Gutachten der Monopolkommission

Gerechtfertigt oder nicht? Argumente rund um die Preisbindung

Süsel - 12.07.2018, 12:30 Uhr

Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Peter Altmeier (links), nahm am 3. Juli 2018 das Hauptgutachten der Monopolkommission vom Vorsitzenden Achim Wambach (rechts) entgegen. (b / Foto: M. Popow / imago) 

Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Peter Altmeier (links), nahm am 3. Juli 2018 das Hauptgutachten der Monopolkommission vom Vorsitzenden Achim Wambach (rechts) entgegen. (b / Foto: M. Popow / imago) 


In welchem Umfang ist die Preisbindung für Rx-Arzneimittel gerechtfertigt? Diese Frage steht im Mittelpunkt des Apothekenkapitels im neuen Hauptgutachten der Monopolkommission. Eine Analyse von DAZ-Redakteur Dr. Thomas Müller-Bohn zeigt die Position der Kommission und die Gegenargumente dazu.

Das in der vorigen Woche erschienene Hauptgutachten der Monopolkommission enthält ein umfangreiches Kapitel über die Honorierung der Apotheken und Pharmagroßhändler. Denn die Monopolkommission sieht deren Preise und Leistungen einer intensiven politischen Diskussion ausgesetzt.

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Preisbindung hinterfragt

Die Kosten, die den Apotheken durch diverse Pflichten entstehen, sind für die Monopolkommission kein entscheidender Grund für eine Preisbindung. Denn auch in anderen Branchen gebe es umfangreiche Auflagen. Doch die Beratung sei ein Vertrauensgut. Als Vertrauensgüter werden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet, deren Qualität der Konsument nicht bewerten kann. Dabei muss er also auf die Kompetenz des Leistungserbringers vertrauen. Ein festes Honorar könne aber nur für solche Leistungen gerechtfertigt werden, die Vertrauensgüter darstellen. Außerdem diene die Preisbindung als Instrument zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung. Denn bei Niederlassungsfreiheit kann nicht planerisch in die Verteilung der Apotheken eingegriffen werden.

Apothekenverteilung angeblich ineffizient

Dennoch beklagt die Monopolkommission, dass die Verbindung aus Niederlassungsfreiheit und einheitlichen Preisen zu einer ineffizienten Verteilung der Apotheken führe. Die Apothekenvergütung müsse so hoch gewählt werden, dass auch unter den ungünstigsten Bedingungen die gewünschte Apothekendichte erreicht wird. Doch damit würden die Apotheken an guten Standorten eine zu hohe Vergütung erhalten und die Apothekendichte würde dort zunehmen. Daher empfiehlt die Monopolkommission eine feste Honorierung für die Beratung und eine variable Honorierung für den Service, den die Patienten selbst bewerten können. Das Ergebnis wäre eine Höchstpreisverordnung. Das Serviceentgelt könnten die Apotheken unterschiedlich festsetzen. Die Monopolkommission nennt dies „sanften Preiswettbewerb“. Sie erwartet, dass ländliche Apotheken sich über ein höheres Serviceentgelt finanzieren. Damit würde die Versorgung auf dem Land gesichert oder verbessert. Dabei ignoriert die Monopolkommission allerdings die Erfahrung, dass Geschäfte aller Branchen aus den Dörfern verschwinden, weil die Kunden die Nähe nicht ausreichend honorieren. Auch die Gefahr der Trivialisierung von Arzneimitteln durch Preisdiskussionen erwähnt die Monopolkommission nicht.

Unklare Honorarempfehlung

Die Monopolkommission umgeht klare Aussagen zur Aufteilung zwischen dem festen und dem variablen Honoraranteil. Es wird nicht erklärt, wie der feste Honoraranteil berechnet werden soll. Der variable Anteil soll sich offenbar an der Zuzahlung der GKV-Patienten orientieren und auf die bisherige Zuzahlung begrenzt sein. Doch diese Verknüpfung erscheint unhaltbar. Denn was hat die Zuzahlung der GKV mit der Honorierung der Apotheken gemäß Arzneimittelpreisverordnung zu tun? Bei vielen Arzneimitteln ist die Zuzahlung fast so hoch wie die gesamte Apothekenvergütung oder sogar höher. Dann gäbe es keine nennenswerte feste Komponente mehr. Und warum soll die Zuzahlung ein Maß für die „Komfort“-Komponente der Apothekenhonorierung sein? Diese Fragen beantwortet die Monopolkommission nicht. 

Korrektur des Honorargutachtens

Zur Festlegung der Höchstpreise gemäß Arzneimittelpreisverordnung verweist die Monopolkommission auf das Honorargutachten. Sie korrigiert das Honorargutachten allerdings teilweise. Offensichtlich sieht die Monopolkommission durch die dort vorgeschlagene Kürzung der Gesamtvergütung die Versorgung bedroht. Denn sie schlägt vor, zur Sicherung der Versorgung den im Honorargutachten vorgesehenen Festzuschlag von 5,84 Euro um mindestens 1,09 Euro anzuheben. Dies soll die Kürzung der Gesamtvergütung ausgleichen. Dabei ist zu bedenken, dass der variable Anteil der Vergütung für Rx-Arzneimittel von 3 auf 5 Prozent steigen sollte. Die Monopolkommission will also das Maximalhonorar der Apotheken nicht kürzen.

An anderer Stelle geht die Monopolkommission auf die Zuordnung von Gemeinkosten ein. Diese sei wichtig, weil die Gemeinkosten nicht nur Rx-Arzneimittel, sondern auch nicht preisgebundene Produkte betreffen. Die Monopolkommission betont, die Zuordnung sei aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht immer eine „willkürliche“ Entscheidung. Dies kann als Affront gegen das Honorargutachten interpretiert werden. Denn dort wurde die Zuordnung als praktisch alternativlos beschrieben. Doch von dieser Zuordnung hängen die Ergebnisse des Honorargutachtens wesentlich ab.

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Votum pro Versand

Eine weitere zentrale Aussage der Monopolkommission ist ihr klares Votum für den Rx-Versandhandel. Etwaige Verdrängungseffekte zulasten der Vor-Ort-Apotheken würden durch den empfohlenen „sanften Preiswettbewerb“ ausgeglichen. Die Monopolkommission ist also überzeugt, dass die Heilkräfte des Marktes alle Probleme lösen würden.

Weitere Einblicke in das Gutachten, eine umfassende Analyse und die passenden Gegenargumente vermittelt ein Beitrag von DAZ-Redakteur Dr. Thomas Müller-Bohn in der heutigen DAZ.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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