Arzneimittelsicherheit

Apothekerin schaltet Petition zur Abschaffung der Importquote

Berlin - 07.08.2018, 15:00 Uhr

Weg mit der Quote: Die Oldenburger Apothekeninhaberin Dr. Gabriele
Röscheisen-Pfeifer beantragt in einer Petition, dass es keine Importquote mehr geben soll. (m / Foto: VAD)

Weg mit der Quote: Die Oldenburger Apothekeninhaberin Dr. Gabriele Röscheisen-Pfeifer beantragt in einer Petition, dass es keine Importquote mehr geben soll. (m / Foto: VAD)


Nachdem sich der Deutsche Apothekerverband und die AOK Baden-Württemberg in den vergangenen Wochen bereits vehement für eine Abschaffung der Importquote ausgesprochen haben, werden nun auch die Rufe danach aus dem Apothekerlager lauter: Die Oldenburger Apothekeninhaberin Dr. Gabriele Röscheisen-Pfeifer hat Ende Juli eine Petition geschaltet, die die ersatzlose Streichung der Quote vorsieht.

Die Petition mit dem Namen „Abschaffung der Importquote für rezeptpflichtige Arzneimittel aus dem Ausland“ ist seit Ende Juli online. Sie richtet sich laut Antragstellerin an das Bundesgesundheitsministerium. Konkret lautet die eingetragene Forderung: „Die verpflichtende Importquote für Apotheken muss aus Gründen der Arzneimittelsicherheit aus dem Gesetz (§ 129 Abs. 1 Punkt 2 SGB V) gestrichen werden.“

Zur Begründung führt die Apothekerin an: „Alle Apotheken in Deutschland werden gesetzlich gezwungen, einen prozentualen Anteil von mindestens 5 Prozent des Fertigarzneimittelumsatzes als Importe abzugeben (§ 129 Abs. 1 Punkt 2 SGB V), um Kosten für die Krankenkassen zu sparen. Für die Quote zählen nur Importe, die entweder 15 Prozent oder 15 Euro billiger als das heimische Originalpräparat sind. Die verlängerte Lieferkette weist ein enormes Potential an Sicherheitslücken im Ausland auf. Fälschungen, Fehler bei der Lagerung und Transport können die Apotheken in Deutschland nicht mehr erkennen. Trotz dieser großen Gefahr und trotz wiederholter Kritik ist die Importquote noch immer gesetzlich vorgeschrieben.“

Auf Nachfrage von DAZ.online erklärt die Apothekerin, warum sie sich gerade diesem Thema gewidmet hat:


„Wir Apotheker stecken so viel Knowhow in die Beratung, Lagerung und Transport des Arzneimittels und Therapieadhärenz des Patienten, können aber bzgl. der Arzneimittelsicherheit keine Garantie mehr auf die Qualität und sofortige Verfügbarkeit des Arzneimittels geben. Die Importquote bietet im Verhältnis zur verlorenen Arzneimittelsicherheit ein sehr geringes bis gar kein Einsparpotential für die gesetzlichen Krankenkassen. Hochpreisige Importe haben ein sehr hohes Fälschungsrisiko. Patienten sind durch die fremdländischen Aufschriften und Überklebungen verunsichert, dadurch leidet die Adhärenz in großem Umfang. Diese Sicherheitslücken in der Versorgungskette müssen politisch geschlossen werden, indem die gesetzlich vorgeschriebene Importquote abgeschafft wird.“

Apothekerin Dr. Gabriele Röscheisen-Pfeifer


Diskussionen über Importquote nehmen zu

Die Oldenburger Pharmazeutin veröffentlicht ihre Petition in einer Zeit, in der die Reimportquote ohnehin unter Beschuss steht: Der Deutsche Apothekerverband und die AOK Baden-Württemberg haben in den vergangenen Tagen anlässlich der Lunapharm-Affäre Pressemitteilungen herausgegeben, in denen sie sich über die Quote beschweren. Beide weisen auf die aus ihrer Sicht überbordende und unnötige Bürokratie hin und verweisen darauf, dass die Spareffekte durch die Quote nicht wirklich groß seien.

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Die Importeure sehen das verständlicherweise anders. Insbesondere der Verband der Arzneimittel-Importeure Deutschlands (VAD) hat sich heftig gegen die Kritik der AOK und des DAV gewehrt. In mehreren Mitteilungen erklärte der VAD, dass man aus den mutmaßlich kriminellen Handlungen von Lunapharm nicht eine Streichung der Quote ableiten dürfe. „Das hat mit dem langjährig bewährten Einspar- und Wettbewerbsinstrument der Importquote nichts zu tun“, heißt es wörtlich in einer Mitteilung. Eine Abschaffung würde zu Mehrausgaben führen, die eine zusätzliche Ausweitung des Mehraufwandes für Apotheken und Kassen nach sich ziehen und die mittelständischen Vertreiber der Importarzneimittel samt deren Arbeitsplätze gefährden.

Versandverbot-Petition fehlen noch etwa 10.000 Unterschriften

Die Apothekerin Röscheisen-Pfeifer hofft nun, insbesondere im Apothekerlager viele Unterzeichner für die Petition zu gewinnen. Sieben Wochen hat sie noch Zeit, das für eine Würdigung im Bundestag nötige Quorum von 50.000 Unterschriften einzusammeln. Bislang haben rund 100 Menschen die Petition unterzeichnet.

Auch die in den vergangenen Wochen von Apothekerverbänden und -kammern unterstützte Petition zum Rx-Versandverbot von Apotheker Christian Redmann hat das Quorum noch nicht erreicht. Allerdings ist Redmann auf einem guten Weg: Ihm fehlen noch etwas mehr als 10.000 Unterschriften.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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7 Kommentare

mögliches Zukunftsszenario

von Kritiker am 10.08.2018 um 8:44 Uhr

Ich versuche gerade mir vorzustellen, was geschehen würde, wenn Menschen mit GKV-Rezepten für dauerhaft einzunehmende Medikamente zunehmend in den Apotheken Abnahme von nicht in der EU hergestellten Medikamenten bzw von Medikamenten mit in China oder Indien hergestellten Wirkstoffen wegen Sicherheitsbedenken konsequent verweigern würden.

Analoge Szenarien für Arztpraxen bei Rezeptausstellungen und Impfungen wären ebenfalls interessant.

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Petition

von Jörg Geller am 07.08.2018 um 18:22 Uhr

Sehr geehrter Herr Hansmann,

die Faktenlage stellt sich für mich so dar, dass ein Unternehmen ohne jede Marktbedeutung zweifelhafte Ware an Apotheken und Großhändler geliefert und die Aufsicht ihre Arbeit nicht wie geboten ausgeführt hat. Aus diesen Fakten lassen sich schwerlich Ableitungen für den gesamten Importmarkt treffen und genauso wenig für die vielen Aufsichtsbehörden in Deutschland, die ihre Arbeit ordnungsgemäß erledigen. Sie schreiben zu Recht, dass ein Apotheker handeln muss, wenn er berechtigte Zweifel an der Qualität gelieferter Arzneimittel hat. Zweifel sind aber nicht deswegen berechtigt, weil es ein einzelnes Unternehmen gegeben hat, das gestohlene Ware in den Markt gebracht hat. Damit diskreditieren Sie viele seriös arbeitende Unternehmen, die mit größtem Aufwand ohne Beanstandung seit zum Teil über 40 Jahren einwandfreie Ware in den Markt geben. Ich würde Ihnen zustimmen, wenn Sie von Unternehmen keine Ware beziehen, die bereits durch inkorrektes Verhalten aufgefallen sind. Das gilt übrigens für alle Marktsegmente. Leider handeln nicht alle Ihre Kolleginnen und Kollegen entsprechend. Sonst würde der Markt so einiges regeln.

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AW: Petition

von Uwe Hansmann am 07.08.2018 um 18:45 Uhr

Lieber Herr Geller,

ich gebe Ihnen in Teilen sicherlich recht und Diskreditierung der gesamten Branche liegt mir fern, dafür haben wir in der Tat einige, über Jahrzehnte seriös handelnde Unternehmen in Deutschland.

Nur: Wenn es in dieser Sache mittlerweile öffentlich gewordene Hinweise hinsichtlich Verbindungen zur organisierten Bandenkriminalität gibt, ist absolute Vorsicht geboten und Sie werden mir recht geben, daß keineswegs ausgeschlossen werden kann, daß es sich hierbei um nur eine Firma handelt, die derart agiert (hat).

und dann?

von Karl Friedrich Müller am 07.08.2018 um 18:15 Uhr

Allein die Aufhebung der Importquote reicht nicht.
Importe müssen komplett vom deutschen Markt verschwinden.

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AW: Petition

von Jörg Geller am 07.08.2018 um 20:48 Uhr

Lieber Herr Hansmann, jede Art von Kriminalität zu bekämpfen ist von größter Wichtigkeit zur Erhaltung der hohen Qualität der Arzneimittel-Versorgung in Deutschland. Alle seriösen Marktteilnehmer haben daran gleichermaßen ein Interesse, ebenso die Behörden. Wir leisten unseren Beitrag dazu durch eine genaue Auditierung unserer Lieferanten, die hauptsächlich multinationale Großhandelskonzerne sind, mithin die Unternehmen, bei denen auch Sie einkaufen. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass wir auch weiterhin unbedenkliche Waren den Menschen in Deutschland zur Verfügung stellen können!

Petition

von Jörg Geller am 07.08.2018 um 16:09 Uhr

Apotheker leisten einen wesentlichen Beitrag in der Gesundheitsversorgung ihrer Patienten. Dieser Grundsatz wird auch nicht dadurch ausgehebelt, dass es in Apothekerkreisen (verurteilte) Kriminelle gibt, die 1000fach schwer krebskranke Patienten mit gepantschten "Arzneimitteln" versorgt haben, die keine Wirkung hatten. So geschehen in Bottrop. Niemand wird ernsthaft deshalb die Abschaffung der Apothekenpflicht o.ä. fordern. Wichtig ist vielmehr eine funktionierende Aufsicht. Das Gleiche gilt auch für den Fall "Lunapharm". Während die Apotheke in Bottrop jeder Marktteilnehmer kannte, ist Lunapharm selbst Insidern völlig unbekannt. Das scheinbar kriminelle Verhalten dieses Unternehmens ist selbstverständlich völlig inakzeptabel, aber natürlich nicht der ganzen Branche anzulasten. Vielmehr ist die Branche in höchstem Maße daran interessiert, dass schwarze Schafe nicht weiter am Markt teilnehmen. Dazu sind neben einer kompetenten Aufsicht auch die Kunden dieser schwarzen Schafe gefragt. Kein Apotheker und kein Großhandel ist gezwungen (auch nicht durch eine Importquote von 5%), bei Unternehmen ohne Reputation zu kaufen. Vielleicht noch ein Wort zu der Petition: Wie Juristen immer so schön sagen, ist ein Blick ins Gesetz immer hilfreich. Diesen Rat hätte Frau Dr. Röscheisen-Pfeifer vielleicht beherzigen sollen. Vielleicht wäre ihr dann aufgefallen, dass in § 129 SGB V an keiner Stelle von einer Importquote oder einem Prozentsatz die Rede ist. Ihre Petition ist damit unsinnig. Quote und Prozentsatz sind in dem Rahmenvertrag zwischen DAV und GKV Spitzenverband geregelt. Bei intensiver Beschäftigung mit der Materie wäre der Apothekerin sicherlich auch das Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V aufgefallen, das die Leistungserbringer zu wirtschaftlichem Handeln verpflichtet. Diese Notwendigkeit wirtschaftlich zu handeln wird durch den § 129 SGB V in Verbindung mit dem Rahmenvertrag für den Fall der Importe konkretisiert. Ohne diese Konkretisierung wäre ein Import aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebots in jedem Fall abzugeben, wenn es kostengünstiger als das verordnete Präparat gibt. Diese Lösung wünschen sich selbst die Importeure nicht. Diesbezüglich werden wir sogar mit der Oldenburger Apothekerin Einigkeit haben.

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AW: Petition - Antwort Jörg Geller Kohlpharma

von Uwe Hansmann am 07.08.2018 um 17:37 Uhr

Sehr geehrter Herr Geller,

die Tatsachen sprechen derzeit massiv gegen einen weiteren Arzneimittel-Import im bisherigen Ausmaß.

Wir brauchen an dieser Stelle keine oberlehrerhaften Belehrungen über die gesetzlichen und vertraglichen Regelungen. Das ist angesichts der Faktenlage völlig daneben. Wir brauchen funktionierende Kontrolle!

Und da es die derzeit offenbar nicht gibt, kann ich Ihnen nur empfehlen, sich die Regelungen des §1 Apothekengesetz noch einmal in aller Ruhe durchzulesen.


Es heißt dort in Absatz (1):

"Den Apotheken obliegt die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung."

Was ordnungsgemäß ist, entscheidet zum einen sicherlich der Gesetzgeber und dieser ist insofern auch der richtige Ansprechpartner.

Zum anderen obliegt uns Apothekern - nicht Ihnen als Importeur - die ordnungsgemäße Arzneimttelversorgung der Bevölkerung und wenn - wie aktuell - wir an der Ordnungsmäßigkeit der von Importeuren gelieferten Ware berechtigte Zweifel haben, müssen wir qua Gesetz handeln.

Nur so wird ein Schuh daraus und insofern ist die Petition von Frau Dr.Röscheisen-Pfeiffer vollumfänglich zu unterstützen!


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