von Nordamerika, Südamerika, Osteuropa, Südostasien, Afrika und Ostasien als Hauptabsatzmärkte die Rede. Deutschland scheint also nicht betroffen zu sein.

Extra Informationsschalter sollen in China eingerichtet werden

Die NHC fordert in China Gesundheitsbehörden und Institutionen dazu auf betroffenen Patienten Kontroll- und Beratungsservices anzubieten. Dazu sollten in Impfkliniken klar gekennzeichnete Informationsschalter mit qualifiziertem Personal eingerichtet werden. Zudem werde die Kommunikation mit der WHO aufrechterhalten. Das geht aus einem am 8. August veröffentlichten Statement auf den Seiten der „China Food an Drug Administration“ hervor, die den Rückruf durch Changchun Changsheng Bio-tech überwacht. Laut der Behörde begann der Rückruf exportierter Impfstoffe („related export vaccines“) bereits am 16. Juli.   

Expertenausschuss: Krankenhäuser sollen kostenfrei nachimpfen

Zudem hat China laut Xinhua einen Experten-Ausschuss aus den Bereichen der Virologie, der Impfstoffforschung und verwandten Feldern eingerichtet, der die Risiken und die Sicherheit sowie die Wirksamkeit der auf dem Markt befindlichen Impfstoffe begutachten soll. Der Expertenausschuss soll laut Xinhua mittgeteilt haben, dass Menschen, die den Tollwutimpfstoff von Changseng erhalten haben, nicht noch einmal geimpft werden müssen. Wenn Patienten aber noch einmal geimpft werden wollten oder Patienten ihren Impfzyklus nicht abgeschlossen hätten, rät der Ausschuss laut Xinhua dazu, dass diese von Krankenhäusern kostenfrei mit Impfstoffen anderer Hersteller versorgt werden sollten.

Follow-Up-Impfplan herausgegeben      

Am 8. August wurde die Meldung über kostenfreie Nachimpfungen von der Nachrichtenagentur Xinhua noch präzisiert: Ein Follow-Up-Impfplan wurde von der NHC für Patienten herausgegeben, die den fehlerhaften Tollwutimpfstoff erhalten haben. Diejenigen, die bereits einen vollständigen Impfzyklus erhalten haben, sollen weiterhin die Möglichkeit bekommen, sich kostenlos erneut impfen zu lassen – jedoch erst nachdem sie von Impfinstitutionen entsprechend über Prävention, Kontrolle und Funktion des Impfstoffs aufgeklärt wurden.

Diejenigen, die die Impfung vor weniger als einem Jahr erhalten haben, sollen von den Impfinstitutionen nachverfolgt und beobachtet werden und mit Beratungsangeboten versorgt werden. Wenn Betroffene, die den Impfstoff vor mehr als einem Jahr erhalten haben, über Auffälligkeiten berichten, sollen die Gesundheitsbehörden ihre Dienstleistungen auch diesen weiterhin anbieten. Man beruft sich dabei auf ein Statement der WHO vom April 2018, wonach die Inkubationszeit bei Tollwut gewöhnlich zwischen einem und drei Monaten variiert und selten ein Jahr überschreitet.    



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


1 Kommentar

Ulla Schmidt, Spahn, Dittmar, Schulz-Asche, Glaeske, Lauterbach, v. Stackelberg, usw ...

von C. Beck am 09.08.2018 um 11:29 Uhr

Bitte übernehmen Sie!
Wo bleiben die Statements unserer Gesundheitsexperten?
Ist das alles nicht wichtig - einzig die Kosten zählen? Ist das Ihr Ernst?
Heparin, Clopidogrel, Melphalan, Valsartan, Impfstoffe, Pip/Taz ...
Könnte man Funktionäre und Politiker eigentlich wegen fahrlässiger Untätigkeit belangen? Kann dazu mal ein Anwalt Stellung nehmen?
Warum hört man aktuell nichts von unseren Experten? Keine Lösungsvorschläge? Keine Ideen?
Ach so - man muss natürlich das Große und Ganze im Auge behalten - quasi auf Metaebene (und das versteht ein normal sterblicher Apotheker nicht).
Ich bin klar dafür, dass unsere Experten zwangsweise die medikamentöse Standardversorgung der durchschnittlichen deutschen Bevölkerung erhält. Nix mehr mit privat, nix mehr mit Chefarzt usw.
Wir müssen ja schließlich alle sparen - oder?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.