ABDA-Präsident Schmidt zur Valsartan-Krise

„Der Valsartan-Rückruf ist sehr gut verlaufen“

Berlin - 24.07.2018, 13:50 Uhr

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt verteidigt die Kommunikationspolitik des BfArM in der Valsartan-Krise. (m / Foto: Imago)

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt verteidigt die Kommunikationspolitik des BfArM in der Valsartan-Krise. (m / Foto: Imago)


Seit zweieinhalb Wochen sind die Verunreinigungen im Blutdruckmittel Valsartan von einigen Herstellern nun bekannt. Auf operativer Ebene verlief der Rückruf zügig: Innerhalb weniger Tage hatten die Apotheker die betroffene Ware zurückgeschickt. Was die Kommunikation gegenüber den Patienten betrifft, hat es jedoch insbesondere in der Apotheke viel Verunsicherung gegeben. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt sieht das nicht so: In einem Interview erklärt Schmidt, dass der Rückruffall „sehr gut, sehr eindeutig und sehr schnell“ abgelaufen sei.

Am 4. Juli kündigte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine groß angelegte Rückrufaktion des Blutdrucksenkers Valsartan an: Von einer „produktionsbedingten Verunreinigung des Wirkstoffs mit N-Nitrosodimethylamin“ war damals die Rede, eine akute Patientengefährdung bestehe aber nicht. Kurz danach starteten die ersten konkreten Rückrufe. Inzwischen ist klar: Viele Hersteller haben ihr Valsartan von der betroffenen chinesischen Firma produzieren lassen. In den darauffolgenden Tagen schickten die Apotheker massenweise valsartanhaltige Arzneimittel über den Großhandel zurück an die Hersteller.

Am 13. Juli erfolgte dann eine weitere Mitteilung des BfArM, die in erster Linie an die Patienten gerichtet war. Darin wird ihnen empfohlen, sich wegen ihrer Medikation mit einem Arzt oder Apotheker zu besprechen. „Diese können dann abklären, ob das von ihnen derzeit eingenommene Arzneimittel aus einer der zurückgerufenen Chargen stammt“, so die Behörde. Gleichzeitig warnte das BfArM aber vor unnötiger Verunsicherung: „Es gilt weiterhin, dass die Arzneimittel nicht ohne Rücksprache mit dem Arzt abgesetzt werden sollen, da das gesundheitliche Risiko eines Absetzens um ein Vielfaches höher liegt als das mögliche Risiko durch eine Verunreinigung. Ein akutes Patientenrisiko besteht nicht.“

Große Verunsicherung bei den Patienten

Bei den Patienten kam dieser Aufruf nur bedingt an: Alleine in den Redaktionen von DAZ und DAZ.online meldeten sich zahlreiche Patienten, die wissen wollten, wie groß die Gefahr ist. Ebenso häufig gingen Fragen zur Erstattung der betroffenen Arzneimittel ein: Viele Betroffene forderten die Apotheker auf, ihnen für bereits angebrochene Packungen das Geld wiederzugeben. DAZ-Chefredakteurin Dr. Doris Uhl kommentierte am 13. Juli: „Warum werden wir Apotheker nicht über die Erkenntnisse informiert, die man zu den tatsächlichen Konzentrationen hat? So tappen wir, die an vorderster Front die Patienten beraten und beruhigen sollen, auch in dieser Frage vollkommen im Dunkeln.“

Schmidt: Es besteht keine akute Gefahr

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt wurde nun von der Leipziger Volkszeitung kritisch befragt zur Informationsstrategie der Behörden. Schmidt verteidigt das Vorgehen des BfArM. Auf die Frage, warum nicht zuerst die Patienten über den Vorfall informiert wurden, sagt er in dem Interview: „Hätte es eine akute Gefahr gegeben, hätte man die Patienten auch unmittelbar informiert. Das aber war nach Einschätzung des BfArM nicht erforderlich. Es besteht keine akute Gesundheitsgefahr aus der Einnahme dieser Arzneimittel.“ Schmidt erklärt weiter, dass es sich bei dem Rückruf um eine Vorsichtsmaßnahme handele, schließlich hätten die ersten Analysen gezeigt, dass die Verunreinigungen im Millonstelbereich liegen würden.

Schmidt: Es lief nicht immer so gut

Auch auf die Informationsstrategie gegenüber den Patienten wurde Schmidt angesprochen. Auf die Frage, warum keine Hotline für die Betroffenen eingerichtet worden sei, erklärt der ABDA-Präsident: „In Deutschland sind für einen solchen Fall das BfArM und die Landesbehörden zuständig. Und ansonsten setzt das Verfahren ganz stark auf Apotheker und Heilberufler, die Patienten informieren sollen. Das ist ja auch geschehen. Insofern ist dieser Rückruffall im Vergleich auch sehr gut, sehr eindeutig und sehr schnell verlaufen. Das war in der Vergangenheit nicht immer so.“

Dass es in den nächsten Wochen zu Lieferengpässen kommen wird, ist Schmidt klar. Rund 40 Prozent des gesamten Valsartan-Marktes sind laut Schmidt betroffen. Was die Reaktivierung der Produktionsstätten in Europa betrifft, erklärte der ABDA-Präsident: „Da bin ich nicht sehr optimistisch.“ Außerdem bezeichnete Schmidt es als „keine gute Entwicklung“, dass die Marktkonzentration in diesem Bereich immer weiter ansteige.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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10 Kommentare

Valsartan - jetzt Aktionsgruppe gegründet!

von Hans-Martin Scheil am 06.09.2018 um 7:08 Uhr

Zum Thema Valsartan haben wir jetzt für Betroffene und Interessenten eine Facebook-Gruppe mit dem Namen "Valsartan-Skandal" eingerichtet. Hier der Link: https://www.facebook.com/groups/242178453170238/

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Gut angelaufen???

von Sandra am 30.07.2018 um 4:34 Uhr

Ich bin eine betroffene Patientin und sehe aktuell nur Chaos! Die Hausärzte verschreiben immer noch die gewohnten Mittel. Die Apotheken haben diese nicht mehr und stornieren das Rezept. Dazu ist Urlaubszeit. Der Hausarzt, natürlich gerade auch in den wohlverdienten Urlaub gestartet, ist nicht mehr erreichbar oder sieht das ganze als Panikmache, stellt somit kein neues Rezept aus. Der Vertretungsarzt kennt einen nicht und möchte nun nichts falsch machen. Ohne ausführliche Untersuchung kein Rezept. Man selbst muss durcharbeiten wegen der Ferienzeit und Personalenengpässen.
Wer st jetzt in den Po gekniffen?
Der Patient hat in dieser Situation nur zwei Möglichkeiten:
1. unbezahlt "krankmachen", nur um bei einem Vertretungsarzt ein anderes Mittel verschrieben zu bekommen
ODER
2. den Zeitraum mit einem hohen Blutdruck in Kauf zu nehmen, bis der eigene Arzt aus dem Urlaub zurückkommt, schließlich doch ein Ersatzmittel aufschreibt oder das altbekannte Mittel solange zu pausieren bis es wieder im Handel erscheint
Ich finde diese Situation sehr nervig und nicht wirklich gut durchdacht.
Ich war endlich auf ein Mittel gut eingestellt und nun muss ich wieder umstellen. Mittlerweile bekomme ich schon einen Blutdruckanstieg, wenn ich das Thema überhaupt höre.

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Sicherheit bei Chemiekalienherstellern?

von Heiko Barz am 29.07.2018 um 11:57 Uhr

Pharmazeutischer Sachverstand ist seit 2004 dem BWL Flachverstand geopfert worden.
Hellseherischer Sachverstand war nicht unbedingt von Nöten, um zu erkennen, dass Ulla, Bender und Co.die qualitativ hochstehende Arzneimittelversorgung bei uns in Deutschland, trotz massiver Warnhinweise der „Aktiven“, auch aus ideologischen Gründen in Frage stellten.
Mich wundert es, dass es 15 Jahre dauern mußte, diesen skandalösen“ Valsartancrash“ erleben zu müssen. Ich möchte nicht wissen, wieviele unentdeckte Chemievarianten in all den Jahren aus Indischen, Chinesischen etc „Waschküchen“ bei uns zu den niedrigstpreisigen Rabattpresslingen zusammengepanscht wurden.
Dass sich nun Schmidtchen „Schleicher“ in peinlicher Weise in den Vordergrund schlängelt, um sein glänzendes Katastrophenmanagement beifallheischend an die Presse zu geben, setzt Allem die Krone auf.
Nur dem schnellen und konzentrierten Handeln an der Basis ist es zu verdanken, dieses Dilemma zu beherrschen, auch wenn über die akute Gefahr länger diskutiert werden könnte.
Da hört man so lange nichts vom „Macher“ der ABDA außer diffusen und geheimen Absprachen mit dem Herrn Spahn, aber wenn es Andere gibt, die die Kohlen erfolgreich aus dem Feuer ziehen, dann will auch ER ein Lobpotential für sich beanspruchen.
Wie traurig ist das denn?

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Gut verlaufen? Wo lebt der Herr Präsident?

von Thomas Luft am 25.07.2018 um 15:33 Uhr

Sehr geehrter Herr Kollege Schmidt,
auch ich kann -wie der Kollege Schabik- nicht von „gut verlaufen“ beim Valsartan-Rückruf sprechen. Angefangen von der Null-Informationspolitik des BfArMs über die scheibchenweise Rückrufe bis zur immer noch vorhandenen Unklarheit wie gefährlich die Einnahme nun war und wie lange das Problem schon besteht ist da in meinen Augen nichts gut verlaufen. Viele Ärzte wussten mehrere Tage nach dem gestarteten Rückruf nichts davon und haben uns Apotheker (und auch den einen oder anderen Kunden) als panisch bezeichnet. Patienten waren und sind verunsichert und können von uns nur mehr schlecht denn recht informiert werden, weil es kaum Informationen gibt.

Immerhin wurden wir als Arzneimittelfachleute wahrgenommen und es gab viele Nachfragen bezüglich der Gesamtproblematik der Wirkstoffproduktion im globalen Umfeld. Das ist aber auch das einzig Positive, ansonsten sehe ich viele unbeantwortete Fragen.

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Pararealität

von Reinhard Rodiger am 25.07.2018 um 0:14 Uhr

Ich vermisse das rechtzeitige Auftreten und Zuwarten bis eine Zeitung nachfragt.Fakt ist die durch das hilflose Agieren der Behörden grosse Verunsicherung herrscht.Keiner weiss das wirkliche Risiko, aber alle spielen es herunter.Das wirft Zweifel auf.Wenn die Harmlosigkeit so sicher ist, warum wurde und wird das von den zuständigen Behörden nicht angemessen kommuniziert? Das war nicht der Fall, also gibt es keinen Grund zum Schönreden.Vor allem,nachdem alles gelaufen ist.
Und die Unsicherheit steigt ohne wirksame Entspannung.

Sehr gut gelaufen ist das nicht.Dies zu meinen, negiert die Realität.

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Alles völlig supi bei Valsartan

von Susann am 24.07.2018 um 23:13 Uhr

Einen quasi weltweiten Rückruf für ein Medikament,dass ja eigentlich doch überhaupt garnicht gefährlich ist?
Die Kröte kriegen viele Leute nicht geschluckt,das versteht wohl nur das Bfarm selbst.....Der wirkliche Skandal ist die Trinkwasserbelastung durch Valsartan (u.a.).Früher wurden Medis von Apotheken entsorgt,heute muss man sich wegbeissen lassen,wenn man darum bittet.Das ist denen doch egal.Auch gegen Gebühr ist es allen egal,wat geit meck dat an.Dabei wüssten die als Pharmazeuten am besten,was mit Resten macht..Politik und Pharmaindustrie ist es sowieso wumpe.Also werfen weiter alle die Pillen ins Klo,wir vergiften die Natur,uns selbst und unser wichtigstes,lebenserhaltendes Element und scheren uns einen Dreck darum.Bravo!

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AW: Alles völlig supi bei Valsartan

von Dr. Ralf Schabik am 25.07.2018 um 8:04 Uhr

Schade, dass Sie offenbar das Gefühl erleben mussten, "weggebissen" zu werden, wenn Sie Ihre Altarznei in der Apotheke zurückgeben möchten. Ich kenne etliche Apotheken, in denen nach wie vor Altarznei zurückgenommen UND sachgerecht der Entsorgung zugeführt wird. Auch wenn es viel Aufwand ist - ich mache das aus verschiedenen Gründen weiterhin sehr gerne.
Aber selbst wenn das bisherige Entsorgungssystem nicht mehr flächendeckend funktioniert, dann kann ich den Endverbraucher nicht aus der Verantwortung dafür entlassen, was er mit seinen Medis macht. "Toilette" war, ist und bleibt FALSCH, und KEIN Bürger wird gezwungen, diesen unstrittig falschen Weg zu wählen. Da kann dann auch ausnahmsweise mal die Politik nix dafür, wenn der Bürger wieder mal den bequemsten Weg geht, ohne einen Pfifferling nachzudenken.

AW: Alles völlig supi bei Valsartan

von susann am 25.07.2018 um 9:57 Uhr

@Dr Ralf Schabik
Danke für Ihre Antwort und,ja,da haben Sie natürlich recht.
Ich persönlich nehme auch mit 56 garkeine Medikamente.
Ich verstehe nur grundsätzlich nicht,warum es in dieser Gesellschaft normal ist,jeden 2.über 50jährigen quasi automatisch mit Pillen einzudecken und es im Gegensatz zu Glas,Papier und Kunststoff aber keine geregelte Entsorgung für diesen "Chemie-Tsunami" gibt.Natürlich ist Mülleimer besser als Klo,aber die öffentlichen Tonnen sind geregelt und werden genutzt,bei Medikamenten weiss keiner so genau.Wenn Sie das als "Vorwurf" an irgendjemanden sehen, kann ich das nicht ändern.Ich verstehe das einfach nicht.Wenn man an den Krankenhaus-Mülltonnen drogenabhängig werden kann machen Medizin und Politik ja wohl doch irgendwie was falsch,oder? Ds ist doch eine Katastrophe!Warum schert das keinen? Frage.....

Paralleluniversum ?

von Dr. Ralf Schabik am 24.07.2018 um 20:07 Uhr

Herr Kollege Schmidt - bei aller Wertschätzung muss ich hier doch fragen, in welchem Paralleluniversum Sie leben, wenn Sie die Valsartan-Thematik als "sehr gut gelaufen" bezeichnen. Ich für mein Umfeld kann nur berichten, dass die Patienten extrem verunsichert sind, ein wahnsinniger Informationsbedarf besteht - und das kurz vor Beginn der Sommerferien in Bayern der Super-GAU im HV ist.
Und noch schlimmer, dass viele Ärzte erkennbar falsch informiert sind und die Patienten gegen die Apotheken aufwiegeln.
Und das soll "sehr gut verlaufen" sein ???
Sehe ich komplett anders.

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...

von Martin Lörzer am 24.07.2018 um 14:04 Uhr

Wieso wird der noch befragt, hat doch eh nix zu sagen?

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