Schleswig-Holstein

FDP-Politiker Garg: Gesundheit nicht nur ökonomisch betrachten

Kiel - 06.07.2018, 11:00 Uhr

Der schleswig-holsteinische Gesundheitspolitiker Heiner Garg (FDP) stellt sich in vielen Punkten hinter die Apotheker. ( j / Foto: Imago)

Der schleswig-holsteinische Gesundheitspolitiker Heiner Garg (FDP) stellt sich in vielen Punkten hinter die Apotheker. ( j / Foto: Imago)


Die Heilberufler in Schleswig-Holstein zeigten ihre Geschlossenheit durch ihren zweiten gemeinsamen parlamentarischen Abend am vergangenen Mittwoch in Kiel. Gesundheitsminister Dr. Heiner Garg (FDP) forderte dort, Gesundheitspolitik neu zu denken. Die Versorgung sei viel zu lange durch die ökonomische Brille betrachtet worden, ohne die Konsequenzen zu sehen.

Die Interessengemeinschaft der Heilberufe in Schleswig-Holstein (IDH) ist eine bundesweit einmalige Organisation. Die akademischen Heilberufe haben sich damit eine Plattform für Gespräche miteinander sowie mit der Politik und der Öffentlichkeit geschaffen. Am vergangenen Mittwoch veranstaltete die IDH in Kiel ihren zweiten parlamentarischen Abend. Dabei wurde auch der Medienpreis der IDH für Beiträge des Jahres 2017 verliehen.

Selbstverwaltung anerkennen

Die turnusgemäß amtierende IDH-Vorsitzende Dr. Monika Schliffke, Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein, kritisierte den Koalitionsvertrag der Bundesregierung. Die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen komme darin gar nicht vor und die Freiberuflichkeit nur als Randnotiz. Dies verkenne das Engagement der Beteiligten. Zugleich lobte sie die gute Zusammenarbeit in der Gesundheitspolitik in Schleswig-Holstein. „Die Herausforderungen der Zukunft sind größer, als dass man sie allein lösen könnte“, erklärte Schliffke.

Konsequenzen statt Kosten stehen

Der schleswig-holsteinische Gesundheitsminister Dr. Heiner Garg beschrieb dagegen in seinem Grußwort Selbstverwaltung und Freiberuflichkeit als „Bestandteile der demokratischen Verfasstheit“. Er kritisierte den jüngsten Streit in der Berliner Regierungskoalition scharf. „Das ist schlecht für unsere Demokratie“, erklärte Garg und verwies auf die Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein, die ein „angenehmer Gegenentwurf“ sei. Garg mahnte, Gesundheit und Pflege gemeinsam als Versorgungspolitik zu betrachten. Diese sie viel zu lange durch die ökonomische Brille gesehen worden. „Wir haben uns zu wenig Gedanken gemacht, was das in der Konsequenz bedeutet“, erklärte Garg und erinnerte an Zeiten, in denen von „Ärzteschwemme“ und „Kostenexplosion“ die Rede war. 

Gesundheitspolitik neu denken

Auf Bundes- und Landesebene bestehe jetzt die Chance, „Gesundheitspolitik anders und neu zu denken“. Die Politik sei gefordert, die Daseinsvorsorge ernst zu nehmen. Anstatt in Berufsgruppen zu denken, sollte der Anspruch sein, die Menschen gemeinsam zu versorgen. Die Jamaika-Koalition in Kiel betrachte die Freiberufler als „Rückgrat der Versorgung“. Sie strebe eine sektorenübergreifende Versorgung an, die jedoch bisher noch an den Rahmenbedingungen, insbesondere an der Vergütung scheitere. Der Einstieg in grundlegende Reformen sollte noch in dieser Legislaturperiode stattfinden, forderte Garg. Er warb auch für das Ende der Budgetierung bei der Ärztehonorierung. Es gehe darum, alle Leistungen zu bezahlen. Durch eine intelligente Steuerung der Patienten insbesondere in der Notfallversorgung könne an anderer Stelle Geld gespart werden. Das Geld werde teilweise falsch ausgegeben.

Doch „auf Dauer haben wir eher zu wenig Geld im System, wenn wir die Ansprüche einer älter werdenden Gesellschaft betrachten“, erklärte Garg. Er wandte sich gegen den alten Vorwurf einer Zwei-Klassen-Medizin, aber es drohe künftig wirklich eine Zwei-Klassen-Teilung zwischen der Versorgung in Zentren und auf dem Land. Insgesamt bestätigte Garg den Heilberuflern: „Sie sind unglaublich geduldig und leise.“ Doch er wolle die Heilberufler nicht dazu bringen, vor das Landeshaus zu ziehen, sondern kündigte Dialogbereitschaft an.

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Zuversicht für Studienplätze in Kiel

Außerdem ging Garg auf Kurzstatements der Vertreter der IDH-Mitgliedsorganisationen ein. Jeder Präsident oder Vorsitzende hatte zuvor einen Satz formuliert, um ein Interesse seiner Organisation darzustellen. Dr. Kai Christiansen, Präsident der Apothekerkammer, hatte gefragt, was die Landesregierung für den Erhalt und den Ausbau der Pharmaziestudienplätze in Kiel unternehme. Garg machte dazu keine Zusage, erklärte aber, man solle zuversichtlich sein. Hintergrund ist die Forderung der Universität, 1,5 Stellen zu streichen. Dies würde zu einer Verringerung der Kapazität am Pharmazeutischen Institut führen. Derzeit sollen jedoch auf verschiedenen Ebenen Gespräche dazu laufen. Zudem wird immer wieder eine Aufstockung der Kapazität in Kiel angeregt.

Dr. Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, hatte sich in seinem Statement für ein höheres Tempo bei der Telematik eingesetzt. Garg würdigte in seiner Rede zwar das Engegement der Heilberufler für die Digitalisierung, vertiefte dieses Thema jedoch nicht.

Medienpreis für Zeitungsbeiträge

Anschließend wurde der Medienpreis der IDH verliehen. Damit werden seit 2002 Beträge ausgezeichnet, die sich unabhängig und kritisch mit der Gesundheit oder der Gesundheitspolitik auseinandersetzen. Den Preis erhielt Christian Trutschel, Gesundheitsredakteur der „Kieler Nachrichten“, für sieben Gesundheitsseiten in der Tageszeitung zu vielfältigen Gesundheitsthemen. 



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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