Verbraucherzentrale Brandenburg

Versandapotheken: Kurzfristige Preisschwankungen bis zu 88 Prozent

Stuttgart - 06.08.2018, 11:40 Uhr

Verbraucherschützer kritisieren häufige Preisänderungen bei Online-Händlern. ( r / Foto: BVDVA)

Verbraucherschützer kritisieren häufige Preisänderungen bei Online-Händlern. ( r / Foto: BVDVA)


Im Internet kann es sich lohnen, Preise über einen längeren Zeitraum zu beobachten. Bei Flügen zum Beispiel kann es innerhalb eines kurzen Zeitraums große Preisschwankungen geben. Auch andere Online-Händler ändern häufig ihre Preise, wie Verbraucherschützer nun herausgefunden haben – und zwar auch Versandapotheken. Die fehlende Transparenz führe bei den Kunden zu Unsicherheit, kritisieren die Verbraucherschützer.

16 Online-Händler haben die Verbraucherschützer der Verbraucherzentrale Brandenburg unter die Lupe genommen. Über einen Zeitraum von fünf Wochen, von 31. Januar bis 5. März 2018, verglichen sie insgesamt 1133 Preise von Online-Händlern, wie Modeversandhäuser oder Elektronikmärkte – und auch drei Versandapotheken: Sanicare, DocMorris und ShopApotheke. Bis auf Letztere verteuerten alle regelmäßig Waren, um sie später wieder billiger anzubieten – und umgekehrt, wie die Verbraucherschützer feststellten. ShopApotheke war der einzige Händler in der ganzen Untersuchung, der keinerlei Preisänderungen vornahm. Jeweils 70 nicht-rezeptpflichtige Artikel je Versandapotheke gingen in die Analyse ein, darunter Trinknahrung, Lutschtabletten gegen Halsschmerzen, Schwangerschaftstests, Calcium-Brausetabletten, Blutdruckmessgeräte und Apothekenkosmetik.

Sanicare: Preisschwankungen bei 87 Prozent der Produkte

Bei 87 Prozent der Produkte änderte Sanicare im Untersuchungszeitraum den Preis – das Unternehmen hatte damit den höchsten Anteil dynamisch differenzierter Produktpreise von allen untersuchten Online-Händlern. Bei drei Produkten wurde der Preis ein- bis dreimal geändert, das entspricht einem Anteil von 5 Prozent. Bei 58 Produkten (95 Prozent), die Preisschwankungen unterlagen, wechselte der Preis innerhalb des untersuchten Zeitraums vier- bis 15-mal. Produkte, die über 15-mal zu einem anderen Preis zu haben waren, gab es bei keiner Versandapotheke und waren in der Untersuchung auch grundsätzlich die Ausnahme. Bei Artikeln, die mehr als dreimal ihren Preis wechselten, wurde zudem das Ausmaß der Schwankungen untersucht: Bei der großen Mehrheit der Sanicare-Artikel (48 Artikel; 83 Prozent) bewegten sich diese Schwankungen unter 20 Prozent bezogen auf den mittleren Produktpreis. Bei zehn Artikeln (17 Prozent) betrug die Abweichung mehr als 20 Prozent.

Auch bei DocMorris viele Preisänderungen

Bei DocMorris unterlagen 59 Prozent der untersuchten Artikel Schwankungen im Untersuchungszeitraum. Damit weist die niederländische Versandapotheke auch im Gesamtvergleich einen hohen Anteil an Produkten mit dynamisch differenzierten Preisen auf. Sie reiht sich auf Platz vier ein – nach dem Reifenhändler Tirendi und Mediamarkt, aber noch vor Comtech und Zalando. DocMorris änderte bei 39 der Artikel, die diesen dynamischen Preisdifferenzierungen unterlagen, ein- bis dreimal im untersuchten Zeitraum den Preis – das entspricht einem Anteil von 95 Prozent. Bei den übrigen zwei Artikeln (5 Prozent) schwankten die Preise vier- bis 14-mal.

Online-Apotheken ändern Preise offenbar tageweise

Sowohl bei Sanicare als auch bei DocMorris beobachteten die Verbraucherschützer tageweise Preisänderungen: Von den 41 Produkten, bei denen DocMorris überhaupt Preisänderungen vornahm, geschah das bei 34 nur an einem einzigen Tag im Untersuchungszeitraum, dem 1. März 2018. Neun der betreffenden Produkte wurden im Preis reduziert, während 25 Produkte im Preis erhöht wurden. Die Änderung erfolgte in beide Richtungen um bis zu 30 Prozent des mittleren Produktpreises. Bei Sanicare beobachteten die Verbraucherschützer ein ähnliches Vorgehen. Die Versandapotheke änderte bei 61 der 70 beobachteten Artikel im Untersuchungszeitraum ihre Preise. 55 Produktpreise wichen aber nur an zwei Tagen ab, dem 14. Februar und dem 18. Februar. Bei 38 Artikeln wurde an beiden Tagen der Preis am Vormittag reduziert, bei 17 Produkten hingegen wurde er erhöht. Am Nachmittag wurden alle Preisänderungen wieder rückgängig gemacht. Dabei stellten die Verbraucherschützer fest: Die Preiserhöhungen fielen mit 26 Prozent im Mittel (bezogen auf den mittleren Produktpreis) deutlich höher aus als die Reduzierungen. Die beliefen sich auf durchschnittlich 6 Prozent. Die extremste Preiserhöhung betrug 88 Prozent. So kostete eine Trinknahrung, Fresubin Energy Fibre Drink Erdbeere, zu Beginn der Untersuchung 8,45 Euro. An den beiden genannten Tagen mussten Patienten 15,89 Euro dafür bezahlen. Als unverbindliche Preisempfehlung nennt Sanicare allerdings einen noch höheren Preis: 17,65 Euro.

Verbraucherschützer: Kunde kann „verlässlichen“ Preis schwer abschätzen

Die Verbraucherschützer kommen zu dem Schluss, dass Versandapotheken zu den Branchen gehören, in denen es eher häufig zu Preisanpassungen kommt – ebenso wie bei Elektronik, Autoteilen und Mode. Im Bereich Freizeit und Hobby, bei Baumärkten sowie Luxus und Schmuck sei das seltener der Fall, schreiben sie. Ihrer Ansicht nach ist vor diesem Hintergrund für Verbraucher nur schwer abzuschätzen, welcher Preis der eigentlich „verlässliche“ im Sinne des Wertes eines Produktes ist. Die Angabe der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers als möglicher Referenzpreis helfe nur bedingt weiter, da man beobachtet habe, dass sich alle dynamischen Preisanpassungen unterhalb dieser Empfehlung bewegten. Einzige Möglichkeit für die Verbraucher sei somit die kontinuierliche Beobachtung der Preise über einen längeren Zeitraum, was entsprechenden Aufwand mit sich bringe.

Weiter schreiben die Verbraucherschützer, dass die fehlende Transparenz beziehungsweise Bewertungsmöglichkeit bei den Kunden zu Unsicherheit führe und in erster Linie zu Vertrauensverlust in den Online-Händler. Sie zitieren zudem Befragungsergebnisse, denen zufolge diese fehlende Transparenz vor allen den Online-Händlern selbst schade: Betroffene Kunden hätten als Reaktion angegeben, nicht noch einmal beim jeweiligen Händler zu kaufen oder sich aktiv dort zu beschweren.

Die vollständige Untersuchung finden Sie hier. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

was? nein! ohh!!!

von Christiane Patzelt am 06.08.2018 um 13:51 Uhr

Wer hätte das gedacht, Mensch! Schon sind Arzneimittel wie ganz gewöhnliche Konsumgüter dem circadianen Rhythmus unterworfen und wer sagt uns, dass es bei OTC bleibt..?! Achsoo, die von der CDU, die regeln das schon mit dem ungeregelten Wettbewerb!! Genau so, wie nahezu JEDER Politiker von uns fordert, die Spielregeln dem Versand gegenüber fair zu halten -- genau mein Humor!!

Ich hab sie jetzt schon alle im Ohr.."nein, so einen disruptiven Wettbewerb haben wir doch gar nicht gewollt, ach - dass amazon jetzt so den Markt aufmischt, haben wir gar nicht erwartet...dass so viele kleine Gemeinden ihre Steuerzahler verlieren, war so nicht vorher zu sehen..." Sorry, wer Politik macht mit der Voraussicht einer 2-Jährigen, der hat einfach nichts verstanden --schon gar nicht den Begriff " Vertreter fürs Volk" --es werden weiterhin die Gemeinden ausbluten, die Großstädte wachsen, die Pendlermasse zunehmen und irgendwann ist der break even --ganz klasse in Frankreich zu sehen. Aber gut, der Deutsche will ja auch mal seine eigenen Fehler machen!

Für die Preisschwankungen gibts bestimmt auch schon n tool bei check-89...

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