Zur Prophylaxe

Migräne-Antikörper Erenumab in der EU zugelassen

Stuttgart - 31.07.2018, 10:15 Uhr

Der Migräne-Antikörper Erenumab (Aimovig®) von Novartis kann nun auch in der EU vermarktet werden. ( r / Foto: picture alliance / AP Photo)

Der Migräne-Antikörper Erenumab (Aimovig®) von Novartis kann nun auch in der EU vermarktet werden. ( r / Foto: picture alliance / AP Photo)


Novartis' Migräne-Antikörper Erenumab (Aimovig®) kann nun auch in der EU vermarktet werden. Nach der US-Zulassung im Mai und der Zulassung in der Schweiz vor zwei Wochen hat nun die EU-Kommission dem Wirkstoff auch für die EU den Marktzugang genehmigt. Erenumab richtet sich gegen den Rezeptor des Calcitonin Gene-Related-Peptide (CGRP) und soll prophylaktisch bei Migränepatienten mit mindestens vier Migränetagen pro Monat zum Einsatz kommen.

Anfang Juni hatte sich der Humanarzneimittelausschuss der EMA (CHMP) positiv zu Erenumab (Aimovig®) geäußert und den CGRP-Rezeptor-Antikörper zur Zulassung empfohlen. Nun ist die EU-Kommission der Empfehlung gefolgt und hat die Zulassung erteilt. In den USA ist der Migräne-Antikörper bereits seit Mai zugelassen. Novartis-Chef Vas Narasimhan hatte sich vor knapp zwei Wochen bei der Präsentation der Q2-Zahlen positiv überrascht über die US-Nachfrage nach Aimovig® gezeigt. Diese sei beispiellos gewesen, was ein gutes Vorzeichen für die Lancierung in Europa sei.

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Zugelassen ist Erenumab zur Prophylaxe der episodischen und chronischen Migräne, und zwar bei Erwachsenen mit mindestens vier monatlichen Migränetagen. Nach einer Schulung können Patienten Aimovig® auch selbst mittels Autoinjektor subkutan injizieren. Die Applikation erfolgt einmal pro Monat – jeweils 70 mg. Einige Patienten profitieren laut US-Info aber auch von einer Gabe an zwei aufeinanderfolgenden Tagen, also 140 mg. Die häufigsten Nebenwirkungen in den Studien waren Reaktionen an der Injektionsstelle und Obstipation.

Wie wirkt Erenumab

Erenumab ist ein humaner IgG2 -Antikörper, der sich gegen den Rezeptor von CGRP (Calcitonin Gene-Related-Peptide) richtet. Damit setzt der Antikörper auf einen völlig neuen Ansatz in der Migräne-Prophylaxe und ist der erste Vertreter einer neuen Wirkstoffklasse. Durch Bindung an den CGRP-Rezeptor wird die Interaktion mit dem natürlichen Liganden CGRP gehemmt. CGRP ist ein Neuropeptid aus 37 Aminosäuren, das im peripheren und im zentralen Nervensystem exprimiert wird. Es hat stark gefäßerweiternde Eigenschaften und spielt bei der Schmerzauslösung sowie bei der neurogenen Entzündung eine zentrale Rolle. Bei Migränepatienten kann man bei einem Anfall erhöhte CGRP-Werte feststellen. Durch die intravenöse Verabreichung des Peptids lassen sich sogar Anfälle auslösen. Die Triptane, die in der Akuttherapie der Migräne eingesetzt werden, hemmen unter anderem auch die Ausschüttung von CGRP, indem sie als Agonisten an 5-HT1-Rezeptoren wirken. Neben der Reduktion der CGRP-Ausschüttung führen sie zu einer Gefäßverengung, hemmen die nozizeptive Transmission (Schmerzleitung) und reduzieren die Ausschüttung anderer Neuropeptide wie Substanz P.

Weitere Migräne-Antikörper in der Pipeline

Novartis, beziehungsweise Amgen, die Erenumab in den USA vermarkten, sind nicht die einzigen Hersteller, die im Bereich der Migräne-Antikörper aktiv sind. Teva forscht derzeit an Fremanezumab. Der Antikörper richtet sich direkt gegen CGRP und nicht, wie Erenumab, gegen den Rezeptor des Neuropeptids. Derzeit laufen Phase-III-Studien zu Fremanezumab. Weitere Antikörper, ebenfalls in Phase-III und direkte Neutralisatoren von CGRP, sind Galcanezumab von Eli Lilly und Eptinezumab aus dem Hause Alder Biopharmaceuticals.

Was gibt es bisher zur Prophylaxe?

Von Migräneattacken sind laut Zahlen der Stiftung Kopfschmerz circa 10 Prozent der Bevölkerung betroffen, von denen zwei Millionen an wiederkehrenden Attacken leiden. Rund 8 Prozent aller Männer und 12 bis 14 Prozent aller Frauen leiden unter Migräne. Bei einer Attackenfrequenz von mehr als drei Attacken pro Monat oder bei weniger Attacken, die aber mit der Akutmedikation nicht ausreichend beherrscht werden können (z.B. keine befriedigende Schmerzkupierung möglich oder sehr lange Aura mit ausgeprägten neurologischen Ausfallsymptomen), ist eine medikamentöse Prophylaxe der Migräne indiziert. Mittel der ersten Wahl sind Betablocker, Flunarizin, Valproat und Topiramat. 

Auf die Mittel der ersten Wahl zur Migräneprophylaxe sprechen bis zu 70 Prozent aller Betroffenen an. Es kann daher notwendig sein, mehrere Substanzen auszuprobieren, bevor ein geeignetes Medikament zur Prophylaxe gefunden wird. Für weitere Substanzen liegen weniger kontrollierte Studien vor oder ist die Wirksamkeit nicht so ausgeprägt wie bei den zuvor genannten. Diese Substanzen sollten daher nur eingesetzt werden, wenn die Mittel der ersten Wahl nicht wirksam gewesen sind oder wenn gegen alle Kontraindikationen vorliegen. Zu diesen Substanzen der zweiten Wahl gehören u.a. Amitriptylin, Venlafaxin, Naproxen, ASS.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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4 Kommentare

Aimovic

von Nathalie Lehmann am 18.09.2019 um 12:52 Uhr

Man muss bei der KK eine Kostengutsprache einholen, dann ja.

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Erenumab

von Dr. Stratemeyer am 09.10.2018 um 16:09 Uhr

Was kostet das Medikament und wird es von den Krankenkassen übernommen?

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Stratemeyer-Bremer

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Erenumab

von Nadia am 20.11.2018 um 18:06 Uhr

Also es wurde mir von krankenhaus wien gesagt, dass die Spritze eigentlich kostet, aber wenn der Patient sehr viele Arten von Behandlungen probiert hat (Tabletten) und nichts geholfen hat, übernimmt es die WGKK.

AW: Erenumab

von Nathalie Lehmann am 18.09.2019 um 12:50 Uhr

Die Spritze kostet um die CHF 620.-
- Ich werde sie am Freitag spritzen und bin gespannt auf das Ergebins.

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