Festschreibung des Großhandelsfixums

Skonto-Frage wird wieder aktuell

Süsel - 30.07.2018, 14:00 Uhr

In der Begründung des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) steht, dass nicht nur das Großhandelsfixum, sondern auch Skonti fixiert werden sollen. Welche Auswirkungen hätte eine solche Regelungen auf die Apotheken? ( r / Foto: Stockfoto-MG / fotolia)

In der Begründung des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) steht, dass nicht nur das Großhandelsfixum, sondern auch Skonti fixiert werden sollen. Welche Auswirkungen hätte eine solche Regelungen auf die Apotheken? ( r / Foto: Stockfoto-MG / fotolia)


Bei der vom Bundesgesundheitsministerium geplanten Festschreibung des Großhandelsfixums kommt es auf die Formulierung im Detail an. Laut Gesetzesbegründung sollen auch Skonti begrenzt werden. Doch neue Auslegungsfragen sind dabei keineswegs ausgeschlossen. Welche Folgen hätte eine solche Neuregelung auf die Apotheken?

Das geplante TSVG ist ein Sammelsurium aus unterschiedlichsten Neuerungen. Für Apotheken erscheint die Änderung zum Großhandelsfestzuschlag in der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) als wichtigster Punkt. Dabei geht es „nur“ um einen Satz. § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV soll künftig lauten: „Bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, durch den Großhandel an Apotheken oder Tierärzte ist ein Festzuschlag von 70 Cent sowie die Umsatzsteuer zu erheben; zusätzlich darf auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer höchstens ein Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro erhoben werden.“

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Reaktion auf BGH-Urteil

Demnach „ist“ der Festzuschlag „zu erheben“ und „zusätzlich darf“ höchstens der prozentuale Zuschlag „erhoben werden“. Damit reagiert das Gesundheitsministerium auf das „Skonto-Urteil“ des Bundesgerichtshofs vom 5. Oktober 2017. Die Richter hatten auf den bisherigen Wortlaut verwiesen. Danach „darf“ der Großhandel beide Zuschläge „erheben“ und kann daher auch auf beide verzichten. Nach dem neuen Wortlaut kann der Festzuschlag dagegen nicht durch individuelle Konditionen zwischen Großhandel und Apotheke vermindert werden.

Gesetzesbegründung schließt Skonti ein

Doch ist damit wirklich alles klar? Schon vor dem „Skonto-Urteil“ des Bundesgerichtshofs hatten viele Beobachter die bestehende Rechtslage in diesem Sinn interpretiert. In dem Rechtsstreit ging es um die Konditionen des Großhändlers AEP. Dieser gewährt Rabatte und Skonti an die Apotheken, die insgesamt größer als der prozentuale Zuschlag von 3,15 Prozent sind. Eine wesentliche Frage auf dem Weg durch die Instanzen war daher, ob 3,15 Prozent nur eine Grenze für die Rabatte bilden oder auch für Skonti. Der BGH hatte diese Frage mit seiner Entscheidung umgangen. Mit der geplanten Änderung würde sie wieder relevant. Doch das sieht auch das Gesundheitsministerium und geht daher in der Gesetzesbegründung auf die Frage ein. Dort heißt es: „Es wird gesetzlich klargestellt, dass der pharmazeutische Großhandel bei der Arzneimittelabgabe den Festzuschlag von 70 Cent auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers nach der Arzneimittelpreisverordnung zwingend aufschlagen muss und auf diesen Betrag keine Rabatte oder Skonti gewähren darf.“

Was wären die Folgen für die Apotheken?

Aus Sicht des Ministeriums sollen demnach alle Nachlässe begrenzt sein, aber gerade diese entscheidende Klärung steht nur in der Begründung und nicht im Wortlaut der Verordnung. Auch beim „Skonto-Urteil“ war dieser Unterschied entscheidend für die Auslegung und die Begründung zählte letztlich nicht. Unabhängig davon zeigt die Erfahrung, dass die Marktbeteiligten viel Fantasie bei der Gestaltung neuer Konditionen entwickeln. Neue Konditionen, ein neuer Rechtsstreit und damit wieder eine lange Rechtsunsicherheit liegen damit nahe.

Folgen für Apotheken

Doch was wäre, wenn alle Nachlässe des Großhandels an Apotheken bei 3,15 Prozent auf den Abgabepreise des pharmazeutischen Unternehmers gedeckelt würden? Für diesen Fall hatten Beobachter des „Skonto-Prozesses“ vor erheblichen Einbußen für viele Apotheken gewarnt. Der Großhändler AEP und seine Kunden wären besonders betroffen. AEP droht damit seinen wesentlichen Wettbewerbsvorteil zu verlieren.

Bei anderen Großhändlern ginge es primär um umsatzstarke Apotheken, weil nur mit hohen Umsätzen hohe Nachlässe zu erzielen sein dürften. Solche Apotheken sind wahrscheinlich nicht in ihrer Existenz bedroht. Doch jeder Euro, der nicht bei den Apotheken ankommt, fehlt letztlich irgendwo im System. Die ordnungspolitische Stringenz der neuen Regel könnte daher für einige Apotheken zunächst schmerzlich werden.

Eine wesentliche Frage bleibt jedoch, wie die Großhändler die Änderung in ihrem komplexen Konditionengefüge kompensieren. Die Auslegung des einen geänderten Satzes in der AMPreisV könnte damit noch zu einem Dauerthema werden.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Skonto

von Jörg Geller am 30.07.2018 um 16:26 Uhr

Der Apotheker ist ein Muß-Kaufmann, dessen Leistung nur bei Abgabe von Ware honoriert wird. Ein Apotheker muß sich kaufmännisch verhalten. Dazu gehört es natürlich, mit seinen Vorlieferanten Rabatte und Skonti für vorfällige Zahlung auszuhandeln. Dabei ist nicht nur die Unternehmensgröße entscheidend, sondern auch das Verhandlungsgeschick des einzelnen Apothekers. Ein Verbot von Skonti, die summiert mit Rabatten über die 3,15 % hinausgehen, ist auch nicht ordnungspolitisch stringent. Vielmehr nützt eine solche Regelung vor allem multinational aufgestellten Großhändlern, die keiner Unterstützung bedürfen. Diese Großhändler sind absolut in der Lage, selbst zu entscheiden, welchen Anteil ihrer fixen oder variablen Marge sie weiter geben. Es ist auch falsch, daß eine solche Regelung große Apotheken nicht treffen würde. Gerade große Apotheken liegen oft in teuren Mietlagen und haben insgesamt höhere Kosten. Es ist auch nicht stringent, daß Großhändler gleichwohl Skonti von Herstellern beziehen dürfen. Ebenso dürfen ausländische Versandhändler Skonti und Rabatte weiterhin in beliebiger Höhe erhalten, was deutsche Apotheken zusätzlich benachteiligt. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß hier die niedergelassene Apotheke von der Politik ungewollt sturmreif geschossen wird. Ich hoffe sehr, daß der DAV im Hintergrund aktiv ist, um dem keinesfalls im Interesse aller Apotheken liegenden Gesetzesvorhaben zu begegnen.

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