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Wenn's juckt und brennt: Hämorrhoiden in der Selbstmedikation

Bonn - 05.10.2018, 11:30 Uhr

Etwa 80 Prozent der erwachsenen Bevölkerung haben ein Hämorrhoidalleiden, wenn auch nicht in diesem Ausmaß. (m / Foto: goldencow_images / stock.adobe.com)
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Etwa 80 Prozent der erwachsenen Bevölkerung haben ein Hämorrhoidalleiden, wenn auch nicht in diesem Ausmaß. (m / Foto: goldencow_images / stock.adobe.com)


Wenn es nach dem Stuhlgang juckt oder brennt, oder Blut auf Toilettenpapier sichtbar wird, sind meistens die Hämorrhoiden vergrößert. Etwa 80 Prozent der erwachsenen Bevölkerung haben ein Hämorrhoidalleiden. Männer und Frauen sind dabei gleichermaßen betroffen.

Die Hämorrhoidalpolster (auch Hämorrhoidalgewebe) sind ein im Bereich des Übergangs von Mastdarm zum After unter der Schleimhaut gelegenes Schwellkörpersystem. Dieses System bewirkt die Feinabdichtung des Afters. Von Hämorrhoiden spricht man, wenn diese Hämorrhoidalpolster Beschwerden verursachen. 

Ursachen

Ein Hämorrhoidalleiden entsteht in erster Linie durch starkes Pressen beim Stuhlgang oder durch das Absetzen eines zu weichen, ungeformten Stuhlgangs, wie das häufig nach Missbrauch von Abführmitteln der Fall ist. Ältere Personen sind oft betroffen, da im Alter weniger Flüssigkeit aufgenommen wird, der Stuhl hart wird und es zu Verstopfung kommen kann. Auch eine ballaststoffarme Ernährung kann zu hartem Stuhlgang und Verstopfung führen, auch hier führt letztendlich ein zu starkes Pressen bei der Defäkation zu Hämorrhoiden. Auch Drucksteigerungen im Bauchraum infolge von Schwangerschaft und Entbindung oder eine erbliche Veranlagung („Bindegewebsschwäche“) können langfristig ein Hämorrhoidalleiden hervorrufen.

Symptome

Hämorrhoiden können Blutungen und/oder Jucken, Brennen, Nässen und Stuhlschmieren im Analbereich verursachen. Sie können auch das Gefühl einer unvollständigen Stuhlentleerung hervorrufen. Je nach Grad der Vergrößerung wird eine klinische Einteilung getroffen:


Grad l

Schmerzhafte submuköse Polster, die sich hervorwölben, aber nur mit dem Proktoskop zu sehen sind. Auffällig durch hellrotes Blut im Stuhl.

Grad II

Weiter vergrößerte Polster, die beim Pressen bis zum Analrand und auch nach außen treten, sich dann spontan zurückziehen.

Grad III

Wie bei Grad II, Polster ziehen sich nicht mehr von selbst zurück, sondern müssen mit den Fingern zurückgedrückt werden. 

Grad IV

Wie bei III, aber lassen sich nicht mehr zurückschieben.  

Komplikationen

Die Grenzen der Selbstmedikation sind erreicht, wenn dunkelrote (geronnene) Blutspuren im Stuhl, dem Toilettenpapier oder in der Unterhose oder stärkere Blutungen auftreten. Blut aus den Hämorrhoidalpolstern ist frisch und hellrot. Auch eine Beschreibung die auf Grad III oder IV schließen lässt, ist kein Fall mehr für die Selbstmedikation. Bei erstmaligem Auftreten von Symptomen ist eine ärztliche Abklärung nötig, damit eine schlimmere Erkrankung ausgeschlossen werden kann. Zum sicheren Ausschluss einer höher gelegenen Blutungsquelle kann die Spiegelung des Enddarms (Rektoskopie) oder des Dickdarms (Koloskopie) erforderlich sein.

Therapiemöglichkeiten

Die Therapie hängt vom Stadium und den Symptomen der Hämorrhoidalerkrankung ab. Als Basis steht eine Ernährungsumstellung mit ballaststoffreicher Kost zur Erhöhung des Stuhlvolumens, verbunden mit einer adäquaten Flüssigkeitszufuhr an erster Stelle. Damit soll die Entleerung eines weichen, geformten Stuhls ohne übermäßiges Pressen möglich sein und dadurch ein weiteres Fortschreiten des Leidens verhindert werden. 

Des Weiteren können Hygienemaßnahmen, wie die Reinigung mit klarem Wasser, Hautirritationen bessern. Entsprechende tägliche körperliche Aktivität zur Anregung der Darmmotilität und eine eventuelle Gewichtsreduktion können ebenfalls zur Verbesserung der Symptome des Hämorrhoidalleidens beitragen. Die weitere Therapie erfolgt je nach Grad des Hämorrhoidlalleidens. In frühen Stadien von Grad III und IV, stehen mit der Verödung und der Ligaturtherapie (Abbindebehandlung mit Gummiringen) bewährte Methoden zur Verfügung. In späteren Stadien kann eine Operation erforderlich werden.

Therapie in der Selbstmedikation

Die Anwendung von Salben und Zäpfchen kann die Beschwerden bei Grad I und II  lindern, daher ist die symptomatische Therapie am Analrand und intraanal durch die Applikation von Salben eine Empfehlung wert. Vergrößerte Hämorrhoiden kann sie aber keinesfalls verkleinern. In der Selbstmedikation können Lokalanästhetikaund Adstringenzien zum Einsatz kommen. Stehen Schmerzen als Symptome im Vordergrund, sind Lokalanästhetika die Mittel der Wahl. Zu beachten ist, dass Quinisocain in der Selbstmedikation maximal eine Woche lang angewendet werden darf, Lidocain aber nur maximal für drei Tage. 

Adstringenzien wie Hamamelisextrakt wirken entzündungshemmend, juckreizstillend und durch die Gerbstoffe adstringierend sowie lokal schwach hämostyptisch. Die Gerbstoffe verfestigen durch Vernetzung von Proteinen die obersten Kolloidschichten der Haut. In niedriger Konzentration dichten sie auf diese Weise die Zellmembranen ab und vermindern die Kapillarpermeabilität. Höhere Konzentrationen im therapeutischen Bereich führen zur oberflächlichen Proteindenaturierung und zur Ausbildung einer zusammenhängenden,
schützenden und reizmindernden Koagulationsmembran sowie
zur leichten Kompression des darunter liegenden Gewebes. Bakterien finden dadurch weniger günstigen Nährboden.
Zusätzlich möglich ist auch die Anwendung von Medizinprodukten mit Aloe oder ätherischen Ölen oder Bismut. Diese sollen eine natürliche Barriere gegen Bakterien bilden, eignen sich aber eher zur Pflege des Analbereichs. Bismut hat zudem eine adstringierende Wirkung. Tritt mit Arzneimitteln aus der Selbstmedikation nach ein bis zwei Wochen keine Besserung ein, ist ein Arztbesuch anzuraten. 

Anwendung der verschiedenen Darreichungsformen bei Hämorrhoiden – Salben und Cremes:

  • bevorzugt nach dem Stuhlgang
  • sorgfältige Reinigung des Analbereiches vor der Anwendung; beiliegenden Applikator benutzen, damit tiefere Analregionen behandelt werden können 
  • mit der heraustretenden Salbe den Applikator einstreichen, damit er besser in den After gleitet dann einführen und draufdrücken
  • mit einer Drehbewegung für die bessere Verteilung wieder herausziehen
  • Applikator nach Gebrauch gründlich reinigen
  • Applikationszeitpunkt und Häufigkeit richten sich nach dem jeweiligen Präparat

Zäpfchen ermöglichen besonders in der Nacht durch eine langsamere Freisetzung eine kontinuierlichere Versorgung des Hämorrhoidalplexus mit Wirkstoff. Daher sind die meisten Wirkstoffe auch als Suppositorien verfügbar.

Zusätzlich sind tägliche lauwarme Sitzbäder über 20 Minuten mit Kamille möglich, später zwei- bis dreimal pro Woche. Anschließend muss der Analbereich gut abgetrocknet werden, damit keine Ekzeme entstehen. 

Weitere Maßnahmen, auf die in der Beratung hingewiesen werden kann:

  • Bewegung
  • Verzicht auf Pressen beim Stuhlgang
  • regelmäßige Analhygiene, das heißt nach jedem Stuhlgang mit Einmalwaschlappen und klarem Wasser reinigen
  • keine feuchten Toilettentücher benutzen, denn dann kommt es zu Reizungen
  • zusätzlich Zinkpaste verwenden (nur pflegende, keine spezifische Wirkung)
  • zur täglichen Anwendung kann man (auf ärztliche Verordnung) mit einem Analdehner den Analkanal und den Schließmuskel vorsichtig erweitern und elastischer machen

Präparatebeispiele bei Hämorrhoiden

Wirkstoff Handelsname (Präparat)
Lokalanästhetika
Quinisocain Haenal® akut Creme
Lidocain Posterisan® akut Salbe, Supp.
Phytopharmaka
Destillat aus frischen Hamamelisblättern

Hametum® Salbe, Supp., Faktu® lind Salbe, Supp., Haenal® fact Salbe, Supp.,  Posterine® Salbe, Supp.

Anthroposophika
Rosskastanienrinde- u. Hamamelisblätter-Trockenextrakt, Stibium metallicum praeparatum Ø Weleda Hämorrhoidalzäpfchen
Hamamelis virginiana destillata Ø, Stibium metallicum praeparatum D1 Hamamelis comp. Weleda Salbe
Borago e foliis ferm 34b Ø, Hamamelis virginiana e foliis ferm 33d Ø, Quercus e cortice Decoctum Ø Quercus WALA® Salbe, Supp.
Medizinprodukte
Aloe barbadensis + Polysaccharid Komplex HemoClin® Gel
Thymol, Allantoin u.a. Retterspitz® Wund-und Heilsalbe
Basisches BismutgallatBismolan® Salbe, Mastu® Salbe, Supp.
Bas. Bismutgallat, Hamamelisrindenextrakt, Tannin, SiliciumdioxidEulatin® NH Salbe, Supp
Bad
Kamillenblüten Kamillosan® Wund- und Heilbad

Quellen:

Lars Peter Frohn (Hrsg.), Rezeptfrei - Beratungskompass für die Selbstmedikation
2018, Deutscher Apotheker Verlag

http://www.kontinenz-gesellschaft.de/fileadmin/user_content/startseite/presse/pressemitteilungen/PM_2010/Haemorrhoiden.pdf, Zugriff am 30.Mai 2018

https://www.enddarm-zentrum.de/_resources/dokumente/publikationen/Chir_Basis_Proktologie.pdf, Zugriff am 30.Mai.2018


Lars Peter Frohn, Apotheker, Autor DAZ.online
radaktion@daz.online


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