18 Haftbefehle

Impfstoff-Skandal in China weitet sich aus

Stuttgart - 30.07.2018, 15:15 Uhr

Ein Kind wird in einem
„Disease-Control-Center“ in Shijiazhuang, im Norden Chinas, geimpft
(Symbolbild). Anlässlich des neusten Impfstoff-Skandals in China sind vor allem
die Eltern verunsichert. (s / Foto: Jia Minjie / imago)

Ein Kind wird in einem „Disease-Control-Center“ in Shijiazhuang, im Norden Chinas, geimpft (Symbolbild). Anlässlich des neusten Impfstoff-Skandals in China sind vor allem die Eltern verunsichert. (s / Foto: Jia Minjie / imago)


Der Impfstoff-Skandal rund um das chinesiche Impfstoff Unternehmen Changsheng Life Sciences weitet sich aus. Seit dem gestrigen Sonntag berichtet die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua nun sogar von 18 Haftbefehlen, die die Polizei gegen Verdächtige verhängt haben soll. In der vergangenen Woche hieß es noch, dass Polizisten die Vorstandsvorsitzende Gao Junfang und fünf weitere Mitarbeiter in Gewahrsam genommen haben. Die WHO sicherte den chinesischen Gesundheitsbehörden unterdessen ihre Unterstützung zu.

Bereits vergangene Woche waren die Vorstandsvorsitzende Gao Junfang und weitere Mitarbeiter von Changsheng Life Sciences zur Befragung in Gewahrsam genommen worden. Zuvor hatte die chinesische Arzneimittelaufsicht das Unternehmen Changsheng Life Sciences beschuldigt, Unterlagen gefälscht zu haben, in denen es um die Herstellung und die Qualitätskontrolle der Impfstoffe geht. Staatsmedien berichteten zudem, dass Changsheng laut Behörden minderwertige Kombi-Impfstoffe gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten in Umlauf brachte, die im vergangenen Jahr mehr als 200.000 Kindern injiziert wurden.

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Nun liegen anscheinend Beweise vor, dass Changsheng Tollwut-Impfstoffe illegal hergestellt hat: Im Skandal um die minderwertigen Impfstoffe in China hat die Polizei nämlich laut dpa gegen 18 Verdächtige Haftbefehle beantragt. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am Sonntag berichtete, soll es sich dabei ausschließlich um Mitarbeiter des Unternehmens Changsheng Life Sciences handeln, darunter auch die Vorstandsvorsitzende.

Ermittlungen bei weiteren Hochrisiko-Pharmafirmen

Noch am Dienstag vergangener Woche hatte Präsident Xi Jinping laut der chinesischen Nachrichtenagentur umfassende Ermittlungen und harte Strafen für die Verantwortlichen gefordert. Premier Li Keqiang veranlasste die Aussendung von entsprechenden Untersuchungsteams, um die gesamte Produktionskette bis zum Verkauf nachzuverfolgen. Es werde auch untersucht, ob Beamte der Aufsichtsbehörde Pflichtverletzungen begangen haben könnten. 

Die Aufsichtsbehörde der Provinz Jilin hat Changchun Changsheng das GMP-Zertifikat für den Tollwut-Impfstoff entzogen und dessen Produktion und Verkauf gestoppt. Zudem seien die Zulassungen aller weiteren Produkte von Changchun Changsheng suspendiert worden.

Zusätzlich sollen die Untersuchungsteams bei weiteren Hochrisiko-Pharmafirmen mit Ermittlungen begonnen haben: „Wir können damit rechnen, dass es von nun an mehr unangekündigte Inspektionen geben wird“, sagte Gauden Galea, der China-Repräsentant der WHO (World Health Organization), gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Die chinesischen Hersteller würden nun auf die Probe gestellt. Die WHO beobachtet laut Galea zudem scharf, ob sich der Impfstoff-Skandal auf weitere Hersteller ausbreitet. Chinas Reaktion sei bislang aber wirkungsvoll gewesen. Der Fall bedeute jedoch nicht, dass chinesische Impfstoffe im Ausland nicht mehr genutzt werden sollten: „Man kann nicht einfach ein gesamtes Land aufgrund eines Ausreißers ausschließen.“    

WHO: Gegenseitige Kontrolle der Aufsichtsbehörden in China funktioniert

Der chinesische Impfstoff-Hersteller Changchun Changsheng Life Sciences Limited wurde am 6. und 8. Juli 2018 auf einen Tipp hin unangekündigt inspiziert – von der SDA (State Drug Administration) und der Behörde für Arzneimittel und Lebensmittel der Provinz Jilin. Auch das berichtet Xinhua.

Am 15. Juli gab die SDA dann bekannt, dass Changchun Changsheng Life Sciences Tollwut-Impfstoffe auf illegale Weise produziert habe. Nicht nur Unterlagen über Herstellungs- und Inspektionsprozesse seien gefälscht worden, sondern auch Einstellungen für die Produktion und Ausrüstung seien willkürlich verändert worden.

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Am 25. Juli 2018 veröffentlichte die CFDA (China Food and Drug Administration) ein Statement der WHO, in dem die WHO ihre Unterstützung der chinesischen Behörden zum Ausdruck bringt: Die WHO warte nun auf die Ergebnisse der Untersuchungen und stehe bereit, die nationalen Gesundheitsbehörden zu unterstützen. Der Zwischenfall zeige, dass potenzielle Risiken vermieden werden können, wenn die behördliche Kontrolle gut funktioniert, heißt es in dem Statement. Wenn dann Probleme gefunden würden, müsse die Behörde handeln. In diesem Zusammenhang lobte die WHO die schnellen und transparenten Maßnahmen, die von der chinesischen nationalen Arzneimittelbehörde eingeleitet wurden.

Chinesische Behörden entsprechen WHO-Kriterien

Im Jahr 2010 und 2014 habe die WHO die nationalen Aufsichtsbehörden Chinas beurteilt und sei dabei zu dem Schluss gekommen, dass sie den WHO-Kriterien entsprechen. Während der aktuelle Vorfall offensichtlich bedauerlich sei, zeige er aber, weil er bei einer unangekündigten Inspektion aufgedeckt wurde, dass das System der gegenseitigen Kontrolle der Aufsichtsbehörden funktioniere.



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