Gastkommentar

Der Wert Arzneimittelsicherheit

Erding - 24.07.2018, 17:15 Uhr

Franz Stadler findet: Apotheker und ihre Standesvertreter sollten sich wieder zum Anwalt der Arzneimittelsicherheit aufschwingen und sich im Interesse
ihrer Patienten mit vollem Einsatz vor diesen Wert stellen. (Foto: PhotoSG / stock.adobe.com)

Franz Stadler findet: Apotheker und ihre Standesvertreter sollten sich wieder zum Anwalt der Arzneimittelsicherheit aufschwingen und sich im Interesse ihrer Patienten mit vollem Einsatz vor diesen Wert stellen. (Foto: PhotoSG / stock.adobe.com)


Verlust an Arzneimittelsicherheit

Aus der beschriebenen Grundkonstellation ergeben sich nun weitreichende Folgen, die alle unter einem Verlust an Arzneimittelsicherheit zusammengefasst werden können. Hier nur einige Beispiele.

Lieferengpässe: Lieferengpässe haben in aller Regel zwei Ursachen: Produktionsausfälle oder transnationale Verschiebungen größerer Packungsmengen. Beide Fälle hängen mit dem Bemühen der Beteiligten zusammen, ihre Gewinne zu steigern. Produktionsengpässe werden dabei immer wahrscheinlicher je weniger Produktionsstätten es weltweit gibt. Fällt dann beispielsweise ein Werk aus (Naturkatastrophe, Krieg o. ä.) oder macht es einen Produktionsfehler (aktuell: krebserregendes Nebenprodukt der Valsartansynthese beim chinesischen Hersteller Zhejiang Huahai Pharmaceutical, der weltweit zahlreiche Produktrückrufe zur Folge hatte) können weitreichende Versorgungslücken entstehen. Eine weitere Ursache vieler Lieferengpässe sind transnationale Verschiebungen erheblicher Arzneimittelmengen. Mit Ausnahme der meisten Originalia sind die Arzneimittelpreise in Deutschland inzwischen so niedrig, dass es sich für findige Unternehmer lohnt, diese aufzukaufen und mit Gewinn ins Ausland zu bringen. Zurück bleiben eine unsichere Versorgungslage und Patienten, die, ebenfalls verunsichert, im besten Fall auf andere Medikamente umgestellt werden können.

Importe: Seit 2002 dient eine gesetzlich verankerte Importquote immer wieder als Einfallstor gefälschter oder gestohlener Arzneimittel. Obwohl die gesetzlichen Krankenkassen 2017 nur ca. 0,5 Prozent ihrer Arzneimittelausgaben durch parallelimportierte Arzneimittel eingespart haben und obwohl sich Importe immer wieder als unsicherer Vertriebsweg erwiesen haben, sind die Apotheken nach wie vor verpflichtet, eine Importquote von bis zu 7 Prozent je Krankenkasse zu erfüllen. Andernfalls müssen sie die theoretisch errechnete Preisdifferenz aus ihrer eigenen Tasche bezahlen. Konstruktionsbedingt, aber auch aus Angst vor den finanziellen Strafen wird die geforderte Soll-Importquote durch die deutschen Apotheken im Schnitt deutlich übertroffen (fast Faktor 2)[1]. Dabei sind korrekte Parallelimporte zwar prinzipiell rechtlich erlaubt (Ursache: sehr gute Lobbyarbeit!), aber moralisch mehr als zweifelhaft, führen sie doch in anderen Ländern zu Versorgungsengpässen (siehe auch Punkt 1). Selbst die Einführung von Securpharm, wird diese Sicherheitslücke nur dann schließen, wenn sich alle relevanten Länder lückenlos beteiligen.

Qualitätsmängel: Die pharmazeutischen Rahmenbedingungen sind eigentlich klar geregelt (AMG u.a.), aber eine effektive Kontrolle, ob diese eingehalten werden, findet kaum statt. Aufsichtsbehörden prüfen, wenn überhaupt, überwiegend nach vorgelegter Daten- und Zertifikatslage. Dabei ist es gerade bei verschlungenen, Ländergrenzen überschreitenden Vertriebswegen offensichtlich nicht ausreichend, sich auf vorgelegte Gutachten zu verlassen ohne diese durch eigene, valide Analytik zu überprüfen. Nur so wären die offiziellen Vertriebswege effektiv vor Fälschungen oder vor schlecht gelagerten, teilweise unwirksamen Diebesgut aus dem Ausland zu schützen – eine Feststellung, die übrigens auch für ausländische RX-Versender gilt. Diese Forderung würde jedoch als erste Schritte eine bessere Koordinierung und Ausstattung der zuständigen Behörden verlangen. Aber nicht nur beim grenzüberschreitenden Arzneimittelhandel, sondern auch im Inland sollten unsere Aufsichts- und Kontrollmechanismen auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden. Einige Stichworte hierzu sind:

  • Fehlende Überprüfung der Retaxationspraxen mancher Krankenkassen
  • Korrektur des zulässigen, aber zu langsamen Rechtsweges über Sozialgerichte

Auch diese Punkte können in der Folge zu einem ganz- oder teilweisen Verlust an Arzneimittelsicherheit führen.



[1] Auswertung durch die VSA, ca. 4500 Apotheken, Gesamtjahr 2017



Dr. Franz Stadler
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


1 Kommentar

Azneimittelsicherheit

von Wolf Wagner am 25.07.2018 um 22:03 Uhr

Ich finde den Artikel zu verschwurbelt. Dadurch verliert er seine Stoßrichtung. Arzneimittelsicherheit kostet. Das ist ökonomisches Allgemeinwissen. Wer die Arzneimittelkosten senkt , wird die Kosten für Sicherheit streichen, sonst müsste er die Produktionskosten streichen, was nicht geht. Wer sagt man könne ja den Profit streichen, offenbart sein ökonomisches Armutszeugnis, denn ohne Profiterwartung wird ein Unternehmer nicht investieren. Die Krankenkassen sind ein Nachfragekartell und können den Preis diktieren. Leider sitzen dort Betriebswirtschaftliche Anfänger., die genau das glauben. Eigentlich ist das ein Fall für das Kartellamt. In keiner ändern Branche wird solch eine Konzentration zugelassen. Es wird Zeit den Krankenkassen ihre Macht zu entziehen. Sie sind ihrer Verantwortung nicht gewachsen. Sie sind Teil des Staatsversagens.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.