Spahns Versorgungsgesetz

Mit Patientenbussen und ohne Kapitalinvestoren gegen die Unterversorgung

Berlin - 24.07.2018, 11:35 Uhr

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will KVen darin bestärken, Patientenbusse aufs Land zu schicken. (b / Foto: Imago)

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will KVen darin bestärken, Patientenbusse aufs Land zu schicken. (b / Foto: Imago)


Welche für Apotheker wichtigen Neuregelungen enthält das TSVG?

Anders als die Standesvertretung der Apotheker ist die Kassenärztliche Bundesvereinigung solchen Fernbehandlungsmöglichkeiten gegenüber nicht abgeneigt. Ein Sprecher der KBV kommentierte gegenüber DAZ.online: „Wir begrüßen es grundsätzlich, dass das Bundesgesundheitsministerium Eigeneinrichtungen der KVen stärken will. So ist es beispielsweise gut, dass die Gründung von Eigeneinrichtungen durch die KVen gestärkt werden soll. Ebenso positiv ist es, dass das BMG alternative Wege gehen will und Eigeneinrichtungen auch mobil tätig sein können. Die Idee des Patientenbusses ist allerdings nicht neu. Die KV Hessen beispielsweise testet diese Versorgungslösung bereits sehr erfolgreich aus. Um die gesetzlichen Vorhaben in diesem Bereich im Detail bewerten zu können, warten wir jedoch noch auf den Referentenentwurf.“

Außerdem enthält das TSVG die folgenden Neureglungen, die für den Apothekenmarkt interessant sind:

  • Medizinische Versorgungszentren (MVZ): Seit 2012 dürfen MVZ nur noch von zugelassenen Ärzten, Psychotherapeuten, zugelassenen Krankenhäusern, Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen oder von gemeinnützigen Trägern gegründet werden. Zuvor waren alle Leistungserbringer dazu ermächtigt, auch Apotheker. Um den Einfluss von Fremdkapital im Gesundheitswesen zu verringern, will das BMG den Gründerkreis jetzt aber noch weiter einschränken. Wörtlich heißt es dazu im Entwurf: „Neben zugelassenen Ärztinnen und Ärzten und zugelassenen Krankenhäusern können MVZ unter anderem auch von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 SGB V gegründet werden. Um den Einfluss von Kapitalinvestoren ohne medizinisch-fachlichen Bezug zur vertragsärztlichen Versorgung auf die Versorgungsstrukturen zu begrenzen, wird die Gründungsmöglichkeit für Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen (…) auf fachbezogene MVZ beschränkt.“
  • AMNOG-Schiedsstelle: Wenn sich Kassen und Hersteller in den Verhandlungen zu einem Erstattungsbetrag eines Arzneimittels, das die frühe Nutzenbewertung durchläuft, nicht einigen können, kann eine Schiedsstelle angerufen werden. Wenn sich Hersteller und Kassen über die Besetzung nicht einig werden, entscheidet derzeit das Losverfahren. Das BMG will nun regeln, dass die Aufsichtsbehörde, also das Ministerium selbst, die Besetzung der Schiedsstelle in solchen Fällen regelt.
  • Zahnärzte und Arzneimittel: Laut Arzneimittelgesetz dürfen Ärzte Arzneimittel herstellen. Wörtlich gehören laut AMG dazu die folgenden Tätigkeiten: „das Gewinnen, das Anfertigen, das Zubereiten, das  Be-  oder Verarbeiten, das  Umfüllen einschließlich Abfüllen, das  Abpacken, das Kennzeichnen und die Freigabe“. Diese Befähigung sollen durch das TSVG nun auch Zahnärzte erhalten.
  • Prüfung der Spitzenverbände: Das BMG ist gesetzlich damit beauftragt, die Geschäfts-, Rechnungs- und Betriebsführung der großen Spitzenverbände im Gesundheitswesen zu prüfen, dazu gehören unter anderem der GKV-Spitzenverband und die KBV. Künftig soll das BMG bei dieser Prüfung selbst Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwaltskanzleien beauftragen können.
  • Digitalisierung: Das BMG will mit dem TSVG zudem einige Vorhaben bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens konkretisieren. So sollen die in der elektronischen Patientenakte gespeicherten Daten auch mobil abrufbar sein. Die Kassen sollen ab 2021 verpflichtet werden, ihren Versicherten eine E-Patientenakte anzubieten. Außerdem soll die Einwilligung des Versicherten in die Nutzung der medizinischen Anwendungen vereinfacht werden.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Apothekenbus noch verhindert?

von Heiko Barz am 25.07.2018 um 10:32 Uhr

Bei dieser medial spektakulären Aktion wird der „Apothekenbus“ auf lange Sicht dann auch erscheinen, das wäre bei dem derzeitigen „Versorgungsdilemma“ doch die logische Folge.
Heutzutage ist die akute Arzneimittelversorgung auch bis zur Oma Hermine in „Hinterzucking“ durch die intensive und zeitnahe Belieferung des Apothekenlieferservices selbstverständlich sicher gewährleistet.
Vielleicht hätte man diese - über sehr lange Jahre erfolgreich praktizierte - Sellbstverständlichkeit der aktiven Patientenbetreuung besser publizieren müssen.
Die Politiker werden aber durch ihr ständiges und medienhungriges Dauergebrabbel diesen sicheren Lieferservice soweit abwerten, dass die zeitfressende und umweltbelastende und in vielen Fällen gefährliche Arzneimittel- Internetversorgung irgendwann - aber zeitnah - als der Goldstandard in Versorgungsgesetzen Einzug halten.
Was aber wollen „Schmidtchen Schleicher“ und die Seinen dann noch mit dem Berliner Palast anfangen? Vielleicht wird daraus eine preiswerte Dependance von „Zur Rose“ und derer unsäglichen Abszesse.

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Jens Spahn

von Alexander Zeitler am 25.07.2018 um 4:54 Uhr

Da fällt der ahnungslose Herr Spahn z.b. mit der offenen Sprechstunde auf die Nase. Angeblich gibts ja auf dem Land keinerlei Versorgungsprobleme, weil man da ja angeblich mehr als in der Stadt verdient. Internet-Apotheken sind ja auch kein Problem. Und wozu dann die Busse, Herr Spahn? Das ganze ist irgendwie nicht schlüssig. Aber er war mal wieder in der Zeitung. Aktionismus. Das nächste Mal vorher mit Profis sprechen und dann Ideen entwickeln.

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