Milliardenstrafe für Pharmakonzern

Talkum in Babypuder: Wurden Krebsrisiken verschwiegen?

Stuttgart - 17.07.2018, 15:45 Uhr

Talkumhaltige Puder sollen für Kinder unzugänglich aufbewahrt werden. (c / Foto:
zilvergolf
/ stock.adobe.com)

Talkumhaltige Puder sollen für Kinder unzugänglich aufbewahrt werden. (c / Foto: zilvergolf / stock.adobe.com)


Babypuder als Intimpflege für Frauen: Kann er ein Ovarialkarzinom auslösen?

Im Januar 2018 wurde auch Ökotest auf das Thema aufmerksam und erklärte zum Sachverhalt in den USA: „In den USA war es lange üblich, dass Frauen ihren Intimbereich mit Babypuder pflegten. Einige Frauen, so lautet der Vorwurf in Gerichtsverfahren in den USA, sollen deshalb an Eierstockkrebs erkrankt sein.“ Ob wirklich die jahrelange Verwendung von talkumhaltigem Puder die Krebsfälle auslöste, sei jedoch nicht geklärt. Zwar gebe es viele Studien, diese sollen sich jedoch widersprechen.

Noch ausführlicher widmete sich im August 2017 ein Artikel im Ärzteblatt der Frage, ob Talkumpuder ein Ovarialkarzinom auslösen kann. Dort heißt es, dass es sowohl in der Forschung als auch bei den Gerichten umstritten sei, ob talkumhaltige Puder krebserregend sind. Eine ausführliche Monographie der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) stufte dem Artikel zufolge die perineale Anwendung von Talkum 2006 als „möglicherweise karzinogen“ für den Menschen (Gruppe 2B) ein. Das US-National Cancer Institute kommt laut Ärzteblatt zu dem Schluss, dass die derzeitige Beweislage nicht für eine Assoziation zwischen einer perinealen Talkum-Exposition und einem erhöhten Risiko von Eierstockkrebs spricht. Die American Cancer Society und die britische Stiftung Cancer Research UK sollen zu ähnlichen Einschätzungen kommen.

Hinweise auf Zusammenhang

Ganz von der Hand zu weisen sei ein Zusammenhang allerdings nicht, weil das Talkumpuder über den Genitaltrakt bis in die Ovarien vordringen könne. So sollen Medizinier aus Harvard das Mineral eindeutig in einem serösen Ovarialkarzinom nachgewiesen haben. Eine aktuelle Meta-Analyse auf der Basis von 24 Fall-Kontroll-Studien und drei Kohortenstudien soll einzig für das seröse Ovarialkarzinom eine signifikante Assoziation gezeigt haben. Bisher sei es jedoch nicht gelungen, ein Endometriumkarzinom im Tierversuch durch die Exposition mit Talkum zu induzieren, womit ein wichtiges Glied in der Beweiskette fehle.

So uneinheitlich die Daten, so uneinig scheinen sich auch die US-Gerichte zu sein: Das Ärzteblatt bezieht sich auf Recherchen der New York Times, wonach im Mai einer Frau aus Virginia ein Schadenersatz von 110 Millionen US-Dollar zugesprochen wurde. Ein Jahr zuvor hatten Gerichte in Missouri zwei Frauen 55 Millionen und 72 Millionen US-Dollar zugestanden (eine war noch vor dem Urteil an Krebs gestorben). In Tennessee wurde im März eine Klage hingegen abgewiesen und in New Jersey gingen zwei Klägerinnen leer aus.

Talkum darf übrigens auch Lebensmitteln als 553b und Tabletten zugesetzt werden. Auch Kondome und Diaphragmen lassen sich laut Ärzteblatt dank Talkumpuder leichter anwenden. Ein breites Einsatzgebiet ist die Kosmetik.



dpa / DAZ.online
redaktion@daz.online


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